Hello, world!

Hallo,schön dass du hier bist, ich wünsche dir viel Spass beim Stöbern.

 Kleine Geschichten.

Hör auf dein Herz 
Was deine Gefühle dir sagen 
Du lebst für dich 
Lerne dein Leben selbst zu lenken 
Einfach ist es nicht 
Es ist verletzend und hart 
Versuch es alleine 
Deine Erfahrungen geben dir Rat 
Diese zu sammeln 
Es gibt gute und schlechte 
Gibt viel Gerede 
Doch sind es deine Rechte 
Erfahrung zu suchen 
Tut es auch weh 
Du wirst es schon schaffen 
Und nun geh 
...

 

 

Der Zug des Lebens

Das Leben ist wie eine Reise im Zug

 

Der Zug des Leben

Vor einiger Zeit las ich ein Buch, worin das Leben mit einer Zugreise verglichen wurde. 
Eine sehr interessante Lektüre. Das Leben ist wie eine Reise im Zug: 
Man steigt oft ein und aus, es gibt Unfälle, bei manchen Aufenthalten angenehmeÜberraschungen und tiefe Traurigkeit bei anderen. 

Wenn wir geboren werden und in den Zug einsteigen, treffen wir Menschen, von denen wir glauben, dass sie uns während unserer ganzen Reise begleiten werden: 

Unsere Eltern. Leider ist die Wahrheit eine andere. 
Sie steigen bei einer Station aus und lassen uns ohne ihre Liebe und Zuneigung, ohne ihre Freundschaft und Gesellschaft zurück. 

Allerdings steigen andere Personen, die für uns sehr wichtig werden, in den Zug ein. 

Es sind unsere Geschwister, unsere Freunde und diese wunderbaren Menschen, die wir lieben. Manche dieser Personen die einsteigen, betrachten die Reise als kleinen Spaziergang. 

Andere finden nur Traurigkeit auf ihrer Reise. Und es gibt wieder andere im Zug, die immer da und bereit sind, denen zu helfen, die es brauchen. 

Manche hinterlassen beim Aussteigen eine immer währende Sehnsucht... 

Manche steigen ein, und wieder aus, und wir haben sie kaum bemerkt … 

Es erstaunt uns, dass manche der Passagiere, die wir am liebsten haben, sich in einen anderen Wagon setzen und uns die Reise in diesem Abschnitt alleine machen lassen. 

Selbstverständlich lassen wir uns nicht davon abhalten, die Mühe auf uns zu nehmen, sie zu suchen und uns zu ihrem Wagon durchzukämpfen. 

Leider können wir uns manchmal nicht zu ihnen setzen, da der Platz an ihrer Seite schon besetzt ist. 

Versuchen wir mit unseren Mitreisenden gut auszukommen, und suchen wir das Beste in jedem von ihnen. 

Erinnern wir uns daran, dass in jedem Abschnitt der Strecke einer der Gefährten schwanken kann und möglicherweise unser Verständnis braucht. 

Auch wir werden öfter schwanken und es wird jemanden geben, der uns versteht. 

Das große Mysterium der Reise ist, dass wir nicht wissen, wann wir endgültig aussteigen werden und 

genau so wenig wann unsere Mitreisenden aussteigen werden, nicht einmal der, der gleich neben uns sitzt. 

Ich glaube, ich werde wehmütig sein, wenn ich aus dem Zug für immer aussteige..... 
Ja, das glaube ich. 
Die Trennung von einigen Freunden, die ich während der Reise traf, wird schmerzhaft sein. 

Meine Liebsten allein zu lassen, wird sehr traurig sein. 
Aber ich habe die Hoffnung, dass irgendwann der Zentralbahnhof kommt, und ich habe das Gefühl, 
sie ankommen zu sehen, mit Gepäck, das sie beim Einsteigen noch nicht hatten. 

Was mich glücklich machen wird, ist der Gedanke, dass ich mitgeholfen habe ihr Gepäck zu vermehren und wertvoller zu machen. 

Schauen wir darauf, dass wir eine gute Reise haben und das sich am Ende die Mühe gelohnt hat. 

Versuchen wir, dass wir beim Aussteigen einen leeren Sitz zurücklassen, der Sehnsucht und schöne Erinnerungen bei den Weiterreisenden hinterlässt. 

Denen, die Teil meines Zuges sind, wünsche ich eine

Gute Reise !

 

Ursache unserer Leiden.


 

(2005)

Der Schöpfer schuf alles vollkommen
am Anfang unserer Zeit,
Engel jauchzten voll Freude
beim Anblick weit und breit,
sahen die ersten Menschen,
erschaffen von ihrem Gott
mit freiem Geist und Willen,
bis Satan trieb seinen Spott;
verführte erst die Dame,
die Eva, mit leichtem Spiel,
sie dann ihren Adam,
der Teufel erreichte sein Ziel.

Die Lüge ward geboren,
Ungehorsam blühte auf,
Vollkommenheit ging verloren,
Sündhaftes nahm seinen Lauf,
es folgten ererbte Leiden,
wie Krankheiten, Alter und Tod,
oft auch ein unwürdiges Leben,
wie Elend, Kummer und Not.


Niemand kann bestreiten, daß die Menschheitsgeschichte von Leid und Elend geprägt ist, hervorgerufen durch Kriege, Ausbeutungen, Ungerechtigkeiten, Armut, Hunger, Seuchen, Katastrophen, Krankheiten, politische Mißwirtschaft und Tod. Man könnte noch weiter fragen: " Warum ist so vielen Unschuldigen so viel Schlimmes widerfahren? Warum hat Gott, wenn er doch allmächtig ist, jahrtausendelang unsagbares Leid und Elend geduldet? Warum hat er das Chaos und die Verwüstungen auf unserer schönen Erde zugelassen, während das Universum doch eine solche gute Planung und Ordnung verrät?

Es zeigte sich im Lauf der Zeit, daß Menschen, die gegen Gott rebellierten, seinen Anforderungen und Maßstäben nicht gehorchen wollten, sich dem Einfluß Satans und der Dämonen( ungehorsame Engel ) aussetzten und so das Leben zum Schlechten veränderte. Der Beweis dafür ist allen Menschen ersichtlich.

Weltreiche kamen und gingen, alle erdenkliche Regierungsformen wurden ausprobiert, doch mußte die Menschheit schreckliche Erfahrungen mit dem so kostbaren Leben machen. Man könnte doch meinen, daß nach so langer Zeit die Fortschritte sichtbar würden und Frieden, Gerechtigkeit und Wohlstand herrschen würden, und daß die Menschen gelernt hätten, was Freundlichkeit, Mitleid und ein gutes Miteinander bedeuten. Nichts von alledem hat sich verwirklichen können. Allein im vergangenen Jahrhundert sind im Holocaust Millionen hingemordet worden, und über 100 Millionen sind durch Kriege umgekommen. Intoleranz und politisches Durcheinander und Unstimmigkeit sind die Ursache dafür, daß bis in unserer Zeit Unzählige gefoltert, getötet und eingesperrt wurden. Verbrechen und Gewalt, Drogenmißbrauch, Seuchen, Umweltverschmutzung, zerrüttete Familien, Verfall der moralischen Werte nehmen überhand und sind schon ganz normal für unser Leben geworden.

Somit ist das jetzige Leben auf der Erde ein Spiegelbild der abscheulichen Herrschaft Satans - kalt, grausam und durch und durch korrupt. Durch die Zulassung des Bösen hat Gott bewiesen, daß der Mißbrauch des freien Willens traurige Folgen hat.

Am Anfang, zur Zeit der Rebellion von Menschen und Engeln erdachte sich unser Schöpfer aber einen Plan, um das sündige Leben wieder rückgängig zu machen. So wurde Gottes Geistsohn Mensch und erlöste die sündige Menschheit von Sünde und Tod. Die Erfüllung der biblischen Verheißungen werden durch ihn wahr werden. Nicht umsonst beten Christen im "Vaterunser" um das Reich Gottes, das unser Leben verändern wird, wieder in den Urzustand versetzt. Der Glaube an Jesus Christus und seinen himmlischen Vater werden einem jeden helfen, in das ersehnte Gottesreich zu gelangen. Diese Hinwendung zum Gott der Bibel wird den Ausgleich für erlebtes Leid schaffen, auch für die Toten in der "Auferstehung".

Leiden waren niemals Gottes Wille, sondern eine Folge von Ungehorsam der ersten Menschen. Ein schweres Erbe für die Menschheit.

( 1. Mose Kapitel 3, 1. Johannes 5:19, Prediger 8:9, Psalm 37:34, Offenbarung 21:3,4 ).

© Heidrun Gemähling

 


 

 

 

Welchen Ursprung hat unser Leben?


 

(2005)
veröffentlicht

Eine bekannte Theorie, mit der man den Anfang unseres Lebens zu beschreiben versucht, ist die Urknalltheorie. Sie ist etwa mit einer Atombombenexplosion vergleichbar, die nur Chaos und unvorstellbare Verwüstung verursachen kann. Sind durch die in Kriegen abgeworfenen Bomben herrliche Gebäude oder Straßen mit entsprechenden Verkehrsschildern oder Regeln ins Dasein gekommen? Nein, das Gegenteil ist der Fall!

Solche fürchterlichen Explosionen verursachen Trümmer, Unordnung, Chaos und totale Zerstörung.

Doch unser Universum mit all seiner erstaunlichen Ordnung, Gestaltung, Komplexität und Gesetzmäßigkeit kann niemals durch eine Explosion zustandekommen. Nur ein vollkommener, höchst intelligenter Organisator oder Schöpfer kann in der Lage sein, diese mächtigen Kräfte und Gesetze zu steuern und in der festgesetzten Ordnung zu halten. Nicht umsonst lautet die biblische Aussage: „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Ausdehnung verkündigt seiner Hände Werk.“


Woher kommt das Leben,
was ist des Lebens Sinn,
wer konnte es uns geben,
wie des Lebens Beginn?

Meinungen hinken verloren,
drehen sich im Kreis,
heben hervor – werden behoben,
ständiges Suchen nach Beweis.

Forschende Menschen beweisen,
stellen auf – Theorien,
beweisen es als bewiesen,
die Urknallfantasien.

Gläubige Menschen erkennen
im „Wort“ des Schöpfers Beginn,
erkennen IHN als Garanten,
Ursprung von Leben und Sinn.

© Heidrun Gemähling

 

 

 

Verzeihen lohnt sich.


 

(2005)
veröffentlicht

Verzeihen heißt - verstehen,
die Gründe,
die Umstände,
das Denken,
das Handeln,
die Ursache,
das Geprägte,
die Kultur,
das Leben an sich,
unsere Unvollkommenheit.

Verzeihen,
eine Lebensnotwendigkeit,
auch wenn Unrecht waltet,
den Fehlern unterworfen
sind alle Menschen,
veränderbar ein jeder,
der es wünscht,
der es will,
dem Nächsten verzeihen,
dann verzeiht - uns - Gott,
und Frieden kehrt ein,
das Vergessen beginnt.


Das Verzeihen ist im alltäglichen Leben oft nicht so einfach. Es fällt keinem so ganz leicht. Kränkungen und Beschuldigungen können so tief ins Innere eindringen, daß dauernder Groll oder sogar Haß sich festsetzen, was nicht selten zu körperlichen Beschwerden oder sogar Krankheiten führen kann. Wenn eine Aussprache oder eine andere Form der Versöhnung nicht fruchten, dann kann uns sicherlich die Aussage der Bibel helfen, die uns folgendes vermittelt:“ Denn wenn ihr den Menschen ihre Vergehungen vergebet, so wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben; wenn ihr aber den Menschen ihre Vergehungen nicht vergebt, so wird der Vater auch eure Vergehungen nicht vergeben!“ ( Matth. 6 : 14, 15 ).

Falls sich jemand entschuldigt, ist es von großem Wert, diese Entschuldigung auch anzunehmen, um den Frieden und das gute Miteinander wieder herzustellen. Erfolgt aber keine Entschuldigung, dann sollten wir trotzdem verzeihen, denn jeder macht irgendwann Fehler und möchte dann sicher auch, daß nachsichtig mit ihm umgegangen wird. Wer sich ständig diese Erkenntnis vor Augen hält, wird eines Tages bemerken, daß das Verzeihen sich gelohnt hat, denn die Zeit läßt negativ Erlebtes verblassen und das Vergessen beginnt.

© Heidrun Gemähling

 

 

 

Jeder braucht Freunde.


 

(2005)

„Ein treuer Freund liebt mehr und steht fester bei, denn ein Bruder“ ( Luth. Bibel 1868 - Sprüche 18:24 ).

Diese biblische Aussage hat bis in unsere Zeit nicht ihre Gültigkeit verloren. Das grundlegende Bedürfnis nach Freundschaft steckt in jedem Menschen, und hat denselben unverzichtbaren Stellenwert wie Essen und Trinken. Der gesellschaftliche Stand oder das eigene Umfeld bestimmen die Zahl von Freunden und Bekannten, aber auch das Wesen und die Persönlichkeit jedes einzelnen Menschen spielt dabei eine große Rolle. Manch einem genügt ein Freund mit dem man offen über alles reden kann, der für einen da ist, wenn man ihn braucht. Andere brauchen viele Freunde um sich wohl zu fühlen.

Jedoch haben einsame Menschen kaum Freunde, weil sie sich aus bestimmten Gründen in ihr Schneckenhaus zurückziehen und noch mehr vereinsamen. Dadurch verkümmert die so wichtige Lebensqualität und das Dasein geht nichtssagend an einem vorbei, und wirft dann eines Tages die Frage auf: „ War das alles?“. Es gibt aber auch Personen, die mit der entstandenen oder erwählten Einsamkeit gut zurechtkommen und ihnen deshalb auch nichts fehlt.

Besser ist es aber, wenn man die Initiative ergreift und sich bemüht, auf andere zuzugehen. Mit Erstaunen wird man feststellen können, daß andere sich in einer ähnlichen Lage befinden und sich nach Freundschaft sehnen, die den Alltag belebt und dem Lebensgefühl einen neuen Schwung gibt.

Ein gepflegtes Äußeres und ein liebenswürdiges Verhalten wirkt anziehend und stärkt die Selbstachtung. Es gibt Vereine, Gruppen und Organisationen die Geselligkeiten anbieten und in die man sich integrieren kann.

Gleichgesinnte und Freunde lassen sich überall finden und wer kennt nicht den alten Volksspruch: „ Auf jeden Topf paßt ein Deckel !“. Wer nach Freundschaft sucht, der wird auch irgendwann und irgendwo einen treuen Freund finden, mit dem man sich versteht und der oft anhänglicher als ein Bruder ist. Die Aussagen der Bibel sind immer noch aktuell, denn das Verhalten der Menschen hat sich vom Anfang an bis zum heutigen Tag nicht geändert. Nur die Zeit ist immer eine andere.

© Heidrun Gemähling

 


 

 

 

Holocaust-Mahnmal für alle?


 

(2004)

Das Holocaust-Mahnmal ist ein bauliches Symbol für europäische jüdische Opfer, die durch die Schreckensherrschaft des NS-Regimes gequält, erniedrigt und ermordet wurden. Ein künstlerisch beeindruckender Ort des Gedenkens und der Information, die der heutigen Generation vor Augen führen soll, daß Wahn und Geist der damaligen Zeit sich niemals wiederholen darf. Jeder Einzelne kann sein Herz und sein Gewissen beleuchten und dazu beitragen, daß dies gelingen möge.

Aber dennoch stellt sich die Frage, ob dieses Monument nicht eine Gedenkstätte für alle Opfer und für alle Insassen der Konzentrationslager und der Hinrichtungsstätten sein kann?!

Jeder Schicksalsweg, jedes Opfer ist doch sicherlich in Gottes Augen gleichrangig, denn er ist ein Gott der keine Parteilichkeit duldet, weil er es als Sünde ansieht. Wenn unser Schöpfer so denkt, sollten wir Menschen nicht ebenso eingestellt sein und entsprechend handeln?

Außer den verfolgten und ermordeten Juden, die natürlich die größte Gruppe bildete, gab es auch andere Opfergruppen, derer man genauso gedenken sollte. Man denke an die Zivilbevölkerung, die bei den sinnlosen Bombardierungen ihr Leben verloren, an die Sinti und Roma, die als Untermenschen galten, an die Zeugen Jehovas, die für Ihren Glauben und den Widerstand gegen Hitler verfolgt und ermordet wurden, an die Homosexuellen, an die Widerstandskämpfer aus den christlichen Kirchen, an die Sozialisten, an die Kommunisten, an die Behinderten und an all denen, die den Menschenversuchen ausgesetzt waren und dabei ihr Leben lassen mußten. Viele der KZ-Überlebenden litten bis zu ihrem Tod an den Folgen der Grausamkeiten oder leiden noch heute an den traumatischen Erlebnissen.

Viele Menschen denken in gleicher Weise und würden es gerne befürworten, daß allen Betroffenen das gleiche Gedenken gebührt. Vor unserem Schöpfer sind wir jedenfalls alle gleich.

© Heidrun Gemähling

 


 

 

 

Was ist mit unseren Kindern los?


 

(2001)
veröffentlicht

So fragen sich viele Leute, deren Aufgabe es ist, sich mit Kindern und Jugendlichen zu beschäftigen. Seit jeher gibt es solche und solche, aber der Trend der letzten Jahre neigt zu solchen, die negative Schlagzeilen machen. Doch gibt es auch solche, die sich vorbildlich oder normal verhalten, wenn auch spärlicher, aber es gibt sie. Verfolgt man die Medienberichte, werden häufig Anstand, Respekt, Rücksichtnahme und Moral vermißt und das Elternhaus dafür verantwortlich gemacht. Je älter die Personen sind, die das beklagen, desto weniger Verständnis können sie dafür aufbringen.

Kinder in der heutigen Zeit stehen entweder zu sehr im Mittelpunkt, werden zu sehr verwöhnt oder sie werden zu sehr vernachlässigt, weil für die tägliche Erziehung einfach keine Zeit vorhanden ist, weil die Lebensumstände immer schwieriger geworden sind. Auch Gleichgültigkeit und Bequemlichkeit spielen eine große Rolle, denn viele junge Eltern sind trotz der allgemeinen Aufklärung noch der Meinung, daß sich der Kindergarten und die Schule um die Erziehung kümmern müsse.

Aber ist das so richtig? Nein!

Die Eltern haben immer noch die Pflicht, sich um die Erziehung zu kümmern. Tun sie es nicht, werden ihre Kinder von Fremden erzogen, was oft anders ausgeht, wie gedacht. Es ist immer noch von Vorteil, anderen Anstand und Respekt entgegenzubringen, sich einfach anständig zu benehmen. Es tut nicht weh und anderen tut es gut. Da immer wieder von Gruppenzwang die Rede ist, ist es auch für die Kinder und Eltern nicht so leicht, dem Sog zu entgehen. Aber durch ein intaktes Familienleben kann man dem entgegentreten und die Kinder finden Anerkennung und Zugehörigkeit im Elternhaus.

Aber wie war das eigentlich früher hier in der Grafschaft? War es früher besser oder schlechter?Eine 80-jährige Grafschafterin, die in Uelsen aufgewachsen ist, hat sich freundlicherweise zur Verfügung gestellt und berichtet folgendes aus ihrer Kindheit: "Meine Eltern waren immer sehr darauf bedacht, daß keine Schmach auf die Familie kam, der äußere Schein mußte gewahrt bleiben. So hielten es auch die Nachbarn. Wir waren 8 Kinder, zwei sind klein gestorben. Gehorsam gegenüber den Eltern, Lehrern, Pastoren und Nachbarn war eine Selbstverständlichkeit, und wir taten es auch nicht widerwillig. Wir respektierten diese Personen in hohem Maße, weil wir auch große Angst hatten, daß sich diese bei unseren Eltern beschweren könnten. Wenn wir Kinder doch mal übermütig frech waren, bekamen wir auch von Fremden sofort einen Backstreich. Das war normal und es hat sich auch keiner weiter darüber beschwert. Unsere große Schwester war sehr streng mit uns, spielte Ersatzmutter, weil unsere Mutter viel mit der Hausarbeit beschäftigt war und noch in "Stellung" war. Wir bekamen alle verschiedene Arbeiten zugeteilt, die wir auch gewissenhaft erledigen mußten. Das war einfach so - aus! Vor dem Essen wurde abwechselnd von uns Kindern gebetet, nach dem Essen abgeräumt, abgewaschen und was sonst noch so anfiel. Das klappte ohne Widerworte, es blieb uns auch nichts anderes übrig. Dann durften wir bis in die Dunkelheit mit den Nachbarskindern spielen. Um die Kirche herum gab es so viele dunkle Ecken zum Verstecken. Schularbeiten wurden vor oder nach dem Spielen gemacht.

Wenn ich an unseren Lehrer Timmer denke, fällt mir folgendes ein. Er war sehr streng mit uns, aber wir liebten ihn. Nach der Morgenbegrüßung in der Schule mußten alle, die keine Schularbeiten gemacht hatten, oder sonst was Wichtiges vergessen hatten vorne zu ihm ans Pult kommen, und es melden. Wer es nicht tat und es kam später heraus, mußte seinen langen Stock auf den Fingern spüren. Das war damals so. Wenn er um 10 Uhr nach Hause zur Frühstückspause ging, hing eine ganze Horde Kinder wie Kletten an seinen Armen und Händen, jeder wollte auch seine Tasche tragen. Wir liebten ihn, trotz seiner Strenge, vielleicht gerade deswegen.

Oft kamen Nachbarn und es wurde gemütlich geplaudert, gesungen. Trotz unserer aller Verschiedenheit kamen wir gut miteinander aus. Vielleicht weil wir noch kein Radio und Fernsehen hatten. Dadurch wurde viel miteinander geredet, Gesellschaftsspiele gemacht und um 20 Uhr mußten wir Kinder in die Betten, die wir uns zu zweit teilen mußten. Die älteste Schwester betete mit uns am Bett. Unsere Eltern haben viel mit uns unternommen. Spaziergänge und Naturerklärungen, seitens der Eltern, waren eine große Freude für uns. Das Elternhaus war ein Ruhepol für uns alle. Auch Besucher waren stets willkommen und auch reichlich vorhanden."

Jeder, der diese Zeilen liest, kann sich eigene Gedanken dazu machen und es mit der heutigen Zeit vergleichen. Es lohnt sich, aus der guten alten Zeit herauszufinden, was nachahmenswert ist. Änderungen diesbezüglich stärken in der Tat die Familienbande und geben jedem Einzelnen das notwendige Zugehörigkeitsgefühl. Dann braucht vielleicht auch nicht mehr die Frage gestellt zu werden: "Was ist mit unseren Kindern los?"

© Heidrun Gemähling

 



 

 

 

Not macht erfinderisch!


 

(2001)
veröffentlicht

Diese Worte zogen im und nach dem II.Weltkrieg durch alle Lande, auch hier in der Grafschaft Bentheim. In den Geschäften gab es so gut wie keine Waren, und die Versorgungslücken machten sich immer mehr bemerkbar. Es fehlte an allen Ecken und Enden, und so konnte der berühmte “Erfindergeist“, der fast in jedem zum Lebenserhalt schlummert, sich wiederbeleben, neu entfalten zum eigenen und dem Nutzen anderer.

Gelernte handwerkliche Fähigkeiten konnten hilfreich eingesetzt werden, um aus alten, verbrauchten und kaputten Gegenständen wieder einigermaßen brauchbare Dinge herzustellen. Der Tauschhandel entwickelte sich und hatte seinen Platz auch in der hiesigen Bevölkerung. Ältere Bürger sprechen mit Stolz, aber auch mit Seufzen über all die kuriosen Gebrauchsgegenstände, die den Alltag verschönern sollten oder auch nur der Notwendigkeit dienten.

Als Grafschafter Zeitzeugen mir über all die kriegsbedingten „Umwandlungen“ erzählten, konnten wir gemeinsam lachen und staunen über die Einfälle unterschiedlichster Art. Über einiges davon möchte ich nachfolgend berichten:
Alte, ausgediente und abgetragene Damenstrümpfe wurden über den ganzen Arm gezogen und mit der Schere rundum in lange Streifen geschnitten, dann als Knäuel aufgewickelt. Mit einer dicken Häkelnadel konnte man anschließend Bettvorleger anfertigen, mit einigem Geschick sogar mit bunten Mustern. Wurden sie im Laufe der Zeit unansehnlich, wusch man sie und gebrauchte sie noch als Matratzenschoner. Auch bei den damals noch gebräuchlichen Strohmatratzen mußte jedes Jahr die Füllung erneuert werden, und nicht selten stellte man fest, daß auch Mäuse dort Unterschlupf gefunden hatten. Die Bettwäsche wurde geflickt und geflickt, fein säuberlich, bis die Nähte anfingen zu reißen, und erst dann schnitt man daraus Putzlappen. Selbstgenähte Kleider, die nicht immer so gelungen waren, wie man es sich vorgestellt hatte, trug man trotzdem ohne Murren, denn ein neues Kleid in den Kriegswirren war für jede Frau eine Freude und ein kleiner Lichtblick in der trostlosen Zeit. Natürlich gab es auch erstklassige Schneiderinnen in der Grafschaft , deren Fertigkeiten sehr geschätzt wurden. Jeder half sich eben so, wie er es verstand und konnte.

Wochentags, so erzählte mir eine alte Dame, trugen wir Holzschuhe und nur sonntags oder zu anderen Festlichkeiten Lederschuhe, die man bei Bedarf selbst besohlte. Eine Müllabfuhr im heutigen Sinn gab es fast nicht, und so wurde auch alles, was irgendwie brennbar war oder nur danach aussah, im Ofen verfeuert. Es zischte, stank und qualmte in allen Tönen und Gerüchen, aber es wurde warm und der Müll war beseitigt.

Wer beim Bäcker Brot kaufte, bekam einen schmalen Bogen Papier mit zum Einwickeln, vielleicht auch manchmal zum Schutz vor den entstehenden Löchern durch Kinderhand. Der Bogen wurde zu Hause natürlich nicht weggeworfen, sondern zum Einwickeln der Schul- und Arbeitsbrote verwendet. Handwerklich geschickte Männer stellten aus den Schwanzhaaren der Pferde Bürsten, Besen, Handfeger und Spinnjäger her. Vor dem Haus oder Hof wurden dafür die Roßhaare über Feuer in einem Waschkessel ausgekocht, wobei sich fürchterlicher Gestank entwickelte, anschließend wurden sie ausgekämmt, glattgestrichen und auf die gewünschte Länge zugeschnitten. Die Kinder mußten auch mithelfen und dem Vater die Borsten ranreichen, der sie dann mit einer Pinzette fachgerecht durch vorgebohrte Löcher in entsprechend geformte Holzbretter zog. Obendrauf kam noch ein Schutzholz, das oft auch noch bunt bemalt wurde, und fertig war ein Besen. Im Tausch gegen 3 Pfund Zucker wechselte er anschließend den Besitzer.

Strickjacken, die zu klein geworden waren, verwandelte man in Neue, indem man sie auf-rebbelte, die Wolle dann noch naß vom Waschen auf Besenstiele zum Aushängen und Trocknen spannte. So verzierten diese „Kunstobjekte“ manchen Haushalt und gaben dem Wohnen eine besondere Note von feuchtem Duft und Gemütlichkeit.

Es kam auch vor, daß von einem abgestürzten englischen Flugzeug so mancherlei gebrauchsfähige Utensilien ihre Verwendung fanden, natürlich ohne Erlaubnis der Obrigkeit. So bekamen Kochtöpfe wieder Henkel, und Deckel ihren Anfaßknopf durch geschickte Handwerkerhände. Auch gefundene Granathülsen wurden beim Klempner zu heißbegehrten Wärmflaschen umfunktioniert im Tausch gegen Butter, Speck, Eier usw.

Aus Pferdedecken fertigte man Mäntel, Jacken und Hosen und färbte sie auch manchmal. Militärmäntel wurden komplett aufgetrennt, gewendet und neu gestaltet wieder zusammengenäht zum zivilen Gebrauch.

Das Abwaschwasser vom täglichen Geschirr sammelte man im Eimer und tränkte damit das Vieh, damit das Wasser und jeglicher Rest von Nährstoffen nicht unnütz vergeudet wurden, denn Wasser mußte jedesmal vom Außenbrunnen geholt werden.

Beim Durchstöbern von alten Häusern, Dachböden, Schränken, Sperrmüll, Haushaltsauflösungen, Flohmärkten usw. fielen mir so manche kuriose Dinge unterschiedlichster Art in die Hände. Der Umwandlungsgeist, Unbrauchbares in Brauchbares zu verändern, fand des öfteren meine Begeisterung, denn ich erkannte, daß Menschen immer wieder das Bestreben haben, das Alltagsleben und das Wirken innerhalb der Familie zu erleichtern, zu verschönern, zu verändern trotz Zeiten der Not. So fielen mir eines Tages buntbemalte Metallknöpfe ins Auge und ich konnte sie bei genauerem Betrachten als ausgediente Militärknöpfe entlarven. Welch eine gute und sinnvolle Idee zur Beseitigung von Kriegsspuren.

Es mag in jedem Haushalt individuell und anders ausgesehen haben, aber die Kriegsnot machte nirgends Halt, und vielleicht erinnert sich so mancher an dieses und jenes, an Gutes und Schlechtes. In die Zeit vor ca. 50 Jahren kann sich die jüngere Generation kaum hineindenken, weil die „Überfluß- und Wegwerfgesellschaft“ das Gefühl dafür nicht vermitteln kann. Früher wurde fast nichts weggeworfen, alles wurde aufgehoben für irgendwann, und darum können die jungen Leute oft ihre Eltern, Oma und Opa nicht so recht verstehen, die immer noch alles in Kistchen und Schubladen aufbewahren.

Da die Stufen der Zeit sich im ständigen Wandel und Wechsel befinden, nichts bleibend ist, Unvorhergesehenes plötzlich eintreten und alles verändern kann, ist es sicherlich für alle von Vorteil, sich von älteren Personen erzählen zu lassen, wie sie in Notsituationen ihr Leben gemeistert haben. Kriege werden durch Habgier und Machtstreben geschürt und ausgelöst, ein großes Übel im Zeitgeschehen mit verheerenden Einschnitten in das Dasein eines jeden, mörderisch, zerstörend, trennend und leidbringend in menschenverachtender Weise. Den davon Betroffenen bleibt nur der Kampf ums Überleben und die Not, die erfinderisch macht.

© Heidrun Gemähling

 


 

 

 

Vom hölzernen Laufrad zur heutigen Fietse.

Das Fahrrad brachte Freiheit und Unabhängigkeit.


 

(2001)
veröffentlicht

Das Bestreben nach Fortschritt war zu allen Zeiten vorhanden, und all diesen tüftelnden Zeitgenossen haben wir es zu verdanken, daß wir uns hier auf der Erde schneller, bequemer und phantasievoller fortbewegen können. Freiherr von Drais erfand 1817 das erste Fahrrad und stellte es in Mannheim vor. Es besaß keinen Tretmechanismus, sondern mußte mit den Füßen vom Boden her abgestoßen werden, ein sogenanntes „Laufrad“ war entstanden. Für die damalige Zeit war dies verkehrstechnisch schon sehr präzise konstruiert. Es wurde so dem Pferderitt zur Konkurrenz und Laufradbesitzer konnten der Geschwindigkeit des Pferdes, zumindest bergab, standhalten.

Im Laufe der Zeit schritt die Weiterentwicklung des Fahrrades voran und es wurde vielerorts ein Befreiungsschlag im kulturellen Sinn, besonders für die Frauenwelt. Emanzipierte Frauen konnten sich so aus den Zwängen ängstlicher Mütter und Tanten befreien, sich von Strickstrumpf und Kochtopf entfernen, mit Brüdern und Freunden ins Freie fahren und den Vorurteilen gegenüber Weibsleuten mutig und unternehmungslustig entgegentreten. Der Boden für Selbständigkeit und freie Berufstätigkeit wurde durch das Fahrrad bereitet - ein weiterer Wendepunkt in der Gesellschaft.

Der Radsport nahm seinen Anfang, ebenso die körperliche Ertüchtigung. Die Karikaturisten konnten mit überschwenglicher Begeisterung ihren Phantasien freien Lauf lassen und ihre Karikaturen über diese neue Mode in den Satireblättern wie Kladderadatsch, Lustige Blätter, Simplicissimus usw. veröffentlichen. Wie sie da flogen, die Damen mit den langen Röcken und Hüten, wodurch Knöchel und Waden sichtbar wurden, was als unsittlich galt, Rüschenunterkleidung kam zum Vorschein, Anblicke, die sonst nur zu erahnen waren. Zu dieser Zeit fand auch in den Kleiderschränken der Damenwelt eine Moderevolution statt. Das Erscheinungsbild der Frau unterlag einer drastischen Veränderung. Der Hosenrock wurde erfunden. Frisur, Kopfbedeckung, Schuhe und vieles mehr veränderten sich zugunsten von sportlicher Bequemlichkeit. Besonders die Befreiung von den einengenden Korsetts und Stangen, die aus Schönheitsidealen nicht einmal richtiges Durchatmen zuließen, gereichte zum körperlichen Wohl der Frauen. Werbeplakate dokumentierten in kunstvoller Weise den Zeitgeist des Fahrradfahrens, begleitet von Spott und Schadenfreude der Männerwelt über mißliche Lagen und Verrenkungen von fortschrittlichen Frauen. Aber ebenso auffallend sahen die „Dandys“ in dieser Zeit aus, die stolz ihre Runden fuhren, um den Damen zu imponieren.

Nach dem Hochrad entstanden die Niederräder mit Tretkurbelantrieb, Holzteile wurden durch schmiedeeiserne Teile ersetzt, Massenartikel in verschiedenen Variationen kamen ins Dasein, Luftreifen ersetzten Eisen- und Holzräder, Einmannräder und Mehrsitzer füllten das Straßenbild. Radfahrer-Vereine mit Fahrwart, Schlußmann mit Trillerpfeife, Zeugwart mit Luftpumpe und vieles mehr entstanden zur Freizeitgestaltung und für die Arbeitswelt. Die Wirtschaft wurde durch Zubehörartikel auf Trab gehalten, und durch die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten des Rades entstanden auch neue Berufe und Sparten. Der damalige Kaufpreis eines Hochrades entsprach dem eines heutigen Kleinwagens. Das Rad wurde dadurch zum Statussymbol für die reiche und sportliche Oberschicht. Neid und Überheblichkeit kamen auf, als es sich die einfacheren Leute allmählich auch leisten oder ersparen konnten und es der sogenannten feineren Schicht, gleich taten.

Wie überall war auch in der Grafschaft Bentheim das Fahrrad von großer Bedeutung und sorgte für Freiheit und Unabhängigkeit. Wilhelm Liening, in Wietmarschen geboren und aufgewachsen, lebt jetzt in Nordhorn und erzählte mir dazu seine Erinnerungen und Erlebnisse: “Ich wurde 1936 eingeschult, und der Fußmarsch bis zur Wietmarscher Volksschule betrug eine 3/4 Stunde. Mit 6 oder 7 Jahren bekam ich mein erstes Fahrrad. Es war aus vielen anderen Fahrrädern zusammengebaut, denn damals warf man alte Fahrradteile nicht einfach weg, das gab es nicht. Fahrräder von jungen Männern, die für Hitler in den Krieg ziehen mußten, hängte man sorgfältig an Decken oder Balken auf und ließ die Luft zur Reifenschonung heraus. Man hoffte, die jungen Burschen kämen schnell aus dem Polen- und Russenkrieg zurück. Luftreifen durften auch nie in die pralle Sonne gestellt werden, damit sie nicht porös wurden. Das allzu pralle Aufpumpen war auch nicht gut, das konnte den Schlauch zum Platzen bringen oder er quoll dann unterm Mantel hervor. Solch ein Riß war dann schlecht zu flicken. Wulstreifen bekam man schneller rauf und runter als die Drahtreifen. War ein Riß recht groß, wurden von alten Reifen entsprechende Stücke herausgeschnitten und mit Gummilösung drübergeklebt, das ging aber nur bei Wulstreifen. Manchmal bestand der Reifen fast nur noch aus Flicken und es fuhr sich damit schwer auf sandigen Wegen, besonders im Malsand. Nennenswert ist die Karbidlampe vorne am Lenker, die hell strahlte, auch im Stand, jedoch bei Sturm schnell erlöschte. Dann mußte sie immer wieder mit dem Feuerzeug oder Streichholz angezündet werden. Manche Räder hatten noch keinen Rücktritt, als Rücklicht gab es nur „Katzenaugen“. Nach dem Krieg setzte sich Vorder- und Rückbeleuchtung mit Dynamos durch. Es konnte auch kein Fahrrad abgeschlossen werden wie heutzutage, jeder mußte selber drauf aufpassen und es abends wegsperren. So waren Fahrräder in der Wohnung nichts Ungewöhnliches, denn geklaut wurde nur nachts. Sattel und anderes Zubehör waren schnell abmontiert und entwendet. Extra Kinderräder gab es fast nie, sondern der Sattel wurde aus dem Rohr gezogen, dieses mit einem Korken verschlossen und der Sattel auf eine Vorrichtung vor dem Rohr gesteckt. Kinder, die solch eine praktische Umrüstung nicht hatten, mußten im Stehen fahren, was sehr anstrengend war. Räder, die arg verschrammt waren, strich man mit Eisenlack neu an, meistens in schwarzer Farbe. Bei Damenrädern wurde schon mal das kaputte Schutznetz am Hinterrad ausgewechselt. Bei den Herrenrädern dienten aufgeklappte Reifenstücke, die an den Schutzblechen befestigt wurden, als Schmutzfänger. In Nordhorn machte ich eine Schneiderlehre und im 1. Gesellenjahr konnte ich auf einem selbstverdienten Fahrrad am Wochenende zu meiner Familie nach Wietmarschen radeln, in die Nähe des Sportplatzes. Der Meister erkannte meine Sehnsucht nach einem Rad, kaufte es bei einem Kunden, und zog es mir in Raten monatlich vom Lohn ab. Welch ein schönes Gefühl von Unabhängigkeit kam 1949 in mir auf, als ich die unwegsame Strecke nach Hause und wieder zur Arbeit fuhr. Es war nach der Währungsreform etwas Besonderes, ein Fahrrad zu besitzen, es war ein Rixe-Rad. Ich erinnere mich auch an Firmennamen wie Triumph, NSU, Göricke, Diamant, Dürkopp, Panzer, Adler, Columbia, Victoria und viele andere mehr. Die Straße von der „Leebrücke“ bis Nordhorn war mit Löchern übersät, viele Radschäden entstanden, und mancher zog es vor, sein Rad zu schieben um die Reifen zu schonen. Erst Anfang der Fünfziger Jahre bekam sie eine Teerdecke, die das Fahren erheblich erleichterte.“

Auch Maria, seine Frau, konnte mir Interessantes aus der Kriegszeit berichten: “Zu uns ins nördliche Emsland kam oft ein Mann aus Dortmund zum „Hamstern“, wie man damals zu sagen pflegte und tauschte Fahrradreifen gegen andere Waren ein. Doch eines Tages wurde es für ihn zu brenzlig und es wurden Überlegungen angestellt, wie die „Hamstertour“ aufrechterhalten werden könnte, da doch Reifen dringend benötigt wurden. Die Auswahl fiel auf mich, obwohl ich erst 14 Jahre alt war. Da ich einen gültigen Ausweis hatte,und noch so jung war, wurde ich bei Kontrollen auch nicht weiter beachtet. Ich stimmte der ganzen Sache gerne zu, weil ich mal aus unserem Dorf rauswollte um die große weite Welt kennenzulernen. So fuhr ich mit Taschen voll Speck nach Dortmund, eine abenteuerliche Fahrt, aber interessant. Ich tauschte den Speck gegen Reifen ein und stand so manchesmal nur auf dem Trittbrett vom Zug, behängt mit Reifen und Taschen, denn die Züge waren damals voll mit anderen „Hamsterleuten“. Zuhause angekommen wurde wieder getauscht - Reifen gegen Butter, Kartoffeln, Speck, Eier, Bettwäsche und anderes. Während meiner Schulzeit bekam ich von der Ärztin ein „Rezept“ für einen Reifen, da ich krank war und nicht so schwer tragen durfte. Ich hatte noch mehrere Geschwister und jeder beeilte sich morgens, das Rad zu schnappen, um nicht die weite Strecke zur Schule laufen zu müssen. Wer es zuerst hatte, fuhr los, die anderen mußten laufen. In dieser Zeit sah man viele Räder ohne Klingel und ohne Licht, erfuhr aber auch Nachsicht von der Polizei.“

Wer diese Zeit miterleben mußte, dem wird auch die Wertschätzung für ein Fahrrad erhalten bleiben, da es niemals selbstverständlich war, ein Fahrrad zu besitzen. Es wurde gehegt und gepflegt und in Ehren gehalten. Im Gegensatz zu heute, wo teure Fahrräder in Büschen, Wäldern, Bächen und Flüssen achtlos weggeworfen zu finden sind, da ja bei Diebstahl die Versicherung zahlt, und der „Geschädigte“ viel Geld für ein Neues bekommt. Weil alles in dieser Hinsicht so einfach und bequem geworden ist, sinkt gleichermaßen das Bewußtsein für Werte und Recht, und die alltäglichen Fahrraddiebstähle gehören bereits zum Alltag unserer Zeit.

Auch in unserer Region, nahe der Grenze zu den Niederlanden, dem Fahrradland schlechthin, sieht man auf Wegen und Straßen viele Radfahrer, die täglich zur Arbeit radeln, ihre Freizeit damit gestalten, oder einfach so durch die Gegend brausen, um sich an ihrer Errungenschaft zu erfreuen. Inzwischen gibt es eine Unzahl verschiedener Modelle, sodaß der normale Bürger leicht den Überblick verliert, welches denn nun für ihn das Geeignete ist. Die heutige „Fietze“ gibt aber dennoch begeisterten Radfahrern das wunderbare Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit, und die Faszination, die von diesem Fortbewegungsmittel ausgeht, wird auch in Zukunft nicht verloren gehen.

Sicherlich gibt es in der Grafschaft Bentheim auf Speichern, Böden und in Kellern noch verborgene „Schätzchen“ aus alten Tagen, die es Wert sein sollten, einmal mit nostalgischen Augen betrachtet zu werden.

© Heidrun Gemähling

 

 

 

Morgen ist Waschtag!


 

(2001)
veröffentlicht

Für uns Frauen in der heutigen Zeit ist der Waschtag kein so besonderes Ereignis. Die Wäsche wird entsprechend sortiert in die Maschine gegeben, eingestellt, auf den Knopf gedrückt, und los geht's nach Programm. Die Waschminna weiß genau, was zu tun ist, ganz ohne Worte. Wenn ich von meiner Waschhilfe erzähle, werde ich ganz stolz, denn sie ist schon 25 Jahre alt. Sie kam nach dem Tod eines Onkels in unsere Familie, ein treues gutes Stück. Mal mußten Schläuche ausgetauscht werden, mal eine Gummimanschette oder eine Schelle - ansonsten immer zu Diensten. Wenn ich so ernsthaft darüber nachdenke, kommen mir all die Frauen in den Sinn, die sich körperlich abplagen mußten mit Waschbrett und Zuber, ohne technische Hilfe. Kaum noch vorstellbar, wenn ich an meinen verschlissenen Rücken und die Schmerzen denke, die diese Frauen sicherlich auch hatten. Aber es war für alle damals so und nur in Ausnahmen, dem Stand entsprechend, unterschiedlich anders. Aber wie der Waschtag in einer Grafschafter Familie ablief, in den zwanziger Jahren, erzählt eine Grafschafterin einfach mal selbst:
"Wir waren eine große Familie und alle vier Wochen war Badetag für alle. In die Waschküche wurde die Wanne gestellt, mit kaltem und warmen Wasser gefüllt und ein Dreckspatz nach dem anderen stieg hinein. Nach jedem Badegang wurde die Wasseroberfläche abgeschäumt und dann kam der Nächste, am Schluß die Eltern.

In dieses letzte Wasser wurde dann über Nacht die Schmutzwäsche eingeweicht und Bleichsoda hinzugefügt. Mit Wasser mußte gespart werden, weil es extra vom Außenbrunnen geholt werden mußte. An allen übrigen Tagen mußten wir uns in einer Schüssel waschen mit Lappen und Seife. Am anderen Morgen wurde Wasser in den großen Waschkessel gefüllt und angefeuert. Zuerst kam die Kochwäsche hinein, später das Bunte aller Art, mit dem Stock in Etappen heraus gewuchtet und auf dem Waschbrett im Zuber sauber gerubbelt und gebürstet. "Grüne Seife" war dabei eine Hilfe und anschließend wurde alles heiß ausgespült und über Nacht im klaren Wasser noch liegengelassen, zum Ausbleichen. "Bläue-Pulver" wurde hinzugetan, damit Vergilbtes hell wurde. Im Sommer wurden Tücher aus Leinen auf den Wiesen ausgebreitet und leicht besprengt, nötig beim Bleichvorgang, damit alles schön hell blieb. Im Winter wurde die Wäsche auch nach draußen gehängt und fror zu lustigen Gebilden, mit denen wir Kinder unseren Spaß hatten.

Zum Bügeln hatte meine Mutter ein Dreisatzeisen, das auswechselbar war. Zwei standen auf dem Ofen, damit sie heiß blieben, das dritte wurde in das Bügeleisen geschoben und auf die Wäsche gedrückt. Gebügelt wurde nur das Notwendigste, z.B. Schürzen, Rüschen und ähnliches. Es gab auch noch ein anders älteres Bügeleisen, in das glühende Kohlenstücke gelegt wurde, in einem dafür vorgesehenen Fach. Dadurch blieb das Eisen längere Zeit warm. Bettwäsche und andere große Teile zog man zu zweit an den Ecken hin und her zum Strecken und legte sie entsprechend zusammen. Manchmal mußten wir uns auch tagsüber draufsetzen."

So manche Frau wird nun froh sein, in der heutigen Zeit leben zu können. Dem Fortschritt kann man schon in dieser Hinsicht dankbar sein, eine wirkliche Erleichterung für den sogenannten "Waschtag ".

© Heidrun Gemähling

 

 

 

 

 

Meine verlorene Heimat ließ sich ersetzen.


 

(2001)
veröffentlicht

Der zweite Weltkrieg trieb so viele Menschen aus ihrer angestammten Heimat in eine für sie unbekannte neue Welt. So landeten wir, meine Mutter, Oma, Schwester und ich nach mehreren Stationen in Schleswig, einer Stadt an der Schlei im Norden Deutschlands.

Meine Erinnerungen sind bruchstückhaft, aber dennoch intensiv. Wir waren in einem alten, schiefen grauen Haus direkt unterm Dach untergebracht. Die Räume waren durch Bretterwände aufgeteilt und hatten vier kleine Fenster. Die Decke war sehr niedrig und manchmal standen zwei Töpfe mit Primelblumen auf einem der Fenster. Die Blütenformen und die verschiedenen Farben faszinierten mich. Oft schaute ich da zur Straße hinaus, besonders an trüben Tagen, wenn sich auch kein anderes Kind draußen blicken ließ. Es war eine Bergstraße mit altem Kopfsteinpflaster, auf der noch viele Pferdewagen hoch und runter polterten, und so mancher Kutscher die Pferde mächtig bremsen mußte. An regenfreien Tagen spielten wir Kinder ums Haus herum, dachten uns die wunderlichsten Spiele aus, und manchmal, oder auch oft, flog der Ball über die Nachbarsmauer, auf deren Oberkante große, bunte Glasscherben eingemauert waren. Hinüberklettern konnten wir nicht so richtig und mußten deshalb den Ball vom Nachbargrundstück holen, auf dem im Untergeschoß eine ältere Frau wohnte. Wenn sie dann den großen Riegel am Holztor hörte, begann wieder das Geschrei, das durch die ganze Straße hallte. In dem Haus waren noch weitere Flüchtlingsfamilien sowie Angehörige der britischen Besatzungsmacht untergebracht.

Ich erinnere mich noch ganz genau an den Eingang, vor dem ich so manche Stunden verbrachte und mir das Leben der Zeit so anschaute. Es kam auch vor, daß Verbrecher und Polizei in Handschellen vorbeimarschierten. Über eine steile Steintreppe, die vom unteren Park heraufführte, kamen ab und an auch mehrere aneinandergekettete Männer. Wie Verbrecher aussehen müssen, davon hatte ich keine Ahnung. Aber diese sahen für mich gar nicht so böse aus, denn sie lächelten mir zu, im Vorübergehen. Gerne hätte ich sie befreit und winkte ihnen ganz vertrauensvoll, kindlich, voller Mitleid entgegen.

Wenn ich so an die Abendstunden denke, dann fallen mir meine persönlichen Tanzminuten ein, die ich im langen Flur, vom Eingang bis zur Treppe, vollbrachte. Mit einer langen Schürze meiner Oma, vollführte ich Sprünge und sogenannte Pirouetten, machte kunstvolle Verrenkungen. Ich war in diesen Momenten eine richtige Tänzerin. Wenn dann durch den Lärm der Sprünge einer aus der Tür schaute, lief ich wie ein Wiesel nach oben, glücklich für die paar Tanzminuten in meiner Scheinwelt. Unser Familienleben spielte sich in beengten Räumen ab, die mit der kleinen Küche begannen, weiter durch einen Wohnraum führten und in einer Schlafstube endeten. Neben dem Küchenschrank stand ein kleiner Holztisch, den ich nicht besonders mochte, weil in Abständen dort zerschnittene Aale lagen, die von alleine weiterzappelten. Ein unbegreiflicher Anblick für mich. Sonntags saß meine Mutter mit einem Frisierumhang vor dem kleinen Küchenfenster und wurde von der Oma mit einer Brennschere onduliert. Wir Mädchen bekamen die damals berühmte „Kammtolle“ mit einer roten oder weißen Schleife eingebunden. So sahen viele andere Kinder auch aus, und andere wiederum hatten kurze oder lange Zöpfe, die Enden mit Spangen oder auch Schleifen verziert.

In Abständen tauchte eine fremde Frau mit einer Tasche voll interessanter Kämme und eigenartiger Utensilien bei uns auf . Mit dem Läusekamm, so sagte sie, gehe sie zu allen Kindern, und so ließen wir uns mit dem sonderbaren Kamm die Haarentlausung gefallen. Es waren wirklich Läuse im Kamm, und so hatten wir Kinder uns auf der Straße wieder was Lustiges zu erzählen.

Im sogenannten Wohnzimmer hatte man gerade Platz genug, um den Tisch zu umrunden, der von fünf verschiedenen Stühlen umstellt war. Aus jedem Dorf ein Hund, wie man so zu sagen pflegte. Ringsumher an der Wand standen ein kleiner Kachelofen, eine braune Bretterkomode, ein altes durchgesessenes Sofa, anfangs mein Gitterbett, später dann ein großes weißes Bett. Wenn es Kartoffelpuffer ohne Fett in der Pfanne gab, mußte ich immer das Fenster öffnen, denn der Qualm beherrschte den ganzen Raum, und nichts war mehr zu erkennen. Ich fand das stets lustig, das Gehuste und Gepruste, und sobald der Qualm entwichen war, wurden die schwärzlichen Kartoffelpuffer sichtbar. Wir vertilgten sie frisch aus der Pfanne, sie schmeckten etwas eigenwillig, aber sie schmeckten.

Ich half auch des öfteren meiner Oma auf einem schmalen Stück Wiesenland, das den Flüchtlingen von der Stadt zugeteilt worden war. Ich erinnere mich, daß ein Polizist mit strengem Blick des Weges kam, als wir gerade am Ernten waren. Seine Aufgabe war, zu kontrollieren, ob man auch den berechtigten Ausweis für das zugewiesene Stück Land hatte. So war es dann auch. Es sei schon oft vorgekommen, so erzählte er uns, daß Unberechtigte einfach irgendwo ernteten. Durch diese Landzuteilung hatten wir wenigstens etwas frisches Gemüse, Kartoffeln und besonders Rote Beete, die wochenlang und täglich als Suppe mit einer Kartoffel in der Mitte, auf dem Tisch stand. Ich wundere mich noch heute, daß mir Rote Beete trotzdem immer noch schmeckt, egal in welcher Zubereitung. Aber dennoch bekam ich trotz der vorhandenen Vitamine schweren Typhus. Ich muß so um die vier Jahre alt gewesen sein, als wegen der vielen Typhuserkrankungen ein Gefängnisflügel im Ort zur Quarantäneabteilung umfunktioniert wurde. So kam ich in ein richtiges Gefängnis und verbrachte dort ungefähr vier Wochen in „Einzelhaft“. Zum damaligen Zeitpunkt wußte ich natürlich nicht, daß ich mich im Gefängnis befand, blickte auf ein kleines vergittertes Fenster, auf einen kleinen Tisch an der Wand, auf dem Tag und Nacht unübersehbar die scheußliche Flasche mit dem Lebertran stand. Hohes Fieber und Durchfall begleiteten meinen Tagesverlauf und ich wiederholte beständig die gleichen Wörter: „Oma, Oma, Mama, Mama!“ Die Pflegeschwestern wußten sich keinen Rat. Eine Lösung fand sich erst, als auch meine Schwester eingeliefert wurde. Mit nackigem Po, für den ich mich sehr schämte, trugen sie mich auf den langen Flur und ließen mich durch ein Guckloch in einer anderen Tür schauen. Dort sah ich meine Schwester auf dem Bett liegen, und seit diesem Zeitpunkt hatten die geplagten Krankenschwestern vor meinem unaufhörlichen Gejammer Ruhe. Manchmal erschienen die Köpfe von meiner Oma und meiner Mutter vor dem kleinen vergitterten Fenster. Es kam aber nie jemand herein, auch erklärte mir keiner, warum das so war. Eine Gefühlswelt zerbrach so in mir. Mit all diesen Ängsten, unbewußt und durch das Fluchtleben ausgelöst, war ich nun auch noch allein in einem Raum, bemalte mit einem Griffel eine schwarze Schiefertafel. Neben meinem Kopfende war eine Tür mit einem Guckloch und einer Klappe darunter. Sie ging manchmal auf und eine freundliche Frau blickte dann hindurch und sprach mit mir. Diese kleine Geste der Zuwendung war wie ein Lichtstrahl auf meinem Herzen und wirkte beruhigend in meinem trostlosen Dasein

Irgendwann wurde ich zu anderen Kindern verlegt. Ein beliebter Zeitvertreib war es, die dicken Brummer am Fenster zu zerquetschen. Einmal wurde mir auch ein Maikäfer als Geschenk mitgebracht, aber als der Besuch ging, mußte ich ihn wieder fliegen lassen. Mir blieb ein trauriges Kinderherz und das Lied: “Maikäfer flieg, dein Vater ist im Krieg ...!“ Kartoffelbrei mit Spinat habe ich dort als Köstlichkeit empfunden und bin noch heute der Meinung, keinen besseren je wieder gegessen zu haben. Eines Tages durfte ich mir wieder Sachen anziehen, es war soweit - meine Mutter holte mich ab. Wir gingen an einer hohen Mauer entlang, die Sonne schien hell, und ein befreiendes Gefühl durchzog mein Herz. Das Begrenzte und Fremde hatten ein Ende, ich kam in den Schoß der Familie zurück.

Eines Tages stand ein Mann in der Wohnung und man sagte mir, daß dieser mein Vater sei. Sein Kopf stieß fast an die Zimmerdecke. Das war nun mein Vater, der aus dem Krieg kam, der Schuhe besohlen konnte und mir viele Geschichten erzählte. In Abständen nahm er mich mit an den Strand der Schlei, band sich einen Beutel um den Bauch und schwamm zur Möweninsel. Ich wartete indessen am Strand und sah aufs weite Wasser, bangte um meinen Vater. Doch jedesmal, wenn ich ihn wieder auf mich zukommen sah, war die Freude groß, und ich nahm den Beutel mit den Möweneiern vorsichtig entgegen. So wurde das Essen in der Nachkriegszeit manchmal doch etwas abwechslungsreicher. Ein besonderes Erinnern habe ich daran, daß meine Oma im Winter am warmen Ofen saß, ich vor ihren Füßen auf einer Fußbank sitzend dem lauschte, was sie aus einem großen Buch vorlas. Voller Ehrfurcht vermittelte sie mir die Wertschätzung für das Buch der Bücher, die Bibel. Es sei ein Buch von Gott, und man müsse es gut aufbewahren, weil seine Gedanken darin festgehalten sind. Das war eine Lebensprägung für mich und gab mir Halt bis zum heutigen Tag. Beim Vorlesen liefen ihr auch manchmal Tränen über die Wangen und das berührte mich so sehr, daß ich mitweinte; hörte Worte wie Kriege, Hunger, Seuchen, Drangsale, und daß wir wirklich in solch einer Zeit leben würden. Zu anderen Zeiten saßen die beiden Frauen, wenn das Tageslicht verschwunden war, vor Kerzen und strickten für die Dänenleute Pullover mit Norwegermuster. Die Oma die Ärmel und Rücken, die Mutter das Vorderteil mit dem Muster, das mein Vater auf Papier gezeichnet hatte, und ich schaute dem ganzen Treiben, irgendwas spielend, zu. Als Gegenleistung für die Strickpullover gab es Eier, Butter, Käse und Brot.

Einmal überraschte mich meine Oma mit einer selbstgenähten „Flickerpuppe“. Arme, Beine, Körper und Kopf bestanden aus alten ausgestopften Seidenstrümpfen, das Gesicht war mit bunter Wolle bestickt, ein Kleid zierte den Körper. Welch ein Glücksgefühl, eine Puppe für mich ganz alleine, mit der ich spielen und der ich alles erzählen konnte! Ich nannte sie Ute und in späteren Jahren bekam sie einen Schulterkopf aus Pappmaschee aufgenäht. Wie liebte ich doch diese Puppe! Leider ging sie mir in späteren Jahren verloren und mir blieb nur eine Zelluloidpuppe als Kindheitserinnerung erhalten.

Meine Familie erzählte oft und gerne vom Leben in Rastenburg in Ostpreußen. Sie waren dort wohlhabende angesehene Geschäftsleute gewesen, nun aber nur noch Flüchtlinge, die im „Kohlenkasten“ angekommen waren, ohne Hab und Gut, auf das Gutdünken anderer angewiesen. Es gab aber auch hilfsbereite Einheimische, die gerne halfen und mich sogar einmal als Blumenmädchen zu einer Hochzeit einluden. Als ich aus der Hochzeitskutsche ausgestiegen war und vor dem großen Dom stand, die „Riesentür“ sah, da war’s um mich geschehen. Vor lauter Staunen vergaß ich das Blumenstreuen, erst durch die Rufe der Hochzeitsgäste kam ich wieder zu mir. Weil ich ein besseres Leben nur vom Hörensagen kannte, empfand ich meinen damaligen Lebenszustand nicht als besonders negativ. Mein Vater jedenfalls konnte gut organisieren und so hatten wir als Familie das Notwendigste für das alltägliche Leben.

Diese Kindheitserinnerungen spielten sich in den Jahren 1946 - 1948 ab und es ließe sich dazu noch vieles hinzufügen. Was ich aus all diesen Erlebnissen gelernt habe ist, daß man tolerant und hilfsbereit zu Fremden sein sollte. Die Geschichte hat es gezeigt und die Gegenwart zeigt es immer noch, daß Unvorhergesehenes, wie Kriege, Katastrophen, Regierungswechsel, Aufstände und vieles mehr einen jeden über Nacht zum Fremden machen kann. Ganz plötzlich hört das gewohnte und gesicherte Leben auf, und man wird in unbekannte Breiten gejagt, ohne Besitz, ohne gewohnten Beistand. Wie angenehm ist es dann, wenn es Menschen gibt, die helfen. Solches Handeln fördert das Integrieren und hilft den Betroffenen ihre Würde zu behalten. Egal welcher Herkunft, Rasse oder welchem Stand wir angehören, aus Gottes Sicht haben alle Menschen das gleiche Daseinsrecht hier auf Erden. Für mich ist Heimat dort, wo ich mich wohlfühlen kann, mein Auskommen zum Leben habe und es Menschen gibt, die mir etwas bedeuten. Da ich alles mit meinen Kinderaugen betrachtete, habe ich auch kein Heimatgefühl im herkömmlichen Sinn.

© Heidrun Gemähling

 




 

 

 

Spielende Kinder sind glücklich.


 

Ich gehe mal in die Zeit vor etwa 50 Jahren zurück. Das Fernsehen gehörte noch zum Luxus einer Familie. Kinder spielten meistens draußen, da die Wohnungen, natürlich mit Ausnahmen, noch alle klein und provisorisch waren. Das ganze Dorf oder ein ganzer Stadtteil wurde zum Spielplatz, und jeder kannte jeden. Aus leeren weggeworfenen Zigarettenschachteln schnitt man die Vorder- und Rückseite heraus und so entstand ein Kartenspiel. Spielsachen gab es nicht besonders viele und wenn, dann waren es aus alten Strümpfen und Flicken genähte Puppen. Sie wurden sehr geliebt und die persönliche Note von Oma, Tante oder Mutter waren praktisch in das Werk hineingenäht. Die Väter bastelten aus Holzresten einfache Autos oder andere zum Spielen brauchbare Gegenstände. Wer kann sich noch an den Pindopp oder Kreisel erinnern, der mit der Peitsche geschlagen werden mußte, an das Murmelwerfen und dergleichen?

Auch in den Trümmern der vom Krieg zerschossenen Häuser fand man immer noch interessante Utensilien, die verwertbar waren. Alteisenähnliche Gegenstände wurden zum „Eisenhändler“ gebracht und für die paar Pfennige, die man dafür bekam, wurden Roller ausgeliehen. So hatte der eine oder andere Familienvater eine kleine Einnahmequelle. Ein oder zwei Stunden konnten die Kinder dann durch die Straßen und um die Häuser rollern. Ideen zum Spielen kamen hauptsächlich von den Kindern selbst, oder die Erwachsenen erzählten ihnen von ihrer Kinderzeit. Die Kleinen waren zufrieden mit dem, was sie hatten, aber mit der Zeit wuchs der Konsum und natürlich auch die Ansprüche der Kinder.

Jeder mag für sich selber die Vor- und Nachteile unseres jetzigen Überflusses vor Augen halten. Wie wirkt sich das „Zuviel“ auf das Innere eines Kindes aus? Gibt es eventuell doch noch andere Werte, die für das Leben wichtig sind, die man aber nicht kaufen kann?

Jedenfalls hat sich herausgestellt, daß „ausgespielte“, von draußen kommende müde, hungrige Kinder zufrieden sind. Was gibt es schöneres, als vor sich rotbäckige glückliche Kinder zu sehen?!

© Heidrun Gemähling

 


 

 

 

Eines Tages, als Samira wie so an vielen, schönen Sommertagen auf der Wiese spielte. Entschloss sie sich das Wolkenspiel zu beginnen. Dafür machte sie es sich auf der Wiese bequem und sah gen Himmel.

Zuerst sah sie einen Watteluftballon, eine Lampe, Katze, Hund, Maus, ein Einhorn, doch dann sah sie eine Wolke immer näher schweben. Sie stellte schließlich fest, das es sich hierbei um ein kleines Wolkenschaf handelte, das immer näher auf sie zu kam. Wie ein normales Schaf, hatte es Augen, Ohren, Nase, Mund und Beine, und was eben noch dazu gehörte. Sie staunte nicht schlecht, als es blökend vor ihr stand, den Kopf zur Seite neigte und sie freundlich ansah. Samira setzte sich erst einmal auf, um das Wolkenschaf näher zu betrachten. Es sah sehr lieb aus.

Als sie sich so ansahen unterbrach das Wolkenschaf auf ein mal die Stille: "Hallo, Samira. Ich bin Mahima Mo. Schon oft habe ich dich auf der Wiese liegen sehen, wenn du das Wolkenspiel spielst. Du bist uns Wolken gut bekannt, siehst du doch immer so schöne Bilder in uns, das freut uns sehr", meinte es noch zu ihr. "Woher kennst du meinen Namen?", fragte Samira. "Manchmal spielst du mit deiner Freundin hier Nachlaufen, da habe ich oft gehört, das sie dich Samira rufte", meinte Mahima. "Ja, ich spiele oft hier mit meiner Freundin fangen. Aber leider ist sie zur Zeit mit ihren Eltern weggefahren, um ihre Oma zu besuchen. Deshalb muß ich jetzt immer alleine spielen. Das ist sehr langweilig", seufste Samira nun.
"Dann spiele doch einfach mit mir Wolkenbilder malen. Denk dir eine Figur aus, in die ich mich verwandeln soll, und ich versuche dieses Wolkenbild zu werden", hüpfte Mahima vor Freude. Samira fand diese Idee einfach großartig, selbst Wolkenbilder malen zu können. Sie ließ sich wieder gemütlich auf der Wiese nieder und dachte sich jetzt die fantasievollsten und witzigsten Wolkenbilder aus. Natürlich war auch eine Blume, ein Sonnenbild, eine Sternschnuppe und ein goldener Regen dabei.

Ganz müde vom spielen, kugelten sich beide nun freudig im Gras, um sich dann noch tiefer in das hochgewachsene Gras zu werfen. Sie waren überglücklich und froh nun Freunde geworden zu sein. Das Wolkenschaf meinte schließlich zu ihr: "Möchtest du nicht auch meine Welt kennen lernen, hoch oben im Wolkenwattehimmel?" "Deine schöne Wolkenwelt?", entgegnete ihr Samira erstaunt. Und fügte noch hinzu: "Wie meinst du das? Wie soll das gehen?" "Na du fliegst mit mir in den Himmel, da wo meine Freunde sind", lachte ihr Mahima Mo jetzt entgegen. "Sehr gerne, aber wie soll ich denn fliegen?", fragte Samira erwartungsvoll und neugierig. "Ganz einfach, du schließt deine Augen. Wenn du deine Augen geschlossen hast, dann kann ich dir meine ganzen Freunde vorstellen", meinte nun das Wolkenschaf. "Gut, meinte Samira, schloß ihre Augen und plötzlich flog sie mit Mahima Mo dem Wolkenschaf, in ihrer Gedankenwelt, dem Himmel entgegen. Sie lernte dort alle Freunde der lieben Wolke Mahima kennen. Sie tollten und spielten dort eine ganze lange Zeit der Ewigkeit zusammen herum.

Als Samira schon sehr müde war, verabschiedete sie sich von ihren vielen, neuen, watteweichen Freunden. Sie öffnette nun glücklich und mit der ganzen Welt zufrieden ihre Augen. Es fing schon an zu dämmern, und sie dachte:
- Das war wirklich ein schöner Tagtraum gewesen und sie freute sich schon darauf das nächste mal ihre neuen Freunde zu treffen. Und später, wenn ihre Freundin zurück ist, sie ihr alle auch vor zu stellen.

 

Es war einmal ein kleiner Stern...

...der hatte einen großen Traum. Er träumte davon, so farbig schillernd, wie ein bunter Regenbogen zu sein. Wie jeden Abend träumte er auch heute wieder mit einem hoffnungsvollen Blick davon. Ein schillernder Regenbogen war für ihn einfach das schönste, das er sich vorstellen konnte. Manches mal hatte er tagsüber einen gesehen, doch seine Mutter hatte ihn dann immer zum schlafen ermahnt, denn wie ihr wißt schlafen Sterne tagsüber, um nachts wieder strahlend hell zu erleuchten. Doch sein Wunsch wurde immer größer und sein sehnen immer hoffnungsloser?

An diesem Abend, er leuchtete wie immer gleich ganz links neben dem großen Bären. Zog eine Wolke vorüber und er meinte hoffend zu ihr: "Liebe Wolke, kannst du mir helfen? Ich möchte genauso farbenfroh schillernd leuchten, wie ein Regenbogen. Weißt du vielleicht, wie ich das machen kann?" Die Wolke meinte nur: " Du erstrahlst doch in so schönem, schillernden Gold, warum willst du unbedingt in den Farben des Regenbogens leuchten?" Der kleine Stern sagte ganz traurig: "Weißt du in den Farben des Regenbogens sind so viele Dinge verborgen. Die Hoffnung die in ihrem grün erleuchtet, das Rot der Liebe gleich, das Blau der Treue und alles verschmelzt immer zusammen mit der anderen Farbe, zu etwas neuem. Es vereint sich eine Farbe mit der Anderen zu einer neuen Farbe. Es symbolisiert das Leben und seine Geheimnisse, die Verbindung mit dem ganzen und dem nichts. Findest du die Bedeutungen und die schönen Farben nicht auch so wunderbar?" "Aber auch die Sterne haben eine große Bedeutung, und alle Menschen verbinden ihr Schicksal und ihre Zukunft mit ihnen," sagte die Wolke. Der kleine Stern sah die Wolke nachdenklich an und entgegnete ihr: "Das wußte ich gar nicht, das auch die Sterne eine so große Bedeutung haben. Aber warum sind wir alle nur so hell und nicht schön farbig?"

Da wand der große Bär ein, der die ganze Zeit schon das Gespräch der Beiden mit angehört hatte: "Das hell unseres Lichts sieht man eben besonders gut, und es ist so edel und so glänzend, wie den Sinn den wir darstellen. Die Hoffnung, die Träume und das Schicksal der Welt und der Menschen. Wir beherbergen alle mit unserem Licht in der Nacht, wir machen keine Unterschiede. Für uns sind alle Menschen, die Natur und alle Lebewesen, die die Erde bewohnen gleich."

Der kleine Stern verstand was der große Bär meinte, und auch das gefiel ihm gut. Er fing an immer mehr über sich und die anderen Sterne zu erfahren. Und dennoch wie schön wäre es, wenn seine Bedeutung auch noch das Rot der Liebe, das Blau der Treue und das grün der Hoffnung beherbergen würde. Und alle Farben, wieder, immer wieder zu einer neuen verschmelzen würden.
Der große Bär gab langsam auf und schüttelte unverständig den Kopf. Das die jungen, kleinen Sterne doch immer so neue Hirngespinste haben mußten, und nie zufrieden waren.

Der kleine Stern entschloß sich traurig sich langsam der Milchstraße zu nähern. Sie war so groß, sie wußte bestimmt einen Rat. Als der kleine Stern bei der Milchstraße angekommen war und er ihr alles erzählt hatte, sagte die Milchstraße nur: "Geh zum Mond, er kann dir bestimmt helfen, wenn nicht er, dann vielleicht das kleine Elfen Mädchen, das auf ihm wohnt." Auf dem Mond wohnt ein kleines Elfen Mädchen?", der kleine Stern war ganz erstaunt.

Er machte sich gleich über die Milchstraße auf dem Weg zum Mond. Endlich war er angekommen, dem kleinen Stern schien seine Reise bis hier hin schon unendlich.
Der Mond empfing den kleinen Stern mit den Worten: "Also du bist der kleine Stern, der unbedingt Regenbogen Farbig sein will?" Der kleine Stern war ganz verwundert: "Herr Mond woher wissen sie denn das? Der Mond lächelte weise: "Die Sterne haben alle schon von dir und deinem ausgefallenen Wunsch gehört und es anderen Sternen weiter erzählt, bis es auch schließlich bis zu meinen Ohren kam." Der kleine Stern seufzte und meinte dann gleich hoffnungsvoll: "Und, können sie mir helfen?" Der Mond meinte ganz ruhig und gutmütig: "Nicht direkt, aber ich weiß jemanden, der dir vielleicht helfen kann." Der kleine Stern fing vor Freude an noch mehr zu funkeln und zu glitzern: "Und wer ist es?" Es ist Sternen Staub meine kleine Elfe die immer den Sternen Staub den die Sterne hinterlassen einsammelt. Sie besitzt magische Kräfte und kann dir ganz bestimmt helfen", meinte der Mond .
Der kleine Stern war außer sich vor Freude.

Die Elfe Sternen Staub, kam zu ihm und versprach: "Ich werde dir deinen Wunsch für einen Abend erfüllen, aber wenn dann am nächsten Tag die Sonne erwacht und die Sterne wieder schlafen gehen. Wird am darauf folgenden Abend alles wieder wie vorher sein. Allerdings kann ich auch nur alle Sterne gleichzeitig verzaubern. Wie ich jedoch hörte, wünschen sich nun viele kleine Sterne, einmal in Regenbogenfarbe zu erleuchten."

Der kleine Stern war über glücklich und bedanke sich bei ihr. Die Elfe schwebte über alle Sterne hinweg und verteilte den gesammelten Sternen Staub, und damit den Zauber. Wie sie es versprochen hatte, waren an diesem Abend, aber wirklich nur an diesem Abend, alle Sterne regenbogenfarbig.

Und wenn ihr Abends im Bett liegt und ganz genau hin hört, hört ihr jetzt noch die Sterne über diesen außergewöhnlichen Abend erzählen, über das Geheimnis der regenbogenfarbigen Sterne. Und nun wünsche ich eine "Gute Nacht".

 
 

 

 

"Der unglückliche kleine Hase?"


"Der unglückliche kleine Hase?"
Eine "Gute Nacht"-Geschichte 
 
 
Als der kleine Hase eines Tages aufgewacht war, stellte er fest das die Sonne verschlafen hatte. Obwohl es Zeit war in die Hasenschule zu gehen, und der Hahn schon zum aufstehen krähte, war es noch Hasendunkel gewesen. Das konnte der kleine Hase nicht verstehen. Was war geschehen? Er ging hinaus ins freie und schaute dem Himmel entgegen. Da sah er es, tatsächlich schlief die Sonne noch. Und er rief ihr entgegen: "Sonne wach auf, wach endlich auf, du bist eine richtige Schlafmütze!" Der kleine Hase versuchte so gut es ging, die Sonne zu wecken, doch es half gar nichts. Was sollte er tun? Wer konnte ihm den richtigen Rat geben? Er entschloß sich nun Mama, oder Papa zu fragen. Das merkwürdigste war, er konnte sie nicht finden. Nicht im Wohnzimmer, nicht in der Küche, nicht im Bad und auch nicht in der Diele. Wo waren sie nur? Es blieb nur noch das Schlafzimmer übrig, in dem er auch die Eltern fand. Und er konnte es kaum glauben, sie schliefen noch tief und fest, genauso tief und fest, wie die Sonne. "Mama", er rüttelte an ihr leicht, warum schläfst du denn ?" Die Hasenmama entgegnete Hasen müde: "Wieso? Es ist doch mitten in der Nacht, natürlich schlafe ich noch. Ich bin noch so müde. Und du solltest auch noch schlafen, mein Schatz", meinte sie noch schon fast wieder eingeschlafen.

"Aber die Sonne, Mama sie schläft noch," entgegnete er ihr verständnislos. "Das ist auch ihr gutes recht, der Morgen erwacht mit der Sonne erst viel später. Du hast wieder einmal einen regen Traum gehabt. Also mach´dir keine Sorgen, du hast alles nur geträumt. Leg dich wieder hin, sonst bist du Morgenfrüh nicht ausgeschlafen," ermahnte sie ihn. "Gott sei Dank. Ich dachte schon, die Sonne hätte verschlafen," der kleine Hase war beruhigt das er alles doch nur geträumt hatte. Nun kroch er zu Mama ins Bett und kuschelte sich zu frieden und beruhigt in ihren Armen ein. Er freute sich schon am nächsten Morgen die Sonne wieder erstrahlen sehen zu können.

Und auch euch wünsche ich nun eine "Gute Nacht!"

Ein Gute-Nacht-Kuss auf Reisen

„Ohne einen Gute-Nacht-Kuss von Dir kann ich nicht einschlafen, Papa. Auf gar keinen Fall!“, sagte Klara in den Telefonhörer.
„Aber ich komme erst nach Mitternacht wieder!“
„Dann bleibe ich eben wach, bis Du wieder da bist.“
Klaras Vater seufzte und antwortete:
„Das geht nicht, Schatz, aber ich habe eine Idee. Ich schicke Dir einen Gute-Nacht-Kuss vorbei und Du darfst so lange aufbleiben, bis er bei Dir angekommen ist.“
„O.K.!“, sagte Klara, nickte und verabschiedete sich.

Sie sprang aus ihrem Hochbett heraus und lief freudig zu ihrem Dachfenster herüber. Einen klitzekleinen Spalt öffnete sie es und streckte ihre neugierige Nase in die milde Abendluft. Noch war weit und breit kein Gute-Nacht-Kuss von ihrem Vater zu sehen. Sie kroch wieder zurück ins Bett und legte sich unter ihre warme Kuscheldecke. Von hier aus hatte sie das Fenster genau im Blick und konnte Papas Kuss sofort erkennen, wenn er hereinkommen würde.

Als Klaras Vater den Hörer aufgelegt hatte, schickte er den kleinen Gute-Nacht-Kuss für seine Tochter auf die Reise.
Er ließ ihn über seine Lippen nach draußen krabbeln und pustete ihn sanft in den Abendwind.
„Flieg zu Klara!“, flüsterte er, winkte ihm zu und beobachtete, wie sich der kleine Kuss durch das geöffnete Bürofenster nach draußen zwängte. Auf dem Fensterbrett verweilte er einen kurzen Augenblick und schaute nach unten. Er erschrak. Er hatte zwar Flügel, mit denen er sich im Wind gleiten lassen konnte, zum selber fliegen waren sie jedoch viel zu kurz.
„Hoffentlich kommt ein heftiger Wind, so dass ich nicht aus dieser Schwindel erregenden Höhe unsanft auf meiner Nase lande!“, dachte der kleine Kuss und wartete, von einem Beinchen auf das andere hüpfend, auf einen geeigneten Windstoß, um seine Reise zu beginnen. Als der weiche Abendwind eine stärkere Brise schickte, hüpfte der kleine Kuss mutig in die Strömung und machte sich auf den Weg, um Klara Gute-Nacht zu sagen. Fröhlich wirbelten seine kleinen Flügel im Wind herum. Er schlug ein paar vergnügte Purzelbäume und flog über die Dächer der Stadt, die im Mondenschein silbrig glänzten, hinweg.
Doch plötzlich wurde sein Flug unsanft unterbrochen. Unerwartet purzelte der kleine Kuss in ein gefährliches Luftloch. Seine kleinen Flügelchen wedelten wild, dennoch verlor er an Höhe, Meter für Meter. Verzweifelt hielt er Ausschau nach Rettung, als er im allerletzten Moment die blättrige Krone eines uralten Kastanienbaumes erblickte. Der kleine um-Hilfe-rufende-Kuss streckte seine Flügelchen aus und blieb, trotz seiner hohen Geschwindigkeit, zwischen zwei dünnen Zweigen hängen. Geschafft. Erleichtert atmete er auf, seufzte und machte sich auf den Weg, so schnell wie es einem kleinen Gute-Nacht-Kuss nur möglich ist, den mächtige Kastanienbaum nach unten zu klettern. Mit geschickten Bewegungen schwang er seine Flügelchen von Zweig zu Ast und vom Ast zum Stamm, bis er unter dem Baume sanft in einem riesigen Blätterberg landete. Besorgt blickte er in den Himmel. Im abendlichen Glanz der Sterne stand der runde Mond bereits mittig am Himmelszelt und blickte auf die Erde nieder. Der kleine Kuss musste sich beeilen, weil Klara bald einschlafen würde und er seinem Ziel noch fern war. So sputete er sich, kroch aus seinem Blätternest heraus und hielt Ausschau nach einem anderen Weg, um in die Stadt zu gelangen.
Als ein einsamer Radfahrer pfeifend des Weges fuhr, überlegte der kleine Kuss nicht lange. Er ergriff seine Chance und hing sich im Vorbeifahren an eine Speiche des Fahrrades. Dort verweilte er, bis er in der nächsten Siedlung das gelb leuchtende Schild einer Bushaltestelle erblickte und sich ebenso erleichtert wie schwindelig von der sich ständig drehende Speiche verabschiedete. Torkelnd tapste er zum Haltestellenschild, hielt sich einen Augenblick fest und suchte nach einem Bus, der in die Stadt fahren würde. Gerade als die nahe gelegene Kirchturmuhr zur vollen Stunde schlug, bog der hell erleuchtete Bus in die Straße ein und hielt, um einige Fahrgäste abzusetzen. Unbemerkt kletterte der kleine Kuss in den Bus und versteckte sich zwischen einem Paar nach Kuhmist riechender Gummistiefel, die zu einem alten Mann in der hintersten Sitzreihe gehörten. Der kleine Kuss fuhr und fuhr, bis der Fahrer die Haltestelle „Marktplatz“ ausrief.
„Endstation!“, murmelte der kleine Kuss und stolperte hektisch die Stufen des Busses hinunter, so das er sich unsanft den Flügel stieß. Zum Jammern hatte er jedoch keine Zeit. Nur wenige Meter trennten ihn noch von seinem Ziel, das mit einem verletzten Flügel und absoluter Windstille jedoch unendlich weit zu sein schien. Vor Erschöpfung schnaubend erreichte der kleine Gute-Nacht-Kuss das rotbraune Backsteinhaus von Klaras Eltern und kroch an der rostigen Regenrinne in den zweiten Stock hinauf, in dem Klaras Dachfenster bereits geöffnet auf ihn wartete. Der kleine Kuss schwang sich mit letzter Kraft durch den Spalt des Fensters und sah, dass Klara in ihre Kuscheldecke gehüllt, halb sitzend halb liegend, kurz vorm Einschlafen war. Ihre Augen waren von ihren müden Lidern zur Hälfte bedeckt, so dass sie unmittelbar vor ihrer Reise ins Land der Träume stand.
Eilig lief der kleine Kuss zu ihr herüber, kroch zu ihrem Ohr und flüsterte ihr ein sanftes: „Gute-Nacht!“ hinein.
Ein müdes Lächeln breitete sich auf Klaras rosa gefärbten Wangen aus, auf denen sich der kleine Kuss mit einem Schmatzer niederließ und zusammen mit ihr im selben Augenblick einschlief.

 

 

 

 

 

Der Apfelbaum

 

       Jeder Wunsch, ist er erst erfüllt, weckt augenblicklich neue Wünsche. Der Legende nach wurden selbst Adam und Eva ob ihrer kecken Wünsche aus dem Paradies vertrieben. So wäre es eines Tages beinahe auch unserem Freund Joschka ergangen.
       Es geschah an einem sonnigen Sommertag. Große weiße Wolken zogen über den Himmel.  Ein kleiner Bach schlängelte sich durch die Wiesen, vorbei an einem Hügel, auf dem ein uralter Apfelbaum stand. Seine Rinde war von tiefen Rissen durchfurcht, und seine weit ausladende Krone schützte vor den gleißenden Strahlen der Sonne. Dort, im Schatten des Apfelbaums lag Joschka, ausgestreckt auf dem Rücken, die Arme unter dem Kopf verschränkt. Müde vom Spiel blinzelte er verschlafen in das Blätterdach. Die Äpfel, die aus dem Laub hervorlugten, waren noch nicht reif, aber ihre Zahl versprach eine reiche Ernte. Vergeblich versuchte Joschka, sie zu zählen. Es waren zu viele, als daß seine zehn Finger gereicht hätten. Die Wärme hatte ihn durstig gemacht, und das Wasser lief ihm im Munde zusammen. Er dachte, die Äpfel könnten ihm helfen, seinen Durst zu stillen. Erwartungsvoll erhob er sich auf die Zehenspitzen und schüttelte die Zweige des Baumes. Ein Apfel fiel ins Gras. Joschka hob ihn auf und biß herzhaft hinein. Doch, oh weh! - der Apfel war madig und faul.
           Der alte Apfelbaum hatte Joschka bemerkt. Eine leichte Brise bewegte seine Blätter, und Joschka hörte ihn flüstern: „Ein jedes Ding im Leben hat seine Zeit.“ - Joschka staunte, denn er hatte nicht gewußt, daß der Apfelbaum sprechen konnte. Damit ihm kein Wort entging, verhielt er sich ganz still, und der Apfelbaum fuhr fort: „Früchte, die vorzeitig reifen, sind oft madig und faul. Hüte deine Träume, denn ihre Erfüllung hält nicht immer, was sie versprechen“. - Der Apfelbaum verstummte. Der Schlaf hatte Joschka entführt. Durch seine geschlossenen Lider schimmerte ein mattrotes Licht. Aus diesem Licht trat eine Fee. „Joschka“, flüsterte sie, „ich gewähre dir drei Wünsche. Die sollen in Erfüllung gehen. Doch überlege gut, denn die Versuchung ist groß und es könnte leicht geschehen, daß alle Wünsche vertan sind, ehe du dich versiehst“. Damit verschwand die Fee.
          Joschka überlegte: Schon immer hatte er sich geärgert, daß ihn sein älterer Bruder wie ein kleines Kind behandelte, nur weil er noch nicht zur Schule ging. Deshalb wünschte er sogleich, ein Schulkind zu sein. Wie versprochen ging der Wunsch alsbald in Erfüllung. Draußen war herrliches Wetter. Aber Joschka saß schwitzend auf der Schulbank. Sehnsüchtig schaute er durchs Fenster und träumte sich auf die grüne Wiese, wo seine Altersgefährten am Bach und spielten. Doch er tröstete sich mit dem Gedanken, daß er noch zwei Wünsche frei habe. Er saß, den Kopf in die Hand gestützt, und überlegte. Das Leben seines Lehrers erschien ihm begehrenswert. Der war immer fröhlich und wußte anscheinend alles, was ein Mensch wissen muß. So wünschte er sich denn, daß die Schulzeit zu Ende und er anstelle seines Lehrers sei. Wie gehabt, der Wunsch ging sofort in Erfüllung. Nun mußte er die Kinder lesen und schreiben lehren, und auch sonst gab es vieles, was die Kinder noch nicht wußten. Doch jetzt bemerkte Joschka, daß ihm die Dinge, nach denen ihn die Kinder fragten, selbst noch fremd waren. Die Wissbegier seiner Schüler brachte ihn in arge Bedrängnis. In seiner Not fiel ihm sein Großvater ein. Der war stets heiter und wußte viele interessante Geschichten zu erzählen. Nun wollte auch er wie sein Großvater sein. Kaum hatte Joschka diesen Wunsch auch nur gedacht, schon saß er auf der Bank vor dem Haus und blinzelte ins Sonnenlicht. Er fühlte, wie die Wärme seinen Gliedern wohl tat. Aber als er sich erhob, mußte er sich auf einen Stock stützen, denn das Gehen fiel ihm schwer. In seinem Kopf suchte er nach einer schönen Geschichte. Doch nichts fiel ihm ein. Die Geschichten seines Großvaters waren in all den Jahren gereift, die dieser das Leben beobachtet hatte.
         Joschka wurde traurig. Er erinnerte sich an die Worte des Apfelbaums: "Alles im Leben hat seine Zeit". Die glücklichen Tage seiner Kindheit schienen für immer verloren, die drei Wünsche waren vergeben. Doch, wie es im Märchen so geht, die Fee berührte ihn mit ihrem Zauberstab. Joschka erwachte aus seinem Traum und rieb sich verschlafen die Augen. Durch Erfahrung klug nahm er sich fest vor, Seine Träume zu behüten und seine Wünsche zu bewahren bis ihre Zeit gekommen ist.

 

Der Kleine Hase

 

Rabenschwarz war die Nacht, kein Stern und auch nicht der Mond war zu sehen. Langsam zog eine graue Wolkendecke die von einem schwachen Wind getrieben wurde, übers Land hinweg. Während die Menschen die in wohlig warmen Häuser lebten, tief und fest in ihren Betten schliefen und die schönsten Träume träumten. Und so bemerkte auch niemand dass plötzlich etwas aus einer Wolke hervortrat, das winzig klein und mit bloßem Auge nicht zu erkennen war. Es handelte sich um ein kleines Schneeflöckchen dass schwerelos, ohne Hast und weiß wie eine Ballerina gekleidet, Richtung Erde hinabschwebte.
 
*
 
Ganze alleine, nur vom sanften Wind umspielt, flog das Flöckchen durch die Nacht und fing freudig an zu tänzeln. Übermütig drehte es sich um die eigene Achse, überschlug sich über Kopf, hüpfte Hoch und Runter, von Links nach Rechts und das immer und immer wieder. Solange, bis es ihm keinen Spaß mehr machte und ein Gefühl von Einsamkeit aufkam. Es wollte nicht mehr länger alleine Tanzen, sondern es sehnte sich nach seinen Brüdern und Schwestern, die hoch oben in den Wolken warteten und sich noch nicht hinaus getrauten.
Und so blickte es zu der Wolkendecke hinauf, suchte nach einem Zeichen dass endlich auch die anderen zum Tanzen kommen würden. Doch es regte sich nichts, kein Brüderchen und kein Schwesterchen schwebte herab und es schien, als ob das kleine Flöckchen alleine bleiben würde. So senkte es traurig seinen Blick,  schwebte ohne jegliche Freude weiter zur Erde hinab und bemerkte nicht, dass sich sehr wohl was in den Wolken regte.
 
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Zuerst waren es nur wenige. Nicht mehr als zwanzig Flöckchen, die sich zögernd aus den Wolken hervorgetrauten. Jedoch vermehrte sich diese Zahl rasendschnell, wagten sich immer wie mehr Schneeflocken in die Nacht hinaus und bald waren es so viele, dass man sie gar nicht mehr zählen konnte. Dabei glich kein Flöckchen dem anderen, konnte man große und kleine entdecken, wie auch welche die eher dicklich oder gar hauchdünn geraten. Und jedes trug ein anderes wunderschönes weißes Kleid, das mit einem feinen und einmaligen Muster verziert war. Doch von all dem was sich über ihm abspielte, bekam das kleine Schneeflöckchen nichts mit, da es immer noch traurig seinen Blick gesenkt hatte. Erst als ein paar seiner Brüder und Schwestern neben ihm herabschwebten, bemerkte es dass es nicht mehr länger alleine war. Vollkommen überrascht schaute es zu den Wolken hoch, sah wie immer wie mehr seiner Artgenossen zu ihm herabschwebten, und es konnte sein Glück gar nicht fassen. Endlich war sein sehnlichster Wunsch wahr geworden, musste es nun nicht mehr länger alleine tanzen. Auf einen Schlag war die ganze Traurigkeit und das Gefühl der Einsamkeit hinweggefegt, machte Platz für eine pure Freude die sich nicht in Worte fassen lässt. Quietschfidel schwebte das Flöckchen auf und ab, von hier nach dort und wieder zurück, um sich schlussendlich seinen tanzenden Geschwistern anzuschließen. Es bildete sich ein wildes Treiben, so schön und voller Lebensfreude, dass sogar die Neugierde des Mondes geweckt wurde.
 
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Ohne Mühe, schob der Mond die Wolken beiseite um einen freien Blick auf jenes ungestüme Spektakel zu erhalten. Und noch während seine strahlende Erscheinung hinter der Wolkendecke hervortrat, tauchten auch schon die ersten Sterne auf. Denn auch sie waren neugierig, wollten wissen was da draußen vor sich ging und wer da so wild und lebensfroh umhertanzte. So erschien ein Stern nach dem anderen, bis der ganze Himmel von ihnen erfüllt war und egal wo man hinschaute, überall entdecke man einen noch schöneren Stern. Da gab es welche die hell und durchdringend leuchteten, oder solche die schwach flimmerten, während andere sich einen Spaß daraus machten und sich hinter vorbeiziehenden Wolken versteckten, nur um verschmitz dahinter hervorzuschauen. Jedem einzelnen Stern, egal ob nun groß oder klein, alt oder jung, war der Schalk überdeutlich anzumerken. Doch wussten sie alle, dass der Mond sie jederzeit im Auge behalten würde und liebevoll, aber auch streng über sie wachte. Wie ein Schaffshirte der auf die Herde aufpasste, blickte der Mond auf seine Sterne herab und sorgte dafür, dass sie es nicht zu wild trieben. Zugleich, fingen alle Schneeflocken im aufkommenden Licht des Mondes und der Sterne zu glitzern an. Und so kam es, dass alle Flocken plötzlich schönsten Diamanten glichen, die schwerelos zur Erde herabschwebten.
 
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Ohne Pause schwebten immer wie mehr Schneeflocken vom Himmel herab, bis das ganze Land mit einer dicken Schneeschicht bedeckt war. Jeder Baum, von der alten großen Tanne bis hin zu der im Winter blätterlosen Eiche, wurde weiß eingefärbt. Aber auch alle Häuserdächer, egal ob krumm oder gerade, alt oder neu, wie auch die unzähligen Strassen die durch Stadt und Land führten, wurden vom Schnee zugedeckt. Auch jene große Weide, die zwischen dem dunklen Wald und einem nahe gelegenen Dorf lag, war in weißestes Weiß getaucht. Und genau unter dieser Weide lag eine kleine Höhle, die angefüllt mit Grünzeug und Blättern war und in deren Ecke, ein kleiner Hase schlief. Sein braunes Fell war buschig und aufgeplustert, wobei ein wolliges weißes Stummelschwänzchen sich leicht daraus abhob.
Den Kopf, mitsamt seiner langen Ohren, hatte der kleine Hase in seinem Fell vergraben und sich so zusammengerollt, dass er sich selber dadurch wärmte. Tief und Fest schlief er, wobei man ab und zu sogar ein leichtes Schnarchen hören konnte. Doch plötzlich erklang von außen ein Rumsen und die Erde erbebte kurz, wodurch der kleine Hase aufgeweckt wurde. Zuerst richteten sich das Linke und dann das Rechte Ohr auf, während er langsam seinen Kopf aus dem Fell hervorzog. Noch vollkommen verschlafen, die Äuglein noch halb zu, blickte er sich um und konnte sich dabei ein lang gezogenes Gähnen nicht verkneifen. Er lauschte angespannt in die Dunkelheit hinein, um herauszufinden woher dieser Knall und jene Erschütterung gekommen waren. Doch es blieb Still um ihn herum. und auch nach mehreren Minuten war noch immer nichts zu hören. So kam der kleine Hase zu dem Entschluss, dass er sich das ganze wohl nur eingebildet oder gar nur geträumt hatte. Und gerade als er sich wieder zusammenrollen wollte um weiterzuschlafen, da hörte er erneut etwas.
 
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 „Hilfe“ ertönte ein leises, sanftes und ängstlich klingendes Stimmchen. Der kleine Hase schreckt sofort auf, blickte nervös von links nach rechts, rauf und runter und auch hinter und vor sich. Doch er entdeckte niemanden, nirgends war jemand zu sehen von dem dieses „Hilfe“ stammen könnte. Er verstand die Welt nicht mehr, denn wie konnte er eine Stimme hören, wenn da ja gar niemand war? Nachdem er lange hin und her überlegt hatte, kam er abermals zu dem Entschluss dass er sich das ganze eingebildet hatte, wie auch schon den Knall und das erbeben der Erde vorhin. So beschloss er sich so schnell wie möglich wieder hinzulegen und weiterzuschlafen, wobei er sich zuerst noch einen kleinen Happen gönnen wollte. Noch immer schläfrig, hoppelte er zu dem Grünzeug und den Blättern hinüber, die er allesamt im Sommer gesammelt hatte und die ihm nun als Winternahrung dienten. Kaum war er dort angekommen, biss er beherzt in ein nicht mehr ganz grünes Blatt hinein und knabberte genüsslich dran rum. Und gerade als er die vorangegangenen Erlebnisse fast schon vergessen hatte, ertönte abermals jenes „Hilfe“ und diesmal klang es noch ängstlicher als zuvor.
 
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Nun war sich der kleine Hase sicher. Er hatte sich das ganze nicht eingebildet und ein Traum war es auch nicht gewesen, denn für das hatte er dieses „Hilfe“ nun zu klar und deutlich gehört. Doch konnte er sich immer noch nicht erklären von wem dieser Hilferuf stammte, wobei er sofort angestrengt und konzentriert darüber nachzudenken begann. Er brauchte eine Weile, bis ihm endlich die Antwort in den Sinn kam dass jener Hilferuf wohl von außerhalb kommen müsste. Denn wenn ja niemand anders in seiner Höhle war, er aber dennoch eine Stimme hörte, dann kann ja jene nur von draußen kommen. Über diese Leistung, dass er die Antwort auf dieses Rätsel gefunden hatte, war der kleine Hase so Stolz dass er sich als Belohnung nochmals einen ordentlichen Bissen von seinem Grünzeug genehmigte. Gleichzeitig fragte er sich, ob es wohl klug sei hinauszuhüpfen und nachzusehen wer da um Hilfe rief. Wobei ihm bei diesem Gedanken nicht ganz wohl war, denn noch nie hatte er sich im Winter hinausgetraut. Auf der anderen Seite, brauchte da jemand seine Hilfe und er könnte doch einen Hilferuf nicht einfach Ignorieren, da er selber auch dankbar um Hilfe in der Not wäre. So schwankten die Gedanken des kleinen Hasen hin und her, bis er sich selber davon überzeugt hatte, dass er mal raushoppeln würde um nachzuschauen. Und kaum hatte er diesen Entschluss gefasst, da hoppelte er auch schon geschwind los und verließ seine kleine Höhle.
 
*
 
Nachdem er durch einen langen, schmalen und dunklen Gang gehoppelt war, kam der kleine Hase zu einer Öffnung, die ihn nach draußen führte. Und kaum war er draußen auf der großen Weide angekommen, blieb er verdutzt stehen und blickte sich erstaunt um. Egal wo sein Blick auch hinfiel, überall sah er nur eine weiße Schneepracht und diese war so schön, dass er es einfach nicht fassen konnte. Nie hätte er sich gedacht dass der Winter solch ein schöner Anblick sei, dass der Schnee so schön im Mondenlicht glänzen würde und dass Abermillionen von Schneeflocken, so leicht wie eine Feder vom Himmel schweben könnten. Er war von diesem Anblick so überwältig, dass er sogar jedes Gefühl des Kalthabens vergaß, und dies obwohl es in dieser Nacht doch sehr Kalt war. Erst als er etwas bemerkte dass er so
nicht kannte, schreckte der kleine Hase auf und wandte seinen Blick von der Winterlichen Pracht ab. Denn zu seinem großen entsetzen, musste er feststellen dass Rauch aus seiner Schnauze, also seinem Mund und auch aus seiner Nase emporstieg. Das beunruhigte ihn so sehr, dass er nervös im Kreis zu hüpfen begann und schielend auf seine Schnauze herabblickte. Er musste unbedingt herausfinden wieso Rauch daraus hervorkam, wobei ihm plötzlich der schreckliche Gedanke kam dass er wohl brennen würde! Sofort wurde es dem kleinen Hasen Angst und Bange, hüpfte er noch wilder und voller Panik im Kreis herum und suchte verzweifelt nach einer Lösung für dieses Problem. Da kam ihm die Idee, dass er seine Schnauze in den Schnee stecken könnte, um somit das vermutete Feuer zu löschen. Und da ihm nichts Besseres einfiel, setzte er diese Idee auch sofort in die Tat um und steckte seine Schnauze kerzengerade in den Schnee hinein. Im selben Augenblick, zog er sie jedoch erschrocken wieder heraus und fing mit seinen Pfötchen wild daran zu reiben an. Vor lauter Panik hatte er nämlich vergessen, wie kalt der Schnee doch war und dass seine Schnauze darin sofort gefrieren würde. So stand er also da, am ganzen Körper zitternd, seine vollkommen gefrorene Schnauze mit den Pfoten warm reibend, und immer noch stieg jener merkwürdige Rauch aus seinem Mund und seiner Nase empor.
 
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Es verging eine ganze Weile, bis der kleine Hase nicht mehr so stark zitterte und sich seine gefrorene Schnauze von der Kälte des Schnees erholt hatte. Diese Zeit nutzte er um über den Rauch, der immer noch ungehindert aus seinem Mund und seiner Nase emporstieg, nachzudenken. Er kam zu der Feststellung dass seine Schnauze wohl nicht brennen würde, da er ansonsten Schmerzen haben müsste und dass hatte er ja schließlich nicht. Also müsste es wohl eine andere Erklärung für diesen Rauch geben, der an diesem Abend so zum ersten Mal aus seiner Schnauze herauskam. Nach längerem Nachdenken, fand er endlich die Antwort dass es sich dabei wohl um seinen Atem handelte, der in der kalten Winterluft als Rauch oder besser gesagt als Dampf, sichtbar wurde. Und da er noch nie im Winter draußen gewesen war und so was im Sommer nicht vorkam, war es nun klar wieso er so was noch nie erlebt hatte. Kaum hatte er sich diese Frage selber beantwortet, da machte sich in ihm eine unglaubliche Erleichterung breit und er war froh darüber, dass seine Schnauze nun doch nicht in Flammen stand. Doch da kam ihm plötzlich wieder dieser Hilferuf in den Sinn, wegen dem er ja nach draußen gehoppelt war und den er vor lauter Aufregung, vollkommen vergessen hatte. Fragend und Suchend blickte sich der kleine Hase um, schnüffelte mit seiner leicht rosaroten Nase am Boden herum und fand dennoch keine Spur. Er wusste nicht, ob der Hilferuf aus dem dunklen Wald oder dem nahe gelegenen Dorf gekommen war. So stand er ratlos da, bis wieder dieses ängstlich klingende „Hilfe“ erklang und ihm ganz klar den Weg wies. Denn dank seines guten Gehörs, war der kleine Hase nun überzeugt davon dass jener Hilferuf aus dem dunklen Wald gekommen war.
 
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Mit lang gezogenen Hüpfern, hoppelte der kleine Hase Richtung des Waldes, wobei er sich weder vom Schnee noch von der Kälte aufhalten lies. Er war fest dazu entschlossen, endlich zu erfahren von wem oder was diese ängstlichen Hilferufe stammten. So war er dann auch schon bald an der Grenze angekommen, bei der die große Weide endete und der dunkle Wald begann. Ohne zu zögern oder sich von den großen und hoch in den Himmel hinaufragenden Bäumen zu fürchten, hüpfte er einfach so geradeaus weiter. Immer wie tiefer kam er in den Wald hinein, hoppelte an unzähligen blätterlosen Bäumen vorüber, die im dunklen der Nacht bedrohliche Schatten warfen. Doch diese machten dem kleinen Hasen keine Angst, denn er wusste dass jene Bäume, die im Winter keine Blätter im Geäst hatten, im Frühling und im Sommer dafür umso schöner anzuschauen waren. Auch wusste er, dass kein Baum einem was tun könne, auch wenn er noch so bedrohlich und unheimlich ausschaute. Von daher hüpfte er
unbeirrt weiter, bis er auf eine Lichtung kam an deren anderen Ende, sich neben einem Baum ein großes Loch befand. Daraus war ganz deutlich ein rascheln und stöhnen zu hören, so als ob sich etwas oder jemand darin befinden würde. Da der kleine Hase die Vermutung hatte, dass wohl jenes etwas für diesen nächtlichen Hilferuf verantwortlich war, beschloss er sich vorsichtig heranzuschleichen und nachzuschauen. Ganz leise, ohne einen Mucks von sich zu geben, setze er eine Pfote nach der anderen und schlich mit eingezogenen Ohren und in gebückter Haltung über die Lichtung. Kaum war er beim Loch angelangt, hob er langsam seinen Kopf und linste behutsam hinein. Und was er da erblickte, was sich da unten im Loch befand, dass überraschte den kleinen Hasen über alle Massen.

 

Wir sind ihm nicht egal!

Der weiße Schwan schwimmt majestätisch im Wasser, jetzt legt er den Kopf schief und beäugt die Menschen die auf der Seeterrasse des Restaurants sitzen. Magdalena beobachtet die Sonnenstrahlen die über die Wellen tanzen und einen funkelnden Lichtteppich zaubern, dabei hört sie ihrer jungen Nichte zu. Vroni erzählt ihrer Tante vom vergangenen Schuljahr im neuen Gymnasium. Sie hat Freunde gefunden, der Schulunterricht war spannend und interessant. Geradezu schwärmerisch spricht sie vom Klassenvorstand der für ihre Sorgen und Nöte immer ein offenes Ohr hatte. “Er ist ein ganz toller Typ, schade, dass du ihn noch nicht kennen gelernt hast,“ sagt Vroni leise. Jetzt sieht das junge Mädchen auf den See und in ihren Augen liegt eine tiefe berührende Mutlosigkeit. Magdalena legt behutsam die Hand auf Vronis Arm.
Plötzlich springt Vroni auf und winkt einem jungen Mann. Er kommt zu ihnen und fragt höflich, ob er sich zu ihnen setzen darf. Vroni stellt den Fremden vor:“ Magdalena, mein Klassenvorstand Andreas Weninger.“
Das Gespräch kreist bald um spannende Ferienerlebnisse. Da läutet Vronis Handy und sie verlässt die Seeterrasse. Andreas und Magdalena sehen dem hübschen Mädchen mit den langen, braunen Haaren nach. Dann beginnt der junge Professor zu sprechen:“ Veronika war in der Schule eine aufmerksame Schülerinnen.
Durch ihre begeisterte und hilfsbereite Art ist sie in der Klassengemeinschaft sehr beliebt.
Nur manchmal mache ich mir Sorgen um das Mädchen. Sie wirkt ab und zu so abwesend und dann ist diese Mutlosigkeit und Verzweiflung in ihren Augen.“
„Veronika hat ihren Vater sehr geliebt. Sie vermisst ihn sehr und es ist schwer seinen Verlust zu verkraften,“ versucht Magdalena zu erklären.“
„Verlust?“ Andreas sieht sie fragend an.
„Christian ist vor einem Jahr mit dem Motorrad tödlich verunglückt.“ Magdalena blickt schweigend auf den See.
„Warum,“ fragt Andreas leise.
„Christian liebte sein Motorrad. Er war ein vorsichtiger und überlegter Fahrer und trotzdem geschah dann der Unfall. Mein Bruder war ein wunderbarer Mensch und er liebte seine Familie.,“ jetzt wendet sich Magdalena zu dem jungen Mann und sagt beunruhigt:“ Es tut mir leid, jetzt habe ich ihnen den schönen Tag verdorben.“
„Er kannte die Gefahr und zurück bleibt eine zerstörte Familie. Doch ich bin froh, dass ich weiß, was Vroni fehlt. Es ist für mich sehr wichtig die Nöte meiner Schüler zu kennen, dann kann ich helfen und verstehen,“ antwortet Andreas nachdenklich.
Vroni taucht wieder auf, sie entschuldigt sich für ihre lange Abwesenheit.
Plaudernd sitzen sie noch eine Weile beisammen dann verabschiedet sich Andreas.
„Nun was sagst du,“ neugierig stellte Vroni ein wenig später diese Frage. „Ich muss dir zustimmen, dein Klassenvorstand ist wirklich ein feiner Kerl,“ antwortet Magdalena anerkennend.
„Unser Wenisch, so nennen ihn alle Schüler, ist ehrlich, er hält sein Wort und er nimmt uns ernst, es ist ihm
nicht egal wie es uns geht!“ Jetzt lächelt das junge Mädchen und dann sieht
sie ihre Tante bettelnd an:“ Bitte komme mit, das Schiff der Seerundfahrt
fährt gleich ab.“

 

 

Die kleine Maus

 

Es war einmal eine kleine Maus. Sie lebte mit ihrer Mutter in einer kleinen Höhle am Waldrand, neben einer Kirche. Eines Tages sagte die Mutter zu der kleinen Maus:
„Morgen gehe Oma und ich in die große Stadt. Wenn Du aufwachst werden wir schon fort sein. Aber wir sind zurück wenn es dunkel wird.“
Den ganzen Tag allein zu sein fand Mausi gar nicht toll. „Bringt Ihr mir denn etwas aus der Stadt mit?“ fragte sie mit erwartungsvollen Augen.
„Ja“, sagte die Mutter, „aber wehe Du gehst in den Wald! Dort wohnen nämlich der Fuchs und die Eule, und die essen kleine Mäuse am liebsten zum Mittag.“
 
Am nächsten morgen wachte Mausi alleine in der Höhle auf. Nach ein Paar Brotkrümeln zum Frühstück spielte sie mit ihren Spielzeugen in der Höhle. Am Mittag tollte sie mit ihrem Freund, dem Igel, umher.
Der Tag verging wie im Fluge. Und plötzlich war es Abend. Die Kirchturmuhr schlug sechsmal. BIM-BAM, BIM-BAM, BIM-BAM, BIM-BAM, BIM-BAM, BIM-BAM. Die Sonne ging schon langsam unter, doch ihre Mutter war noch nicht zurück.
Mausi überlegte was sie nun tun sollte. Da fiel ihr ein, das man vom Kirchturm bestimmt einen tollen Ausblick haben musste. Von dort oben musste man doch sehen können, ob Mama oder Oma zurückkommen.
 
Die kleine Maus musste sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen die alte Kirchentür werfen, um sie einen spalt zu öffnen. Mit lautem Quietschen öffnete sie sich. KNIRSCH-RUMMS! Die Tür viel hinter der kleinen Maus zu.
Nun lagen 125 Stufen vor ihr. Doch wenn Sie ihre Mama finden wollte, musste sie dort hinauf. Als Mausi oben ankam, war es schon dunkel, und sie konnte nichts mehr erkennen. Traurig machte sich die kleine Maus wieder auf den Weg nach unten.
Als sie die Stufen gerade zur Hälfte hinter sich gelassen hatte, schlug die Kirchturmuhr halb sieben. BIM-BAM! Durch die Glocken wurde die kleine Maus so erschreckt, dass sie den Rest der Stufen hinunter purzelte. Mit Anlauf warf sie sich wieder gegen die Kirchen Tür, und rannte hinaus.
Als sie in ihrem Bettchen lag und auf ihre Mutter wartete, schlug Mausis Herz ihr noch immer bis zum Hals.
Irgendwann muss sie wohl eingeschlafen sein. Und als sie am nächsten Morgen ihre kleinen Äuglein öffnete, stand ihre Mutter vor ihr. „Es tut mir leid, dass ich so spät gekommen bin, mein Schatz. Aber wir hatten leider den Mäuse-Express verpasst.“ Wie versprochen hatte die Mutter Mausi auch etwas mitgebracht. Und beim  nächsten Mal darf Mausi gemeinsam mit ihrer Mutter und Oma in die große Stadt.

 

Vom Engel, der Anders war

Wie ein jeder weiß, haben Engel nach allgemeinem Verständnis die Aufgabe, sich als Schutzengel für den ihnen zugeteilten Menschen nützlich zu machen.
So ein Engel war auch Anders.... Doch wie sein Name schon verrät, war er anders, als man sich einen Engel gemeinhin vorstellt.
Anders war zuständig für die kleine Marie. Marie war vom ersten Lebenstag an ein höchst eigenwilliges Persönchen. Wie hätte es auch sonst sein sollen, wenn Anders ihr Schutzengel war... Man kann sich wohl vorstellen, dass Anders und Marie vorzüglich zusammenpassten!
Schon als Marie in der Wiege lag, hatte Anders alle Hände voll zu tun. Nicht nur, dass er mindestens 2x täglich verhindern musste, dass Marie mitsamt der Wiege umkippte, weil sie nicht wie andere Babys brav darin schlief; er musste gleichzeitig auch dafür sorgen, dass sie sich nicht in ihre Zudecke einwickelte und den Vorhang über der Wiege herunterriss. Anders löste das Problem, indem er mit seiner Harfe flotte Lieder über ihrer Wiege spielte, denen sie dann mit einem fröhlichen Lachen zuhörte. Die Eltern, die Anders natürlich nicht sehen konnten, wunderten sich in dieser Zeit oft, warum das Kind so fröhliche Laute in seiner Wiege von sich gab.
Anders war nach solchen Tagen oft fix und fertig...völlig ermattet sank er auf seiner Wolke nieder, wenn Marie einmal für ein Weilchen eingeschlafen war, vergaß aber nie, den Überwachungsalarm anzustellen, damit er im Notfall gleich zur Stelle sein konnte.
Als Marie anfing mit dem Laufen, waren die Tage für Anders noch anstrengender, wie man sich unschwer vorstellen kann. Anders flog ohne Pause den halben Tag im Zickzack durch die Wohnung, um Marie vor Stürzen und Zusammenprallen mit Tischkanten und Türpfosten zu bewahren. Nicht immer war er schnell genug und Marie trug trotz allem einige Beulen davon. Gemessen mit den Möglichkeiten der Unfälle hatte er aber immer noch ein großes Erfolgskonto - von 10 Beulen verhinderte er 8, und das ist doch ein guter Schnitt, nicht wahr?
An ihrem 3. Geburtstag jedoch, da wollte Anders seinen Job kündigen - auch ein Schutzengel kommt mal an die Grenzen seiner Möglichkeiten und Anders war an diesem Tag so verzweifelt, dass er sich am Abend um eine Stelle im himmlischen Harfenorchester bewarb! Und das kam so:
Marie erwachte, wie immer, recht früh an diesem Tag und sie spürte die knisternde Atmosphäre dieses Tages sofort. Freudig hüpfte sie aus ihrem Bett und ins Wohnzimmer, wo die Mutter schon den Geburtstagskuchen auf dem Tisch aufgestellt hatte und die Geschenke bunt darum verteilt hatte. Anders trällerte im Hintergrund ein Liedchen und begleitete es mit seiner Harfe, um Marie in friedlicher Stimmung zu erhalten. Doch er hätte sie inzwischen besser kennen müssen...aber ein Engel gibt die Hoffnung ja nie auf.
Marie packte zuerst das größte Paket aus...ein hübsches kleines Fahrrad kam zum Vorschein. Anders verschluckte sich fast vor Schreck - er ahnte, dass dieses Fahrrad ihm viel zusätzliche Arbeit bescheren würde! Marie ließ ihm gerade noch 5 Minuten Zeit, einige Vorkehrungen zu treffen, während sie die anderen Geschenke auspackte, die ungefährliche Dinge beinhalteten wie Bilderbücher, Anziehsachen und einen neuen Teddy. Dann kletterte sie auch schon aufs Fahrrad und versuchte, in dem kleinen Wohnzimmer damit eine Runde zu fahren...was natürlich nicht so einfach war. Anders verteilet in Sekundenschnelle vor allen Schränken seine Luftkissen, doch er war nicht schnell genug...und schon hörte er einen lauten Knall und sah Marie neben dem Fernseher auf dem Boden liegen, das neue Fahrrad daneben. Er pustete kräftig an ihre Stirn, auf der sich schon eine große Beule abzuzeichnen begann......und Maries Mama half beim Pusten und holte einen Eisbeutel für die Beule. Marie weinte jedoch nicht lange; zwei Minuten später saß sie wieder auf dem Rad, doch die Mutter überzeugte sie, erst zu frühstücken um dann anschließend im Freien weiter zu üben. Pause....dachte Anders, und wollte sich gerade etwas ausruhen, als er sah, dass Marie versuchte, sich von der Fleischwurst ein schönes Stück abzuschneiden - im letzten Moment schaffte er es, die Klinge etwas nach rechts zu drücken...haarscharf an Maries linkem Zeigefinger vorbei. Weil Marie Fleischwurst liebt, musste Anders diese Übung genau 5x hintereinander leisten... Fast freute er sich schon auf das Radfahren nach dem Frühstück...
Während Marie sich die Schuhe anzog, packte Anders seine Luftpolster ein, die er sicher brauchen würde und wartete schon mal an der Tür. Fast wäre er überfahren worden, als Marie das Fahrrad an ihm vorbei schob - zum Glück rettete er sich noch schnell mit einem Sprung auf die Seite. Doch der Moment der Unachtsamkeit war schon zu viel - schon stolperte Marie mitsamt dem Fahrrad über die Türschwelle und purzelte die zwei Treppenstufen vor der Haustüre hinunter. Gerade in allerletzter Sekunde gelang es Anders, ein Luftkissen unter Maries Kopf zu schieben, damit nicht eine weitere Beule dort entstehen würde...aber sie begann dennoch furchtbar zu schreien. Anders hatte nicht verhindern können, dass sie sich den Fuß verknackste und nun weinend neben ihrem Fahrrad stand. Die Mutter nahm sie tröstend in den Arm und Marie hörte bald wieder auf zu weinen - aber die Lust am Fahrradfahren war ihr vorerst auch vergangen. Sie humpelte zu ihrer Schaukel im Garten und Anders stützte sie dabei mit aller Kraft. Dann stellte er sich achtsam neben der Schaukel auf... Die nächsten 10 Minuten verliefen ruhig; Marie schaukelte langsam und brav, wie es sonst nur besonders artige Kinder tun. Anders stupste die Schaukel in gemächlichem Tempo immer wieder an und hoffte, dass Marie dort lange so ruhig sitzen bliebe. Doch wir kennen Marie inzwischen - sie dachte schon über den nächsten Schabernack nach!
Plötzlich hüpfte sie von der Schaukel, das Humpeln war fast schon vergessen und sie wollte gern schauen, ob ihre Gäste vielleicht schon kämen. Doch der Garten war von einer Hecke eingefasst, die unter anderem verhindern sollte, dass kleine Mädchen einfach davon laufen können... Als Anders Maries Blick auffing, ahnte er Schlimmstes - und schon sah er sie auch gezielt in Richtung des Apfelbaumes marschieren, der ihr offenbar eine gute Aussicht über die Hecke versprach. Anders wurde nervös... wo war nur wieder diese Mutter, die ihm ja wenigstens beim Aufpassen helfen könnte... weit und breit sah er sie nicht, weil sie in der Wohnung dabei war, den Kaffeetisch für Maries Party zu decken.


 

Ein Rehkitz hat sich verlaufen

Die Mutter von dem Rehkitz hatte immer gesagt, dass es nicht alleine weg soll. Aber das Rehkitz wollte nicht immer nur zuhause rum springen, es wollte die Welt ansehen. Eines Tages war die Mutter mal kurz weg, da dachte das Rehkitz : "Ich kann die Zeit nutzen und mal weg gehen." Und schwups, da war das Rehkitz schon weg. Da traf es den Specht, der fragte das Rehkitz: "Wo willst du hin?"
"Ich will mir die Welt ansehen." sagte das Rehkitz. Der Specht sagte: "Die Welt ansehen?" "Ja", sagte es. "Die Welt ist groß." sagte der Specht. "Pass nur auf, dass dich die Jäger nicht finden! Sie schießen auf dich." Das Rehkitz fragte: "Was sind Jäger? Und was ist schießen?" Der Specht sagte: "Das ist schwer zu erklären. Du wirst es noch merken." Und es ging weiter.
Da traf es den Hasen. Der sagte: "Hallo Rehkitz!" "Hallo Hase!" Der Hase fragte auch: "Rehkitz, wo willst du hin?" Es sagte: "Ich sehe mir die Welt an." Und ging weiter.
Da kam es zu einem Maulwurf, den fragte es: "Herr Maulwurf ,hätten sie vielleicht einen Schlafplatz für mich?" Der Maulwurf antwortete freundlich: "Aber ja, komm nur herein in die gute Stube, ist nicht das Beste, aber als Schlafplatz reicht es dicke." Am nächsten Morgen wachte das kleine Rehkitz verschlafen um 7.00 Uhr auf , aß sein Butterbrot und ging. Da wusste es nicht mehr, was die richtige Richtung war. Und es stellte sich auf einen Stein, sah in alle Richtungen, doch es fand den Weg nicht mehr. Dann ging es in den Wald. Und auf einmal hörte es Schüsse. Ein Jäger versuchte das kleine Rehkitz zu erschießen. Jetzt wusste das Rehkitz was Jäger sind und was schießen ist. Es rannte so schnell es konnte weiter aus dem Wald. Da kamen 3 Kinder. Sie sollten Pilze sammeln. Als sie das Kleine Reh entdeckten, liefen sie langsam auf es zu. Als sie bemerkten, dass es harmlos ist, nahmen sie es auf die Schultern und trugen es durch den Wald. Sie gaben ihm ein paar Pilze und das Reh aß sie alle auf. Die Kinder kamen endlich zuhause an . Sie bauten dem Reh einen Stall und das Rehkitz lebte bei ihnen glücklich und zufrieden bis an sein Lebensende.


 

Das Skribit

 

 
 
 
 
 
 
Das kleine Skribit ist ein, man könnte sagen Tierchen oder auch sonderbares Wesen, aber das liegt im Auge des Betrachters. Es lebt in kleinen Löchern unter der Erde; es wurde aber auch von einem Schüler, der gerade am einschlafen war, hinter einem Regal entdeckt. Dieser Schüler behauptete steif und fest es gesehen zu haben, aber seine Mitschüler glaubten ihm natürlich nicht. Er beschrieb es als schwarzes unheimliches Wesen mit spitz abstehenden Haaren rings um den Körper. Es hatte große Augen, jedoch keine Nase und keinen Mund. Und irgendwo an diesem, man könnte sogar schon sagen „Fellball“, waren noch winzige Beinchen und Ärmchen versteckt. Er vermutete aber, dass sich der Mund unter seinen Haaren verbarg, doch da war er sich nicht so sicher.  Seit dieser Unterrichtsstunde, war er in der Schule immer hellwach und hielt Ausschau  nach diesem sonderbaren Wesen. Doch er sah das kleine Skribit nicht mehr. Er meinte zwar öfters noch einen Schatten gesehen zu haben, aber er zweifelte mit der Zeit schon daran.
 
Eines Morgens schlüpfte das kleine Skribit, man weiß nicht ob es böse oder gutmütig ist, aus einem Loch in der Erde. Es schaute sich um und fand sich auf einem Schulhof in einem Beet wieder. Sogleich fiel sein Blick auf einen randvollen Mülleimer. Es trippelte ganz schnell zu ihm hin und huschte blitzschnell hinein. Von außen hörte man nur ein leises Kruschpeln, während das kleine Skribit genüsslich in ein weggeworfenes Salami-Käsesandwich biss.
Gerade wollte es hinaus klettern, da schellte auf einmal die Schulglocke. Alle Kinder rannten aus dem Schulgebäude heraus, geradewegs auf den Schul-hof. Nun hatte das Skribit keine Chance mehr ungesehen aus seiner Speisestätte zu entfliehen. Gerade wollte es über den Mülleimerrand hinüber blinzeln, um zu sehen, ob es nicht doch einen Ausweg aus diesem „Gefängnis“ gab, da traf ihn ein Stück Apfel, das gerade ein Kind weggeworfen hatte. Das kleine Skribit purzelte bis nach ganz unten im Mülleimer und überlegte nun, wie es wohl doch noch fliehen konnte. Doch der Zufall ergab es, dass genau in diesem Moment ein kräftigerer Junge gegen den Mülleimer geschupst wurde. Zunächst erschrak das Skribit wegen dieser, für das kleine Wesen äußerst starken Erschütterung, doch dann bemerkte es, dass der Mülleimer sich durch das Gewicht des Jungen verschoben hatte und ein kleines Loch entstanden war, durch das es sich hindurchquetschen konnte. Es schaute sich noch einmal um, damit ihn auch keiner der Schüler sah und kletterte aus dem Loch, den Eimer hinunter.  Mit winzigen Schritten rannte das kleine Wesen in einen Busch und war froh, dass es doch noch entfliehen konnte. Nun, da es sich in Sicherheit fühlte, wagte es noch einmal einen Blick auf den Schulhof. Es schaute sich um und schien einen bestimmten Punkt zu fixieren. Das kleine Skribit starrte geradezu auf etwas. Es war der Schüler, genau derjenige Schüler, welcher ihn schon einmal gesehen hatte. Vor längerer Zeit in einem Klassenzimmer. Dieser Schüler, der nicht mehr daran geglaubt hatte das Skribit jemals wieder zu sehen, stand nun auf dem Schulhof und starrte genauso auf das kleine Skribit, wie das Skribit den Schüler ansah. Als der Schüler gerade auf das Skribit zugehen wollte, schellte wieder die Schulglocke und das Skribit rannte davon. 
Seitdem sah dieser Schüler das kleine Skribit nie wieder. Seine Mitschüler glaubten ihm zwar trotzdem nicht, dass er ein kleines schwarzes Wesen gesehen hatte, doch er glaubt bis heute daran, das das Skribit existiert und das es nun in irgendwelchen anderen Schulen sein Unwesen treibt.

 

Lernen

 

 

 

 
 
 
 
Ich habe nie Lust zu lernen…
Doch muss ich es, denn ich will nicht versagen. Aber es macht keinen Spaß. Man schiebt immer was Anderes voraus das mehr Spaß macht… z.B. am Computer sitzen oder Fernseher gucken oder irgend etwas Anderes, was mehr Spaß macht…bis einem dann kurz vorher einfällt: „Ach da war doch noch was, jetzt hab ich vergessen zu lernen!“  Keiner lernt gerne, jedenfalls fast keiner, aber jedenfalls nicht ich. Ich kann mir solche Sachen wie Biologie, Englisch, Erdkunde usw. nicht so gut merken. Irgendwelche anderen Sachen schon, aber so was nicht. Manchmal kann es natürlich sein, dass ich gut gelernt habe und dann vielleicht ne 3 oder so heim bringe oder besser, aber wahrscheinlich eher nicht. Weil ich eben bei solchen Sachen vergesslich bin. Das ist nicht so hilfreich, wenn man lernen soll und dann einen Test darüber schreibt und man dann, nur weil man vergesslich ist, nicht viel beantworten kann. Es kann aber natürlich auch sein, dass wenn man nicht lernt, sondern es sich nur durchliest und dafür gut im Unterricht aufgepasst hat, oder auch nicht, dass man dann trotzdem noch eine gute Note bekommt… Man muss einfach lernen, sonst schreibt man vermutlich nicht so gute  Noten und bleibt vielleicht sogar sitzen.
 
 

Ratschläge für einen schlechten Lehrer

Du hast dich also entschlossen, Lehrer zu werden. Du Trottel! Aber wenn du schon nicht genug von der Penne kriegen konntest, dann beherzige wenigstens die folgenden Ratschläge, um dir und deinen Schülern in den kommenden 30 Jahren etliche Psychosen zu ersparen.
Wenn du in die Klasse kommst, reiß erstmal das Fenster auf und mache eine Bemerkung über das schöne Wetter. So wird allen klar, dass sie eigentlich überall lieber wären als hier. Dann fange mit dem Unterricht an.
Es gibt viele, die behaupten, Lehrer zu sein, sei die Kunst, Leuten was zu erzählen, das sie gar nicht wissen wollen. Das stimmt, aber der Trick dabei ist, dass die Schüler so gerade eben nichts verstehen dürfen. Sonst verlierst du ihren Respekt. Um das zu erreichen, gibt es ein paar ganz einfache Sachen, die es zu beachten gilt.
Steht ein völlig neues Thema an, gib es grundsätzlich erst als Hausaufgabe auf. Schüler lieben es, sich auf diese Weise die Nachmittage um die Ohren zu schlagen. Wenn in der nächsten Stunde keiner was rausgekriegt hat, dann sag einfach folgenden Satz: "Ihr hättet euch ja mal in der Bibliothek informieren können, und im Internet gibt es dazu auch ne Menge Infos." Damit bist du aus dem Schneider, weil dir niemand widersprechen kann. Außerdem hast du das Wort "Internet" benutzt. Das unterstreicht die Multimedialität deines Unterrichts. Internet? Ja, das ist dieser komische neumodische Kram, von dem jetzt alle reden. Eigentlich weiß ja niemand so genau, was das ist, aber was soll's? Vor zweitausend Jahren hat man so einen Kram ja auch nicht gebraucht. Anschließend setzt du mit der wurschtelnden Methode das fundierte Nichtwissen der Schüler zu einem großen Halben zusammen.
Komme hierbei nie sofort zur Sache und erkläre alles klipp und klar. Dann durchschauen die Schüler ja, wie einfach eigentlich alles ist. Dein Ziel muss es bleiben, dein Fach so darzustellen, als sei es etwas Geheimnisvolles.
Dein Fach gehört den Fachleuten und keinem anderen. Um das klarzumachen, benutze so viele Fachausdrücke wie möglich. Benutze beispielsweise nie ein Wort wie "Dreieck". Das ist zu trivial. Nimm lieber: "Planimetrisches irreguläres n-Eck mit n = 3". Und sofort weiß keiner, was gemeint ist.
Mache immer verwirrende Tafelbilder, in denen von Anfang an ein Fehler steckt. Schließlich musst du ja wissen, ob die Schüler aufpassen. Wenn dann so gerade eben alle mit Mühe und Not wenigstens in Ansätzen...gar nix kapieren, dann enthülle den Fehler um das Chaos perfekt zu machen. Diese Methode des indifferenten Konjunktivs wurde von einem großen Philosophen begründet: Handle stets so, dass die Maxime deines Willens eine Katastrophe verursacht und das Universum ins totale Chaos stürzt.
Wenn auch das nichts hilft und deine Klasse doch dahinter kommt, was du eigentlich erzählen willst, dann gilt das Motto: "Wo wir grad' mal beim Thema sind, können wir ja mal davon abschweifen." Es gibt doch mit Sicherheit irgendeine faszinierende Anekdote, die man gerade erzählen kann (die man die nächsten 30 Jahre übrigens immer wieder erzählen kann). Auch immer gut kommen Geschichten, die erzählen, für welche tollen Sachen man "das" "später" eigentlich braucht. Insbesondere in den letzten Stunden vor den Klassenarbeiten kommt so etwas besonders gut.
Falls dir bei deinem eigenen Unterricht zu langweilig wird, dann beschäftige dich doch anderweitig. Insbesondere in den unteren Klassen sind die Themen ja eigentlich zu einfach um interessant zu sein. Dann können die Schüler auch mal selbstständig arbeiten. Das müssen sie in der Oberstufe oder im Studium ja schließlich auch. Sag ihnen, sie sollen das und das im Buch machen und nimm an dem Tag doch einfach mal deine Zeitung mit. So lernen die Schüler selbst was und du hast deine Ruhe. Und wozu zahlst du ihnen schließlich mit deinen Steuergeldern die Schulbücher, wenn sie nicht benutzt werden?
Apropos Schulbücher: Suche aus jedem Buch immer die dämlichsten Aufgaben heraus. Jene Texte, bei denen man sofort erkennt, dass sie nur geschrieben wurden, damit sich irgendwer daran dumm und dämlich analysiert. Jene, bei denen die Interpretation schon vor dem eigentlichen Text existierte.
Wenn vor Klassenarbeiten gewünscht wird, irgendwas zu wiederholen, dann nimm immer das Einfachste vom Einfachsten. So gibst du den Schülern die Illusion sie hätten einen blassen Schimmer von dem, was du da machst. Erwähne dann geschickt, in einem Nebensatz versteckt, dass die nächsten dreiundzwanzig Seiten natürlich auch für die Arbeit zu lernen sind.
Bei allem, was du machst, kannst du eine gewisse Allgemeinbildung stets voraussetzen. Wer nicht weiß, wer Caesar war, hat auf einem deutschen Gymnasium sowieso nichts verloren. Zitiere stets irgendwelche antiken Tollitäten, das gibt dem ganzen einen humanistischen Touch.
Manchmal musst du in der Schule Entscheidungen treffen. Wohin geht die nächste Klassenfahrt? Welche Lektüre lesen wir als nächstes? Wann machen wir mal wieder einen Wandertag? Hier gilt: Schule ist eine real existierende Demokratie. Egal, wie die Schüler abgestimmt haben, hinterher fällt dir mit Sicherheit immer ein Grund ein, warum dieses oder jenes dann doch nicht geht. Außerdem sind die Schüler sowieso zu dämlich, um über irgendwas gescheit nachzudenken.
Was tun, wenn die Schüler mal nicht wollen? Naja, da gib es natürlich verschiedene moderne Erziehungsmethoden. Im Ernstfall probiere einfach alle durch, die dir gerade einfallen. Schüler lieben es das pädagogische Versuchskaninchen zu spielen. "Bitte meinst du nicht bitte auch, dass du bitte damit bitte aufhören könntest?" (Falls möglich kann man auch hier mal ein paar Tränen simulieren.) Sollte das auch nichts bringen, kannst du schon richtig schwere Geschütze auffahren: "Jetzt ist aber wirklich Schluss. Ich möchte dich bitten, den Raum bitte zu verlassen." Du kannst auch deinen Unmut bekunden und dabei irgendwas im Takte deiner Worte leicht aufs Pult schlagen: "Verflixt und zugenäht. Das finde ich jetzt aber nicht fair von euch." Nur in äußerst schlimmen Fällen darfst du zum letzten Mittel greifen. Es ist so grauenvoll, dass es selbst der Inquisition verwehrt blieb: Trage den Schüler ins Klassenbuch ein! Ein Brief nach Hause tut's auch. Das ist für einen Schüler so schlimm, dass er es sich zweimal überlegen wird, sich nochmal aufzulehnen... Und, wenn das nicht klappt:
Scheiß auf den ganzen neumodischen Kram. Wenn man die Schüler schon physisch nicht mehr verprügeln darf, dann halt verbal. Ein zünftiger Schreikrampf - und sofort is' wieder Ruhe im Karton. Nervensägen schickst du einfach zum Schulleiter, damit der auch mal seinen Spaß hat. Davor haben Schüler nämlich panische Angst. Unterrichte immer nach demselben System, für was anderes sind die Schüler eh zu blöd. Und eines ist ja wohl selbstverständlich: Der Lehrer ist eine Autoritätsperson!

 

 

 

Das Matheteam - Zahlenretter im Op

Im Zahlenhospital wird ein Notfall eingeliefert:

Aushilfsmathematiker: Natürlich N0, 42, schwerer Wurzelzug.
Dr. med. Thales*: Was ist passiert?
( *Dr. med. Thales, Diplomchirurg mit Auszeichnung für plastische Mathematik )
Aushilfsmathematiker: Er wurde nach dem Unterricht von seinen Schülern abgefangen, die sich für eine Mathearbeit rächen wollten. Sie haben mindestens zehnmal die Wurzel aus ihm gezogen. Schwere Dezimalbrüche!
Dr. med. Thales: OP vorbereiten, wir müssen ihn quadrieren! Innenwinkelsummen?
Aushilfsmathematiker: Dreieck: 179°; Kreis: 361°
Dr. med. Thales: Es ist schlimmer, als ich dachte. Verabreichen Sie 20 Einheiten binomische Formeln! Skelett?
Aushilfsmathematiker: Sein Achsenkreuz hat einen Splitterbruch, unendlich, periodisch. Hirn: nichtlineares Gleichungssystem mit drei Variablen!
Dr. med. Thales: Lösungsmenge?
Aushilfsmathematiker: Ähm... also 3,52,047864 . 7578,5149x²³x³y²y²²z³³z²³....
Dr. med. Thales: Rechnen Sie's später! Seine Determinanten verschieben sich, neuralen Quadrationsschock, sofort!
*zong!*
Aushilfsmathematiker: Keine Wirkung!
Dr. med. Thales: Noch mal!
*ZONG!*
Aushilfsmathematiker: Keine Wirkung! O mein Gott: Termumformung! (/\/\/\/\_____)
Dr. med. Thales: Sofort OP einleiten!
Gegenzahl des Opfers: Schatz wie geht's dir?! O Doktor, wird er wieder ganz glatt?
Dr. med. Thales: Es sieht nicht gut aus, wir versuchen seine letzen 100 Kommastellen wiederherzustellen, aber alles danach ist verloren.
Gegenzahl des Opfers: SIE MÜSSEN IHN RETTEN!
Aushilfsmathematiker: OP eingeleitet.
Dr. med. Thales: Geodreieck!... Bleistift!... ANGESPITZT!!!
Aushilfsmathematiker: Sein Innenkreis bricht zusammen!
Dr. med. Thales: Mit Zirkel und Lineal rekonstruieren! Ich quadriere die Dezimalbrüche...
Sie verheilen! Innenwinkelsummen?
Aushilfsmathematiker: 178 zu 365°
Dr. med. Thales: NEIN! Pascalsches Dreieck! Permutieren Sie den Binomialkoeffizienten! Wir müssen ihn intervallschachteln!
Aushilfsmathematiker: "Halb" oder "Drittel"?
Dr. med. Thales: "FÜNFTEL"! Wie oft hab ich Ihnen das schon gesagt?!
Aushilfsmathematiker: Wir verlieren ihn, es hat keinen Sinn, runden Sie!
Dr. med. Thales: NEEEIN! ICH RETTE IHN EXAKT!!!.
Aushilfsmathematiker: Es geht nicht weiter. Stellen wir die letzten 98 Stellen nach dem Komma wieder her! Scheiße, ich hab' mich verschrieben! Tintenkiller?
Dr. med. Thales: BEI MIR GIBT's KEINEN TINTENKILLER! Aber Sie haben recht. Wir müssen es tun! Ich runde ihn...
Aushilfsmathematiker: Er wird mit Achsenkreuzschmerzen aufwachen. Dort befinden sich immer noch Splitterbrüche, unendlich, aber periodisch.
Dr. med. Thales: Machen Sie eine Konstruktionsbeschreibung. Morgen lösen Sie die lineare Funktion, dann will ich ein kgV und einen Graphen, außerdem ein ggT. Wir müssen auf jeden Fall eine Trigonometrie verhindern. Und jetzt holen Sie mir einen Wodka Martini, unendlich, nicht periodisch!

 

 

 

Der Kurzurlaub

6:30 Uhr. Der Wecker klingelt. Eigentlich habe ich jetzt überhaupt keine Lust aufzustehen. Aber was soll’s? Bald habe ich ja endlich Urlaub. Ich schleppe mich zum Fenster und lasse die Rollläden hoch. Nachdem ich hastig eine Tasse Kaffee hinunter gewürgt habe, gehe ich ins Bad, ziehe mich an und fahre zur Arbeit. In der Mittagspause fragt mich ein Kollege, wo es denn hingehen soll. "Ich besuche meinen Bruder in Verona", sage ich. "Da fällt mir ein: Ich muss mich ja noch um die Bahnverbindung kümmern." Genervt setze ich mich an den PC und suche nach einem geeigneten Zug. Na toll, der einzige Zug an diesem Tag kommt um 6:42 Uhr! Und die Preise werden auch immer horrender. Das ist eigentlich viel zu teuer. Mein Kollege und ich regen uns eine Weile gemeinsam über die Bahn auf und dann ist die Mittagspause auch schon wieder vorbei. Nach vollendetem Arbeitstag fahre ich noch in den Supermarkt. Schließlich wollen die Urlaubseinkäufe erledigt werden. Im Laden treffe ich eine Frau aus der Nachbarschaft. "Na, wo soll’s denn hingehen?" "Ich besuche meinen Bruder in Verona." "Ach, wie nett. Na, dann einen schönen Urlaub." "Danke, tschüss!" Auf dem Weg nach Hause fahre ich noch bei McDrive vorbei, um mir das Kochen des Abendessens zu ersparen. Zu Haus angekommen lege ich ein neues Band in den Anrufbeantworter. Es ist zwar noch relativ früh, aber ich entschließe mich, trotzdem schon ins Bett zu gehen, denn schließlich muss ich ja morgen früh aufstehen und fit sein. Auf dem Nachttisch liegt seit drei Monaten mein Geburtstagsgeschenk. Das Buch, das ich mir so gewünscht hatte. Trotzdem bin ich bis jetzt nicht zum Lesen gekommen. ‚Na ja, im Urlaub werde ich schon dazu kommen’, hab ich immer gedacht. Aber irgendwie glaube ich jetzt selbst nicht mehr so richtig daran. Vom Tag erschöpft lege ich mich ins Bett und schlafe ein. 5:30 Uhr. Der Wecker klingelt. Wie, warum denn schon so früh? Ach ja, ich fahre ja in Urlaub. Ich schleppe mich zum Fenster und lasse die Rollläden hoch. Glauben Sie wirklich? Ha! Reingefallen! Glauben Sie ernsthaft, dass ich um 5:30 Uhr freiwillig während meines Urlaubs aufstehe, um dann drei Stunden auf dem Bahnsteig auf einen "mit etwas Verspätung verkehrenden", vollkommen überfüllten Zug zu warten, um nach 10 Stunden Fahrt in irgendeinem heruntergekommenen Hotel zu versauern? Haben Sie noch alle Tassen im Schrank?! Ich drehe mich jetzt erstmal wieder um und schlafe weiter. Ach so, Sie meinen, mein Bruder sei vielleicht beleidigt, wenn er vergeblich in Verona auf mich warten wird? Nun, wissen Sie, eigentlich wohnt mein Bruder gar nicht in Verona. Ich bin nämlich Einzelkind! 9:23 Uhr. Das Telefon klingelt. Fünf Mal. Der Anrufbeantworter springt an. "Zur Zeit bin ich leider im Urlaub und daher nicht zu erreichen. Wenn Sie eine Nachricht hinterlassen wollen, dann sprechen Sie bitte nach dem Piepton. Vielen Dank!" (Piep!) 11:47 Uhr. Ich liege noch 10 Minuten gemütlich im Bett, stehe dann so langsam auf, räkle mich ein paar Mal und öffne das Fenster. Ich laufe in die Küche und mache mir ein "Frühstück der Champions". Als der Kaffeekocher gerade so richtig anfängt zu rauschen, klingelt das Handy. Ohne drüber nachzudenken gehe ich dran. "Oh, hallo, freut mich, dass du anrufst. (Na ja, eigentlich nicht.) Ach, das Rauschen? Das kommt vom Zug, ich fahre doch meinen Bruder in Verona besuchen. Ja ja, wir reden später drüber. Ja, ich schreib’ ne Ansichtskarte. Tschüss!" Mist! Ansichtskarten...das hatte ich nicht bedacht. Na egal. Jetzt erstmal der Kaffee. Danach öffne ich die Tür, um die Zeitung zu holen. In letzter Sekunde bemerke ich, wie die Nachbarn gerade das Haus verlassen. Jetzt heißt es: Volle Deckung! Schließlich sitze ich gerade im Zug nach Verona. Unbemerkt schließe ich leise wieder die Tür und spähe aus dem Fenster. Ach, die verreisen wohl auch. Die Armen. Als das Auto in sicherer Entfernung die Straße hinuntergefahren ist, gehe ich an den Briefkasten und hole mir die Zeitung. Nach einem anderthalbstündigen Frühstücksdinner ziehe ich mich gemütlich um, nehme mir das Buch von meinem Nachttisch und komme endlich zum Lesen. Gegen Nachmittag schaue ich mal im Kulturkalender, welche Oper denn heute Abend in der Arena von Verona kommt. "Aida" von Verdi. Wunderbar. Warum eigentlich bis heut Abend warten? Ich hole mir was Leckeres von meinen "Urlaubseinkäufen", lege die CD in die Stereoanlage, mache es mir auf meinem Sessel gemütlich und beschalle das ganze Haus mit italienischen Opernklängen. Die Nachbarn werden sich bestimmt freuen. Ach ne, die werden sich nicht freuen. Die sind ja im Urlaub. Am Abend schalte ich den Computer ein. Was es doch alles für tolle Bilder aus Verona im Internet gibt! Auf meiner Festplatte finde ich in den "Eigenen Dateien" auch noch ein Foto von mir neben dem Gartenhaus. Ein bisschen Fotomontage und schon stehe ich neben irgendeiner Sehenswürdigkeit in Italien. Prima! Dieses Foto hefte ich nun an eine Email. Als Empfänger trage ich einfach alle ein, die so ´ne dämliche Ansichtskarte haben wollen. Hm...jetzt nur noch ein tief greifender Text: Ich bin gut in Verona angekommen. Das Wetter hier ist herrlich. Meinem Bruder geht es auch gut. Das Hotel ist einfach klasse. Man fühlt sich fast wie zu Hause. Heute Abend gehen wir in die Oper. Viele Grüße!

 

 


 

Der Tag der Abrechnung

Eine Turmuhr hat zum zwölften Mal geschlagen. Die Klasse sitzt fast vollständig in ihrem Raum. Es wird leise geraschelt und getuschelt. Plötzlich stürmt ein Mitschüler herein. "Er kommt! Engel und Boten Gottes, steht uns bei!", schreit er und setzt sich auf seinen Platz. "Mögen die Spiele beginnen."
Das Licht geht aus, die Tür wird geschlossen, ein anderer Schüler schaltet einen Spot ein und richtet ihn auf die Tür. Mit einem lauten Krachen donnert der Lehrer in die Klasse, steigt auf die vor der Tafel platzierte Bühne und knallt die Tasche auf das stöhnende Pult. Die Klasse wartet mit Spannung. Das helle Licht des Spots wirft den großen Schatten des Lehrers dämonengleich an die Tafel. "ICH HABE EURE ARBEITEN KORRIGIERT!". Dramatisch erklingt der Anfang von Beethovens fünfter Sinfonie. "TA TA TA TAA." Auch die Zuschauer sind jetzt ganz still und gucken gebannt nach vorne.
Aus der dicken Tasche auf dem Pult werden 24 schwarze Hefte gezogen. Man hört Donner und Blitz, da ein Gewitter bestellt wurde. "DIES HIER IST EINE KATASTROPHE!". Der Lehrer hält alle Hefte nach oben. Ein Aufgabenblatt fällt heraus, auf dem neben fast allen Aufgaben jede Menge aggressiv gekritzelter Fragezeichen stehen.
"Katastrophe? Kommt die nicht erst im fünften Akt?", fragt ein Zuschauer einen andern. "Keine Ahnung", erwidert dieser und nimmt einen großen Schluck aus seiner Colaflasche. Nachdem der Lehrer an der Tafel die Katastrophe umfangreich in magischen Zeichen an der Tafel dargestellt hat, folgt der Höhepunkt des Spektakels: die Begegnung mit dem Schicksal.
"JAA!", brüllt der erste, rennt glückstrunken auf die Bühne und wird sofort vom Spot erfasst: "Eine Vier minus!", schreit er voller Emotionen und sinkt Fortuna dankend auf die Knie.
"Neeein!", heult ein anderer, dem der Schrecken ins Gesicht geschrieben steht. Ein greller Blitz, der aus dem Heft zischt, erschlägt ihn fast. Die am Eingang wartenden Sanitäter lächeln. "Endlich gibt es was zu tun!", freuen sie sich und rennen zu dem qualmenden Schüler.
"Aber warum?", weint ein weiterer, der sein tränennasses Heft betrachtet, worunter ein eingeätztes "Du hast total versagt!" steht. Darauf trocknet der Lehrer das Heft mit verstaubten Sprüchen. Laute Forderungen nach dem Sprücheklopfer-Klopfer aus dem Publikum verhallen ungehört.
"Muhahahah", stellt der Lehrer fest. Seine Augen leuchten hell und der Wahnsinn steht ihm ins Gesicht geschrieben. Mit seiner wilden Gestik kippt er das Popcorn eines Zuschauers um. Der will protestieren, lässt es aber, als er sieht, wie der Lehrer eine Axt ansetzt um einen Lümmel aus der ersten Reihe zum Schweigen zu bringen. Ein anderer Zuschauer flucht leise, weil dadurch sein weißes Hemd Flecken aufweist, die vorher nicht da waren. Dem letzten Schüler, der seine Henkersmalzeit heruntergewürgt hat, wird grad die Arbeit mit einer Flut gut gemeinter sarkastischer Ratschläge überreicht. Ein im Hintergrund sitzender sauteurer Experte für Schulpsychologie reibt sich die Hände. "Das gibt mal wieder Arbeit..."
Doch was ist das? Ein Schüler zieht ein Schwert. "Eins nur weiß ich, das ewig lebt: der Toten Tatenruhm.", brüllt er mit gebrochener Stimme und stürzt sich auf den Lehrer. Doch hat dieser ihn längst bemerkt. Blitzschnell dreht er sich um und schleudert ihm sein Heft entgegen. Rotierend durchschneidet es mit einem lautet Pfeifen die Luft und trifft mit der scharfen Seite genau den Schädel des Schülers und skalpiert diesen.
Im Hintergrund steht der Exorzist der Klasse und murmelt eine Zauberformel. Das Monster fängt Feuer und verbrennt. Staub zu Staub, Asche zu Asche! Alle wollen schon jubeln, als sich plötzlich in der Asche etwas regt: Sie verflüssigt sich und beginnt sich wieder neu zu formieren. Immer schneller setzt sich das Monster wieder neu zusammen. Als es fertig ist, sieht es noch grauenvoller aus als vorher. Es brüllt und spuckt Feuer, wodurch zwei Schüler aus der ersten Reihe skelettiert werden.
Ansonsten sieht die Klasse nun aus, als hätten die Horden der Hölle grade eine Party veranstaltet: Gliedmaßen liegen herum, mit denen sich die Schüler hinter dem Rücken des Monsters gegenseitig bewerfen und ein Zuschauer verwechselt den Knochen seines halben Hähnchens mit den Überresten eines Menschen. Das Monster stellt sich zusammen mit zwei untoten Skeletten, die aus den frittierten Schülern beschworen wurden, zu seinem letzten vernichtenden Satz auf die Bühne: "Einige von euch mögen ja noch mal davon gekommen sein, aber freut euch nicht zu früh! ICH KOMME WIEDER!!!", droht es. Es folgt die typische Musik, die immer am Ende einer "to be continued..."-Serie zu hören ist. Das Monster zieht von dannen, es hinterlässt schweflig stinkende Fußabdrücke und ein letztes lautes Knallen der Tür ist zu hören. Der Vorhang fällt, das Licht geht an, tobender Beifall folgt und die Schaulustigen verlassen die Klasse.

"Wir haben nur 39,50? durch Imbiss- und Kartenverkauf eingenommen", sagt der Kassenwart der Klasse nachher enttäuscht. "Verdammt!", sagt ein anderer, "das sind ja fast 15? weniger als beim letzten Mal!". "Ja, die Arbeit is' ja auch voll einfach gewesen. Wenn wir uns anstrengen, schaffen wir nächstes Mal vielleicht einen noch schlechteren Durchschnitt!". "Jo, oder vielleicht können wir uns mal wieder eine genehmigen lassen....", meint wieder ein anderer, gefolgt von geldgierigem Glotzen seiner Mitschüler. In solche Gespräche vertieft, zieht die Klasse in die nächste Kneipe, um sich einen zu genehmigen, denn der Klassensprecher hat als Umsatz steigernde Maßnahme erst einmal Schwänzen für die folgenden Stunden angeordnet.

 

 

 

Frühlingsstimmen - Ein Erlebnisbericht

Es ist Frühling! Die Sonne scheint, die Vögel zwitschern und Festplatten geben im biblischen Alter von zwei Monaten den Geist auf. Was nun? Ich hatte den Laptop in einer Geschäftsstelle des großen deutschen Telekommunikationsunternehmens mit den lila Buchstaben (nennen wir den Laden einfach "T.") erworben und fuhr hin, um den Laptop reparieren zu lassen. In meiner kindlichen Naivität war ich der Auffassung, dass ein Händler, der etwas verkauft, was dann kaputt geht, dafür sorgen muss, dass es wieder funktioniert. Ich bin ja so ein Vollidiot! Vorhang auf für die beste T-ragikkomödie, die ich je erlebt habe!
Ich betrete also den Laden. Ein geschulter, Kompetenz ausstrahlender Mitarbeiter kommt zielgerichtet auf uns zu und fragt freundlich, was er für uns tun könne. Ich schildere meinen Fall. Laptop abgestürzt, findet Festplatte nicht mehr, vermutlich kaputt, alle Daten futsch. Tja, was könnte man in einem solchen Fall den wohl tun? "Sag' mal, hast du Ahnung davon?", fragt er seinen Kollegen. "Nö.", antwortet der, lächelt fies und verschwindet.
"Tja, also ich hab' davon auch keine Ahnung. Wir reparieren die Dinger hier nicht, da müssen Sie sich an Gericom wenden. Diese Firma hat den Laptop hergestellt und von denen haben Sie auch die Garantie."
"Aha. Haben die hier irgendwo 'n Laden oder muss ich die anrufen und das einschicken?"
"Da müssen Sie anrufen."
"Was haben die denn für ´ne Nummer?"
"Die steht im Handbuch, haben Sie es zufällig dabei?"
"Klar, bitte schön!"
Verlassen wir kurz den Schauplatz und rekapitulieren wir: Schon nach einer Viertelstunde Aufenthalt im T. haben wir ein unglaublich kompliziertes technisches Problem auf das Problem reduziert, die Telefonnummer von Gericom herauszufinden, die höchstwahrscheinlich im Handbuch steht. Wer zu Hause über ein Telefon verfügt, müsste eigentlich in der Lage sein, einen entsprechenden Telefonanruf zu tätigen, doch wir befinden uns hier im Moment nicht zu Hause, sondern in einer Geschäftsstelle eines modernen Telekommunikationsunternehmens!
Der Mitarbeiter blättert eine Weile professionell im Handbuch herum und wird offenbar nicht fündig.
"Kleinen Moment, ich frage mal eben einen Kollegen."
Hm, ob er wohl den Kollegen fragt, der "keine Ahnung" hat oder die wie aus einer RTL2-Soap entnommen aussehende zwei Meter weiter stehende Regentonne mit der Fielmann-Brille, bei der man sofort denkt: "Wow, das ist eine Telekommunikationsexpertin!" Ich spähe um die Ecke des Flachbildschirms und sehe, wie der Mitarbeiter hilflos auf der Homepage seiner eigenen Firma herumsurft, sich dort hoffnungslos verläuft und absolut nicht das findet, was er eigentlich sucht. Nein, das ist aber komisch! Wo diese Seite doch so gut sortiert und übersichtlich ist. Der Mitarbeiter verschwindet wieder hinter einer Tür. Doch nach inzwischen einer halben Stunde Aufenthalt präsentiert er uns stolz einen Zettel mit der Telefonnummer von Gericom und der Information, dass die Firma in Österreich ansässig ist. Das haben Sie aber fein gemacht! Jetzt ist unser Problem wieder eine Stufe einfacher geworden. Wir haben eine Telefonnummer und müssen nur noch anrufen. Umgeben von hunderten von Telefonen und Handys sollte das ja eigentlich kein Problem sein.
"Na, dann rufen Sie da doch mal an!"
"Kein Problem."
Sicher? Nachdem der Mitarbeiter einige Minuten am Telefon verbracht und keinen Ton von sich gegeben hat, fragen ich nach, was denn so los sei. Daraufhin macht er den Lautsprecher des Telefons an und der Frühlingsstimmenwalzer erschallt durch das Geschäft. Ach, ist das herrlich! Ganze Zeitalter verbrachte ich in der Warteschleife dieses Unternehmens und jetzt kann ich zusehen, wie einer ihrer eigenen Mitarbeiter eine Viertelstunde lang in einer Warteschleife verrotttet und dazu ein "Ich bin ein unzufriedener Kunde"-Gesicht aufsetzen. Einfach göttlich! Ich hätte vor Schadenfreude den Walzer mittanzen können. Allerdings glaube ich nicht, dass Strauß das "Please hold the line" zwischendurch gefallen hätte.
"Tja, diese Warteschleifen heutzutage sind schlimm, ´ne?"
Irgendwie fand er das nicht lustig...
"Können Sie nicht die Firma Gericom direkt anrufen? Ich meine, Sie sind ja hier nicht irgendein Privatkunde, sondern eine große Firma und Sie haben doch sicherlich einen Vertrag mit denen."
"Wir können von hier aus nicht nach Österreich telefonieren."
"Wieso nicht???"
"Weil die entsprechenden Vorwahlen gesperrt sind. Das ist wie, wenn wir die 0190er Nummern bei Ihnen zu Hause sperren, so ist das hier auch."
Genau, wenn ich mir zu Hause Schmuddelnummern vom Hals halte, ist das ja genau so wie wenn ich mir als Unternehmen die Möglichkeit nehme mit meinen Geschäftspartnern im Ausland zu telefonieren!
"Und warum sind diese Nummern gesperrt? Wieso können Sie nicht ins Ausland telefonieren?!"
"Die Firma will das so."
"Haben Sie denn hier kein anderes Telefon?"
"Doch, aber das ist bei allen so."
"Haben Sie kein Handy?!"
"Wie, Sie wollen jetzt, dass ich mit meinem Handy in's Ausland telefoniere?!"
"Ja, genau das will ich." (Ja, ich weiß, dass das bei Ihnen SAUTEUER ist!)
"Das ist mein Privathandy! Damit kann ich doch jetzt nicht dienstlich telefonieren."
"Aha. Sie wollen mir jetzt also erzählen, dass Sie hier nicht in der Lage sind, dienstlich nach Österreich zu telefonieren, um mit Ihrer Vertragsfirma Kontakt aufzunehmen."
"Ja, genau so ist es."
"Also, ich bin mit Ihrem Service hier total unzufrieden! Wieso nehmen Sie den Laptop nicht zurück und versuchen ihn zu reparieren? Und wenn Sie das nicht können, dann können Sie ihn an doch wenigstens an Gericom schicken und die kümmern sich darum. Aber Sie können mich doch jetzt hier nicht einfach im Regen stehen lassen, schließlich habe ich mit Ihnen einen Kaufvertrag!"
"Sie haben von uns keine Garantie, sondern nur eine Herstellergarantie von Gericom, das ist doch völlig normal."
"Sagen Sie mal, ist Ihr Chef da?"
"Ja, kleinen Moment."
Der "kleine Moment" dauerte natürlich etwas länger, weil der Chef gerade fröhlich mit seinem Handy telefonierte (vielleicht dienstlich nach Österreich?) und gleichzeitig einen anderen Kunden bediente. Nachdem ich meinen Unmut zum Ausdruck gebracht hatte, schaute der Chef noch einmal im Internet nach und rief von seinem Handy aus die Hotline in Österreich an. Dann schickte er uns in die hinterste Ecke des Ladens, weil wir dort ungestört (oder ungesehen und verborgen vor den Augen der inzwischen neugierig zuschauenden Kunden?) seien. Als er durchkam, leitete er den Anruf auf ein dort herumstehendes Telefon um und gab uns den Hörer. Eine Frau, die einen fast nicht mehr zu verstehenden österreichischen Dialekt sprach, leitete uns an die Technik-Hotline. "Am besten ist, Sie schildern Ihnen einfach Ihren Fall.", meint der Chef und verschwand wieder. Mutig ergreifen wir den Hörer und wollen schon unser Problem schildern, da erklingt wieder einmal der lieblich süße Frühlingsstimmenwalzer. Natürlich nicht der ganze, sondern immer nur eine kurze Stelle. Doch auf einmal macht es "Klack". Jetzt ist jemand rangegangen. Endlich! Nein...das Band ist zu Ende und fängt wieder von vorne an. Das ist so gemein! Wie kann man nur solch sadistische Warteschleifen erstellen? Etwa fünfzig Frühlingsstimmenwalzer später habe ich immer noch kein menschliches Wesen zu sprechen bekommen. Entnervt und frustriert lege ich auf. Am liebsten würde ich diese "Service"-Mitarbeiter allesamt am "T." auf dem Dach des Hauses kreuzigen und mit HappyDigits bewerfen. Doch ich lasse das und fahre nach Hause. Nach zwei Stunden T. habe ich einfach keinen Nerv mehr.
Was jetzt? Solle ich mir einen Anwalt schnappen und die Säcke verklagen? Presse anrufen? Selbstmord?! Ach, schauen wir doch einfach noch mal in die Garantiebestimmungen wegen der Nummer. Und siehe da! Genau zwei Millimeter über der österreichischen Nummer steht eine weitere Telefonnummer mit dem Wort "Deutschland" davor. Hm... vielleicht rufen wir einfach mal da an? Gesagt, getan. Eine Computerstimme (kein Ösi-Slang) bittet uns ein paar Eingaben zu machen (Seriennummer des Gerätes etc.) und nach genau drei Sekunden in der Warteschleife bekommen wir einen Mitarbeiter, der zusichert, das Gerät am nächsten Tag abholen zu lassen und binnen 10 Tagen zu reparieren. Und von diesem kundenfreundlichen Verfahren hatten die geschulten Kompetenz ausstrahlenden Mitarbeiter im T. überhaupt keine Ahnung.

Ach, wenn Sie jetzt aufgrund der übertriebenen Darstellung meinen, das sei eine Satire, dann suchen Sie doch einen T. auf und nehmen Sie sich für den Rest des Tages frei!

 

 

 

 

Grün

 

 

 

„Was fällt dir als erstes ein, wenn ich ‚Baum’ sage?“, fragte die Lehrerin und nahm den ersten Schüler dran.
Der Wind rauscht in den Blättern der Bäume. Ich liege auf der Wiese und trinke noch einen eiskalten Schluck Apfelsaft. Der ganze Stress der letzten Wochen fällt von mir ab und ich fühle mich als schwebte ich im weichen grünen Gras. Eine aus dem See watschelnde Ente starrt gierig auf meine Waffel. Ich breche ein Stück ab und werfe es ihr zu. Die Ente huscht emsig davon und mein Blick fällt auf einen der am Wasser wachsenden Bäume. Die späte Nachmittagssonne schimmert durch die saftigen Blätter und taucht die Umgebung in ein hell leuchtendes grünes Licht. Minutenlang sitze ich einfach nur da und beobachte, wie sich die Blätter im Wind wiegen.
„Grün“, sagte der erste Schüler.
„Nein, das ist doch nicht das Erste, was dir einfällt, wenn ich ‚Baum’ sage!“, entgegnete die Lehrerin und nahm einen zweiten Schüler dran.
„Ein Stamm, Äste, Blätter…“, sagte dieser.
„Genau, daran denkt man als erstes, das ist doch vollkommen klar.“
„Und was fällt dir als erstes ein“, fragte die Lehrerin einen geistig etwas abwesenden dritten Schüler, „wenn ich ‚Baum’ sage?“
Dieses Gefühl macht mich wahnsinnig. Seit Stunden arbeite ich an diesem Problem und habe immer noch keine Lösung. Auf den Zetteln vor mir befinden sich etliche Zeichnungen. Überall hastig gezeichnete Kringel, in denen Zahlen stehen. Vor meinem geistigen Auge spannt sich ein Netz aus Verbindungen zwischen ihnen auf, ein Graph entsteht, Pfade zwischen den Kringeln erscheinen und verschwinden wieder. Doch das Rätsel bleibt, das Bild verblasst. Resigniert lasse ich mich in den Stuhl fallen und betrachte die aufgeschlagene Seite meines Graphentheoriebuches: „Ein ungerichteter azyklischer Graph ohne Mehrfachkanten heißt Baum.“ Wenn das mal so einfach wäre! Frustriert lasse ich den Bleistift aus meiner Hand gleiten und er fällt auf meine Blätter mit den Bäumen. Nun liegt da auf so einem Baum mein grüner Bleistift, den ich erschöpft anstarre…
 „Grün“, sagte dieser dritte Schüler.
„Sehen Sie!“, protestierte der Erste, „Der sagt auch ‚grün’! Der versteht mich!“

 


 

Mein lieber Doktor Wirsing...!

"Guten Abend, meine Damen und Herren. Herzlich willkommen zu "Grause am Abend". Zu unserem heutigen Streitgespräch begrüße ich ganz herzlich: Herrn Doktor Helmut Wirsing von der Union, Frau Susi Sozi von den Sozialdemokraten, Herrn Nemax Ford von den Liberalen und Frau Marion Veganer-Schmalz von den Grünen. Mein Name ist Gundula Grause.
Kommen wir zu unserem ersten Thema. Das Dorfparlament von Hinterpfalzingen steckt in einer schweren Krise. Neben der uralten Kirche des Dorfes stand schon immer einer der seltenen südafrikanischen Blaublattbäume. Jetzt bohrt sich eine Wurzel unter das Fundament der Kirche und droht diese zu zerstören. Die rot-grüne Dorfregierung will die alte Kirche nun zu Gunsten des unter Naturschutz stehenden Baumes abreißen, die konservative Opposition tobt. Ungefähr siebzehn Demonstranten beider Seiten lieferten sich vergangenen Freitag eine friedliche Massenschlacht. Ein Konflikt der Deutschland wirklich nahe geht!"
Wirsing: "Für wahr, Frau Grause! Die Union wird diesen unsäglichen Angriff auf die christlichen Grundfundamente unserer Gesellschaft mit allen Mitteln zu verhindern wissen!"
Veganer-Schmalz: "Der südafrikanische Blaublattbaum steht unter Naturschutz und kurz vor dem Aussterben. Wir stehen in der historischen Verpflichtung diesen Baum für unsere Kinder zu erhalten."
Wirsing: "So wie Sie aussehen, kriegen sie doch eh nie welche!"
Sozi: "Das ist wieder einmal typisch! Wenn Sie keine Argumente mehr haben, greifen Sie zu diesen unsozialen Beleidigungen."
Wirsing: "Wir werden diese Kirche vor ihrem Frevel schützen! Also wirklich! Ein uraltes Gotteshaus für dieses Grünzeug abzureißen!"
Veganer-Schmalz: "Als Mitglied der Pflanzenrechtskommission des deutschen Bundestages muss ich Sie für den pflanzendiskrimminierenden Ausdruck "Grünzeug" rügen."
Ford: "Ach, Sie und ihr Pflanzen-Ausschuss! Wir werden den Dorfrat vor dem Bundesverfassungsgericht verklagen und dann werden Sie ja schon sehen, was sie davon haben!"
Grause: "Bleiben wir noch eine Weile beim Thema Umwelt. Gestern ist ein wissenschaftlicher Bericht erschienen, in dem steht, dass wir mit der Klimaerwärmung in zwanzig Jahren alles Leben auf der Erde total auslöschen könnten. Der Bericht geht aber auch auf die Risiken ein, die das mit sich bringen könnte. Frau Sozi, was sagen Sie dazu?"
Sozi: "Wir sind ja auch für die Klimaerwärmung, so lange sie sozial gerecht erfolgt! Es darf auf keinen Fall sein, dass allein erziehende fünffach geschiedene Ex-Prostituierte dadurch benachteiligt werden. Man sollte jede Form von staatlich nicht genehmigter Klimaerwärmung verbieten, damit wir sie sinnvoll regulieren können."
Ford: "Hören sie doch auf mit ihren Staatsinterventionismus!"
Wirsing: "Ganz genau! Sie von der SPD sind doch alles Kommunisten! Ob hell- oder dunkelrot is? egal!"
Ford: "Ganz recht! Deregulierung heißt das Zauberwort. Wir müssen die Klimaerwärmung privatisieren und eine marktwirtschaftliche Dynamik entfachen, um die Erde so effektiv wie möglich zu verheizen!"
Veganer-Schmalz: "Ach, Sie denken doch nur an?s Geld, wie so viele Leute in unserer neo-liberalen Gesellschaft. Daher werden wir auf das Verheizen der Erde eine Öko-Steuer erheben, damit selbiges künftig nur noch mit regenerativen Energiequellen geschieht."
Ford: "WAAAS?! SIE WOLLEN DIE STEUERN ERHÖHEN?"
Wirsing: "HILFE POLIZEI!!!"
Grause: "...womit wir bei der Steuerpolitik wären. Herr Wirsing, sollte man die Steuern nun erhöhen oder nicht?"
Wirsing: "Die Steuern zu erhöhen ist totaler Blödsinn. Höhere Steuern machen die Konjunktur kaputt, dann haben wir weniger Arbeitsplätze und damit weniger, die Steuern einzahlen. Wir wären pleite. Deswegen müssen wir unbedingt die Steuern erhöhen!"
Ford: "Wettbewerb - Vielfalt..."
Sozi: "Ausbeutung! Steuern müssen sein, damit wir soziale Gerechtigkeit schaffen können."
Veganer-Schmalz: "Und ökologische!"
Wirsing: "Jetzt fangen Sie doch nicht schon wieder an mit Ihren Pflanzen! Das ist typisch, dass Sie nicht auf die Fragen antworten, die man Ihnen stellt!"
Grause: "Das wird Politikern ja oft vorgeworfen. Wie sehen Sie das, Herr Ford?"
Ford: "Ach, Frau Grause, das ist doch völliger Quatsch! Man darf auf keinen Fall die Lohnnebenkostenzusatzsteuer rekursiv an die Inflation zwistolisieren!"
Sozi: "Sehen Sie. Sie haben überhaupt nicht auf die Frage geantwortet! Frau Grause, ich finde es ganz schlimm, dass der CDU-Parteispendenskandal nicht mit ihrem Verbot geendet hat!"
Wirsing: "Und was ist mit Ihrem? Sechs SPD-Bürgermeister saßen auf der Anklagebank!"
Grause: "Ein anderer Vorwurf ist, dass Politiker manchmal völlig kindisch rumzanken..."
Sozi: "Dieser Skandal war schließlich nur auf kommunaler Ebene. Also ist das absolut nicht zu vergleichen!"
Wirsing: "Blödsinn! Ihr Skandal kommt in den Medien nur nicht richtig zur Geltung. Dass diese unseriösen neumodischen Käseblätter nicht verboten werden, ist mir auch ein Rätsel."
Veganer-Schmalz: "Das ist ein offener Verfassungsbruch!""
Grause: "Würden Sie mal endlich auf meine Frage antworten?"
Wirsing, Sozi, Ford, Veganer-Schmalz (gleichzeitig): "NEIN!"
Veganer-Schmalz: "Sie hatten ja wohl einen richtigen Parteispendenskandal, wir doch bloß ne Bonusmeilen-Affäre!"
Wirsing: "Ja ja, aber ihr Koalitionspartner!"
Sozi: "Unser war immerhin nur auf kommunaler Ebene! Das macht uns ja wohl wesentlich glaubwürdiger!"
Grause: "Jetzt hören Sie doch mal endlich auf, alle durcheinander zu reden, wir sind hier nicht im Kindergarten!"
Stille. Alle gucken unschuldig zu Boden.
Wirsing: "Ganz recht! Ich bin ein zivilisierter Mensch, schließlich bin ich in der CDU...Die da hat angefangen!"
Sozi: "Das stimmt überhaupt nicht. Das ist mal wieder typisch CDU."
Wirsing: "Ach ja, und Sie von der SPD..."
Grause: "So langsam reicht es mir mit Ihnen! Ich wette, Sie könnten sich noch nicht einmal über die Frage einigen, wie viel Eins plus Eins sind!"
Ford: "Aber Frau Grause, diese Frage kann man doch so nicht stellen!"
Wirsing: "Eben! Völlig undenkbar."
Sozi: "Eine solche Frage gibt es gar nicht."
Veganer-Schmalz: "Dem kann ich nur zustimmen."
Grause (völlig am Boden zerstört): "Meine Damen und Herren, das war Grause für diese Woche. Im Chat steht noch unser psychologischer Experte für politischen Wahnsinn zur Verfügung. Schalten Sie auch nächstes Mal ein, wenn Sie ihren Verstand noch nicht verloren haben! Bei uns werden Sie ihn garantiert los! Ich bedanke mich, dass Sie nicht eingeschlafen sind. Bis zum nächsten Mal, Tschüss

 

 

 

PISAaarrrgh!

Sie kamen aus dem Nichts. Sie raubten uns unsere Identität und verbreiten jetzt Angst und Schrecken: Die PISA-Studien Eins und Zwei. Deutschland - das Land der Dichter und Denker auf einer Stufe mit Timbuktu. (Ach, deswegen wollen die jetzt die Entwicklungshilfe erhöhen!) Auf einmal stellen alle plötzlich fest: Die Bildung is' im Arsch. Das konnte ja kein Mensch ahnen! Und das auch noch im Wahlkampf. Ich bin ja so zuversichtlich, dass jetzt alles besser wird.
Im Fernsehen laufen momentan immer wieder Sendungen, in denen hochkompetente Bildungsexperten äußerst sachlich durch die Gegend sabbeln. Commander Data kann ja zig Musikstücken gleichzeitig folgen, aber ich wage zu bezweifeln, dass er dieses Geschnatter überleben würde. Es sind wirklich tolle Vorschläge im Gespräch!
Die letzte Hoffnung: Ganztagsschule. Schüler, hört die Signale und stellt euch das mal vor! Die andere Hälfe eures Lebens - auch noch in öffentlicher Hand. Eine tolle Idee! Der Chemieleistungskurs müsste sich dann nur noch verpflichten genügend Zyankali unter die Leute zu bringen, weil es dem Hofdienst ja wohl nicht mehr zuzumuten ist, in der Pause auch noch die ganzen Selbstmörder, die sich samt Schultasche vom Dach gestürzt haben, zu entsorgen.
Seit PISA hat sich ja schon sooo viel getan! Zum Beispiel...ja...ähm...Die Selbstständige Schule 21! Wie allgemein bekannt, wird es den Schulen jetzt in Ansätzen gestattet, selber zu wissen, was gut für sie ist. Zumindest bis 2008. Vor den Ferien musste die Sache natürlich noch in letzter Sekunde einen Haken kriegen, schließlich handelt es sich um Bildungspolitik. Der Bezirksregierung ist nämlich kurz vor endgültigem Vertragsabschluss eingefallen, dass sie eigentlich doch kein Geld dafür hergeben darf. Denn Bildung ist quasi so was wie ein verschwenderischer Luxus. Dafür in Notzeiten wie diesen Geld auszugeben, wäre Verrat am Vaterland. Man hat aber einen privaten Sponsor gefunden, der zwar nicht ganz so viel Zaster rüberwachsen lässt, aber immerhin. Wer das ist, weiß keiner. Ob da vielleicht wieder jemand sein Ehrenwort gegeben hat?
Apropos Sponsoring! In NRW wurde es in dieser Legislaturperiode von der Landesregierung noch abgeschmettert, damit wir armen Schüler nicht alle zu willenlosen Sklaven des Finanzkapitals mutieren. Also ist das Coca-Cola-Plakat weiterhin drei Meter neben der Schule und die kriegt kein Geld dafür. Aber warum auch? Die Schulen haben ja so viel Geld, dass ihnen die Turnhallen des Landes hauptsächlich als Geldspeicher dienen, in denen man in den Pausen schwimmen gehen kann.
Der Chefdebattierclub, pardon die Kultusministerkonferenz, hat auch schon eine Idee. Einheitliche Standards sollen her. Abi sieht dann demnächst so aus, dass das Abiturzentralkomitee der Volksmonarchie Nordrhein-Westfahlen die Aufgaben vorgibt, die die Schüler dann auch alle lösen können, weil sich jeder Lehrer immer auf die neuesten Richtlinien stürzt, sie vergöttert, danach unterrichtet, dafür lebt und stirbt, in Ewigkeit, bis dass der Tod sie scheidet.
Es wird viel passieren! Erinnern wir uns doch mal an die Flut sinnvoller Neuerungen, die kamen, als der Unterrichtsausfall vor einiger Zeit debattiert wurde. Seit dem haben wir am ersten Schultag nach den Sommerferien vollen Unterricht nach Plan. Man erzählt also sechs mal, was man in den Ferien gemacht hat. Viermal auf Deutsch, einmal auf Englisch und einmal auf Französisch. Oder man hat halt Unterrichtsausfall nach Plan. Dennoch ist das eine sinnvolle Regelung. Man muss sich mal vorstellen, wie toll auf einmal die Statistik aussieht, wenn nicht mehr alle Stunden dieses Tages im ganzen Land ausfallen, und vor allem, was das für einen enorm positiven Nutzen hat! Man könnte auch schon vorarbeiten und von der nullten bis zur neunten Stunde durchunterrichten. Die Konferenzen sollen die Lehrer gefälligst nachts machen und Nachprüfungen kann man auch mal eben in den Pausen erledigen! Man sollte mit dem Unterricht an diesem Tag schon während der morgendlichen Bahnfahrt beginnen. Findet übrigens auch mein Chiropraktiker.
Es zeigt sich aber auch wieder mal: Eines ist, was ewig währt...genau: Das Beamtenrecht. Die Studien-Räte-Repubilk wird es auch noch geben, wenn Marx' und Engels' versteinerte Knochen längst Untersuchungsobjekt eines wild gewordenen Archäologen sind.
Dabei gibt es doch eine ganz einfache Lösung für das Bildungsproblem: Wir schaffen die PISA-Studien ab. Dann ist wieder alles in Butter und das Ministerium für Bildung kann es dem für Gesundheit gleichtun und sagen: "Das Bildungssystem (10 Millionen Analphabeten) ist leistungsfähig."

 

 


 

Unimatrix Sirup

Prolog
Die Föderation ballert das Raumschiff Voyager in den 70.000 Lichtjahre entfernten Delta-Quadranten, weil ihnen Captain Kathrin Janeway (auch Captain Kathy genannt) ewig auf den Wecker fällt. Diese glaubt naiv an einen Unfall mit irgendeinem „Fürsorger“, der sie heiraten will. Beim entscheidenden Rendezvous fällt ihr aber ein, dass sie ja noch ihr Haarspray zu Hause vergessen hat. Weil sie niemand in der ganzen Galaxis ungestylt sehen darf, jagt sie den Fürsorger in die Luft und schwört hoch und heilig, dass sie sich und ihre Crew auf dem schnellsten Wege wieder nach Hause bringen wird. Und das wird die längste Kaffeefahrt in der Geschichte der Föderation.
In einer anderen Ecke des Delta-Quadranten existiert eine Spezies mit einem kollektiven Bewusstsein. Es sind die Tork, die Super-Kommunisten des Universums. Jede humanoid wirkende Torkdrohne ist mit jeder anderen vernetzt. Sie bestehen halb aus organischen und halb aus technischen Komponenten. Sie vermehren sich, indem sie andere Lebensformen in ihr Kollektiv assimilieren. Sie machen sie zu Sklaven ihres Bewusstseins. Jeder Hauch von Individualität wird ausgelöscht. Ihr Ziel ist es, das Universum zu beherrschen. (Mal ganz was Neues!)

Kapitel 1
Fähnrich Paris befindet sich gerade auf dem Holodeck und geht seinem Lieblingshobby nach.
„Brücke an Holodeck 2, Fähnrich Paris, Sie sind seit einer halben Stunde im Dienst!“
„Klack, klack, klack. Fire in the hole!”
„Fähnrich Paris SOFORT auf die Brücke oder Sie werden zum Hausmeister degradiert!“
„Terrorists win!“

Auf der Brücke hat Fähnrich Kim grade seinen GameBoyColor® sowie das neuste Pokémon™ herausgekramt und die Brückenmannschaft guckt eifrig zu, als der Janeway-Alarm losgeht und alle wie wild an ihren Posten zurückkehren. Irgendein namenloser Fähnrich stellt sich an den Turbolift und nimmt Haltung an, als die Türen des Turbolifts aufgehen.
Fähnrich: „Captain auf der Brücke!“
Doch irgendwas ist anders. Die Türen des Lifts gehen auseinander. Nebel, der sich langsam auflöst, verhüllt die darin stehende Gestalt. Es ist ein Mann in einem langen Ledermantel und einer coolen Sonnenbrille. Der Mann hebt die Arme und brüllt: „DJ TUVOK IN DA HOUSE!“
Mit einem Knopfdruck jagt er ohrenbetäubende Musik durch die Audiosysteme der Voyager. Die Brücke wird in Discolicht getaucht und alle sind schon fett am Abrocken, als Cpt. Kathy durch den anderen Turbolift kommt.
Cpt. Kathy: „Computer, Musik abschalten!“
Computer: „Sicherheitsautorisation erforderlich!“
Cpt. Kathy: „Authorisation Janeway 08/15!“
Computer: „Bitte Frage neu formulieren!“
Cpt. Kathy: „RUHE!“
(alles verstummt)
Cpt. Kathy: „Alle auf ihre Posten, SOFORT. Tuvok, nehmen Sie den Joint aus der Fresse und entfernen Sie die Nebelmaschine von meiner Brücke. Was soll denn dieser Krach? Das ist ganz schlimm für meine zarten Öhrchen!“

Kapitel 2
Die Tork existieren schon, seit es Schokolade gibt. Ihr Hauptquartier ist „Der Komplex“. Dort haust auch Gunda, die Torkkönigin. So eine richtig olle Schrulle, die irgendwann so behämmert aussah, dass sie sich hat zerlegen lassen. Immer, wenn jemand sie besuchen will, muss sie sich erst zusammenbauen. So ähnlich wie die Dinger in den Überraschungseiern. Diesen quälenden Prozess hat sie grad hinter sich. Eine Drohne, die von zwei anderen hereingeschleift wird, „steht“ vor der Königin.

Gunda: „Four of Twelve, Sie sind völlig besoffen. Sie sind eine von vielen mit diesem Leiden. Aber ich kann Ihnen helfen. Wir müssen die mit der Krankheit schneller identifizieren können. Helfen Sie mir die IP-Adresse zu finden. Dann können wir dem ein Ende bereiten.“
Während sie dies sagt, wird das Gesicht der Drohne so grün wie das Schimmern ihrer Implantate. Schließlich muss sie kotzen.
Gunda: „Ich weiß, wie unangenehm das für Sie sein muss. Sagen Sie mir, was ich wissen will!
Drohne: „Öh...Ich kann mich an nichts mehr erinnern...
Gunda: „Defragmentiert ihn!“
Drohne: „NEIN!“
Gunda: „Warten Sie. Fahren Sie ihn herunter und bauen Sie seine Festplatte aus!“

Kapitel 3
Im Frachtraum der Voyager erwacht Seven of Nine, tertiäres Attribut von Unimatrix 01 (aber Sie dürfen Sevie zu ihr sagen), aus ihrer Regeneration. Ihr Kopf tut weh. Sie fühlt sie wie nach einer durchzechten Nacht. Das bedeutet bei ihrer Toleranzschwelle für Alkohol, dass sie das Gläschen Sekt diesmal ausgetrunken hat. Sie torkelt sofort zum Doktor.
Sevie: „Computer, KNH (Kosmetisches Notfallhologramm) aktivieren!“
KNH: „Bitte definieren Sie die Art des kosmetischen Notfalls.“
Sevie: „Hallo, Zuckerschneckchen. Ich habe ganz normal regeneriert, aber auf einmal, da war ich auf einer Party! Aber dann bin ich aufgewacht.
KNH: „Meinen Anzeigen zur Folge haben Sie geträumt. Ein bedeutender Schritt in Sachen Menschlichkeit!“
Sevie: „Und in diesem Traum, da war dieser unglaublich gut aussehende junge Mann... Werde ich in Zukunft öfter Träume haben?
KNH: „Nun ja, ausgehend von den vorliegenden Daten besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass...“
Sevie: „Ich muss weg!“

Kapitel 4
Auf der Brücke wird grade ein Notruf empfangen.
„...~ schwerer Angriff der ~ hohe Anzahl von Verlusten ~ hört mich denn keiner?“
In der Zwischenzeit liegt Captain Kathy gerade auf ihrem Sofa und guckt sich die Wiederholung der 10000. Folge von „Gute Captains, schlechte Captains“ aus der Datenbank an.
„...wir dürfen das nicht tun! Du bist Captain und ich nur Fähnrich, es verstößt gegen das Protokoll!“
„Die unendlichen Weiten des Universums sind nichts gegen meine Liebe zu dir...“
„Brücke an den Captain.“
Cpt. Kathy: „Was ist denn?“
Brücke: „Wir empfangen einen dringenden Notruf!“
Cpt. Kathy: „Ich bin beschäftigt. Die sollen damit bis zur Werbung warten!“
Brücke: „Aber Sir...“
Cpt. Kathy: „Hach, ja, ich komm ja gleich. Wieso kommen diese Notrufe eigentlich immer, wenn ich meine Pediküre mache?“
(Sie kommt auf die Brücke)
Paris: „Der Notruf kam von diesem Asteroiden hier. Wir sind in Sichtweite.“
Cpt. Kathy: „Öffnen Sie einen Kanal! Seh’ ich auch gut aus? Hier spricht Kathrin Janeway, Captain des Föderationsraumschiffs Voyager, Repräsentantin der Vereinigten Föderation der Planeten, die Schönste hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen. Sie haben einen Notruf ausgesandt und in meiner unendlichen Güte eilte ich hierher. Was ist euer Begehr?
Während sie so redet, sieht man eine ziemlich heftige Explosion auf dem Schirm und die Station auf dem Asteroiden is’ wohl im Eimer.
Kim: „Oh!“ (schießt Fotos wie ein Bekloppter)
Cpt. Kathy: „Na toll! Tragen wir ins Logbuch ein: Notruf empfangen. Hingeflogen. Bumms gegeben. Weggeflogen. Und für so was holen Sie mich auf die Brücke!“
Tuvok: „Ey, Mann! Da sind aber noch voll fett Lebenszeichen auf dem Asteroiden.“
Daraufhin stellt Chakotay ein Außenteam zusammen.

Kapitel 5
Währenddessen befindet sich Sevie in ihrem Frachtraum und träumt wieder.
Ein zweites Mal steht sie in dem malerischen Wäldchen an einem malerischen See unter einem malerischen Sternenhimmel...und wieder ist dort der „unglaublich gut aussehende junge Mann“.
Sevie: „Halooo.“
Mann: „Mein Name ist Arnold. Sie träumen nicht. Das hier ist Unimatrix Sirup.“
Sevie: „Es ist ein wundervoller Ort... diese Landschaft...und diese Ruhe!“
In diesem Moment erzeugen laute Bässe in dem malerischen See so starke Schwingungen, dass man in der Brandung baden gehen könnte.
Arnold: „Wenn wir nicht grade Party machen.“
Sevie: „Wer sind Sie?“
Arnold: „Ich bin Two-Of-Three-Einhalb, sekundäres Adverb von Subverknotung 43, Raumgitterstab 23.“
Sevie: „Sie sind eine Torkdrohne?“
Arnold: „Ja. Sie müssen mir zuhören: An diesem Ort können wir während unserer Regeneration Party machen. Aber es gibt Probleme. Das hier ist nicht real. Diese Welt befindet sich auf einem großen Computer, zu dem wir Kontakt aufnehmen können. Dieser Server ist in die Hände des Kollektivs gefallen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie ihn zerstören können. Sie müssen uns helfen.“
Sevie: „Aber wie?“
Arnold: „Finden Sie den Server und bringen Sie ihn an einen sicheren...“
„Brücke an Sevie, melden Sie sich im Transporterraum.“ So wurde sie jäh geweckt. Sie hatte verpennt. Nichts wie los.

Gunda: „Danke, Four Of Twelve! In deiner Festplatte war die Position des Servers von Unimatirx Sirup gespeichert. Jetzt, wo er sich in unserer Gewalt befindet, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis er zerstört wird, und dann gibt es keine Drohne, die sich meiner Kontrolle entziehen kann. Muhahaha!“

Kapitel 6
So langsam trudelt das Außenteam im Transporterraum ein. Tuvok steht gelangweilt auf der Transporterplattform. Er hat sich zugestöpselt und hört sich mal wieder seine Lieblingsmucke an. Während Kim einen neuen Film in seinen Fotoapparat einlegt, macht Chefingenieurin B’elana Paris schöne Augen. Endlich kommen Ctp. Kathy, Sevie und ein namenloser Lieutenant rein. Dieser zieht einen Gepäckwagen hinter sich hier, auf dem ein ganzer Stapel Koffer liegt. „Was ist das?“ fragen alle.
Cpt. Kathy: „Mein Handgepäck. Können wir? Energie!“
Chakotay übernimmt das Kommando auf der Brücke. Heute ist der Geburtstag eines Stammeshäuptlings seiner Vorfahren, weswegen einige Adlerfedern seinen Kopf in voller Kriegsbemalung zieren. Statt einer Uniform trägt er ein Hemd und eine Hose aus Büffelleder.
Auf dem Asteroiden materialisiert sich das Außenteam und inspiziert die Station.
Cpt. Kathy: „Was ist das denn für ein Haufen Schrott hier? Ich dachte, der sei von den Tork assimiliert worden.“
B’elana: „Von wegen Perfektion! Hier müsste man erstmal staubsaugen!“
Paris: „Oh, cool. Das ist ja ein ultraleichter Hyperschraubenschlüssel! Darf ich den behalten?“
Cpt. Kathy: „Ach, was wollen Sie denn damit?!“
Paris: „Bitte, bitte!“
Cpt. Kathy: „Ja, gut, aber jetzt seien Sie still!“
Paris: „Juhu!“
Kim hat inzwischen mindestens zwanzig Fotos geschossen.
B’elana: „Gehen wir mal hier entlang.“
Kim: „Ich hab Angst im Dunkeln!“
B’elana: „Guck mal hier, die haben auch so einen schönen Wandteppich, den will ich auch haben.“
Paris: „Was willst du denn mit so einem dämlichen Teppich? Der kostet nur Replikatorrationen!“
B’enana: „Aber unser Quartier sieht so kahl aus!“
Paris: „Hach, stell du dich doch ma’ ich so an! Schließlich bist du Halbklingonin.“
B’elana: „Schluchz...aber das ist doch nicht meine Schuld!“
Das geht jetzt noch eine Weile so weiter. Sie gehen durch einen langen Gang, dem die Gefechtsspuren anzusehen sind. Hier und da zucken ein paar Funken, explodieren ein paar Konsolen oder fallen ein paar Schotten aus der Wand. Das ist ja nicht weiter tragisch. Außer, wenn das Schott ein paar hundert Kilo wiegt und man genau darunter steht. So wie Cpt. Kathys Lieutenant „für den Transport von sensitivem Material“. Naja, jedenfalls hat sich dieser Lieutenant nun auf die umliegenden Quadratmeter und die Uniformen des Außenteams verteilt.
Paris: „Bah!“
B’elana (kotzt): „Ugh!“
Kim: „Hoh!“ (schießt Fotos)
Cpt. Kathy (murmelnd): „Mist! Wer trägt denn jetzt mein Gepäck? Wir haben keine Lieutenants mehr an Bord, die noch frei sind...“
Cpt. Kathy: „Fähnrich Paris, hiermit befördere ich Sie in den Rang eines Lieutenants. Mit all der dazugehörigen Drecksarbeit!“ Sie reicht ihm das Gepäck.
Sie gehen weiter und kommen in einen Raum, in dem es völlig dunkel ist. Als sie das Licht einschalten, sehen sie eine komplizierte Apparatur aus lauter Kabelsalat. In der Mitte ist ein riesiges Loch. So als ob jemand den Kern des Ganzen nicht ganz nach dem Handbuch rausgerissen hat.
Paris: „Kannst du es wieder in Gang bringen?“
Die Frage beantwortet sich von selbst, da sich das System gerade selbst in Gang gesetzt hat. Das ultramoderne hochentwickelte System hat nämlich gerade bemerkt, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Außenposten angegriffen wird und jetzt eventuell ausgelöste Feuer verbrennen könnte. Wegen der Sprinkleranlage steht das Außenteam jetzt etwas in Regen...“
Cpt. Kathy: „Janeway an Voyager. Meine Frisur verliert die strukturelle Integrität. Kosmetischer Notfall. Sofort hochbeamen!“
Und so endet die Außenmission. Doch bevor alle wieder auf die Voyager zurückkehren, kann Sevie noch einen seltsamen Schriftzug auf der Maschinerie entdecken: Puris Xirtaminu.

Kapitel 7
Die Brückenoffiziere sitzen an einem großen runden Tisch, auf dem eine Menge Kaffee und Kuchen stehen. Sevie erzählt der Besatzung gerade von ihren Erlebnissen in Unimatrix Sirup, von ihrer Vermutung, dass der von den Tork gestohlene Server wahrscheinlich auf dem Asteroiden war und dass sie Arnold helfen müssen. Natürlich erwähnt sie auch den mysteriösen Schriftzug „Puris Xirtaminu“, den sie entdeckt hat.
Chakotay: „Vielleicht ist es eine verschlüsselte Botschaft?“
Tuvok (erinnert sich, dass er eigentlich für so was zuständig ist): „Das kann sein. Einfachste Logik ist die beste...“
Es folgt eine typisch vulkanische Analyse. Nach etwa zwei Stunden ist die Hälfte der Anwesenden eingeschlafen. Nur Janeway nicht. Die hat inzwischen 12 Liter Kaffee gesoffen und aus der daraus folgenden Nervosität die Kuchenreste bis auf subatomarer Ebene zerkrümelt.
Paris (verschlafen): „Puris Xirtaminu? Wenn man es rückwärts liest, heißt es „Unimatrix Sirup“.
Tuvok guckt, als sei er gerade in ein Schwarzes Loch gefallen.
Tuvok (verdattert): „Ähm...ja...Da wollte ich gerade drauf hinaus!“
Paris: „Sie haben uns zwei Stunden lang mit Ihrem Logikzeugs zugelabert, nur um uns zu sagen, dass Sevie damit recht hat, dass der Server von Unimatrix Sirup aller Wahrscheinlichkeit nach von den Tork geklaut wurde und wir uns beeilen sollten, ihn zurückzubekommen, damit Unimatrix Sirup weiter bestehen kann?
Tuvok: „Ähm...ja.“
Cpt. Kathy: „Machen Sie es so.“ (Das wollte sie schon immer mal sagen.)
Auf der Brücke, wird gerade konzentriert Dienst nach Vorschrift gemacht.
Crewman: „Lass mich auch mal, du hast eben schon die ganze Zeit!“
Fähnrich: „Aber ich bin grad so weit! Außerdem dauert’s ja noch, bis Kim wieder zurück kommt und seinen Gameboy wiederhaben will!“
Crewman: „Aber ich durfte heute noch gar nicht!“
In diesem Moment fangen ein paar Alarmsysteme an zu surren. Die Brücke wird in grünes Licht getaucht und auf dem Schirm ist sie zu sehen: Gunda, die Torkkönigin!
„Captain...ich glaube, da will Sie jemand sprechen.“ Alle stürmen aus dem Konferenzraum auf die Brücke. Hier findet nun ein Dialog zwischen Cpt. Kathy und der Torkkönigin in Form eines ganz speziellen Smalltalks statt. Damit auch die Leser dieses Jahrhunderts ihn verstehen, hat der Autor ihn übersetzt.

Torkkönigin: „Hi Kathy, wie geht’s!“ („Ich hasse dich, du olle Schlampe!“)
Cpt. Kathy: „Hi! Wir haben uns ja ewig nicht gesehen!“ („Was willst du blöde Kuh denn schon wieder von mir?!“)
Torkkönigin: „Wie läuft’s auf der Voyager?“ („Gurkt ihr immer noch in diesem elenden Schrotthaufen zu eurer bescheuerten Erde?“)
Cpt. Kathy: „Oh, gut wie immer. Und im Kollektiv?“ („Komm zur Sache, du Nervensäge!“)
Torkkönigin: „Perfekt!...“ (Die Crew der Voyager verfällt in schallerndes Gelächter, weil in diesem Augenblick gerade eine aus Unimatrix Sirup zurückgekehrte leicht besoffene Torkdrohne gegen eine andere rennt, die deswegen leider eine Kaffeetasse auf ihr Gegenüber verschüttet. Dummerweise verursacht das ein paar Kurzschlüsse in ihren Implantaten, weswegen sie jetzt zuckend durch die Gegend torkelt und dabei die halbe Einrichtung mitnimmt.) „...naja fast.“
Cpt. Kathy: „Was verschafft mir die Ehre?“ („Wieso gehst du olle Schrulle mir eigentlich wieder auf die Nerven?!“)
Torkkönigin: „Och, nur so. Sie sind ja schon ewig nicht mehr in unserem Raum eingedrungen.“ („Kümmer’ dich ja um deinen eigenen Dreck!“)
Cpt. Kathy: „Nö, wir dümpeln hier nur so’n bisschen in der Gegend rum.“ („Du angestaubte Kaktusblüte hast Unimatrix Sirup gestohlen und willst den armen Drohnen die Party versauen, und ich werde das verhindern!“)
Torkkönigin: „Na dann noch viel Spaß!“ („Fahr zur Hölle!“)
Transmission beendet.
Cpt. Kathy: „Scannen Sie nach Torkkuben!“
Tuvok: „Yeah! Wir werden Ihnen in den Arsch treten, Sir“
Chakotay: „Bei allem nötigen Respekt! Als erster Offizier muss ich Sie darauf hinweisen, dass eine enorme Gefahr für Schiff und Besatzung besteht und gemäß §27356 Abs. 897 Sternenflottenzusatzvorschriten...“
Cpt. Kathy: „It’s my way, or the Janeway!!!”

Im Torkkollektiv.
Gunda: „Diesmal wird sie mir nicht dazwischenfunken! Jetzt, wo wir den Server in unserer Gewalt haben, können wir ihn einfach zerstören! Ich brauche ein Präzisionsinstrument!“ Man reicht ihr einen Vorschlaghammer, mit dem sie dann wie wild auf den Server einschlägt.
Gunda: „Wieso geht das nicht?! Ich bin Gunda, die Torkkönigin, und ich befehle, dass das kaputt geht!“

Kapitel 8
Sevie befindet sich wieder in Unimatrix Sirup, um Arnold zu erzählen, dass die Voyager ihm helfen wird.
Sevie: „Wir haben einen taktischen Langstreckenkubus geortet, auf dem sich der Server befindet. Wir beamen uns rein, holen den Server und beamen uns wieder aus.“
Arnold: „Erinnerst du dich noch an unsere gemeinsame Zeit vor Jahren hier?“
Sevie: „Das kommt mir alles so vertraut vor...Wir waren Freunde.“
Arnold: „Mehr als das. Sevie, ich will dich...“
Sevie: „...ohne Schlips...“
Arnold: „...ohne Kragen...
Sevie: „...ohne Schokolade!“
Und während sie sich von Honigbienen umschwirrt an der seichten Brandung des glitzernden Sees umarmen, hunderttausend Sternschnuppen ein Herzchen in den Himmel malen und die Vöglein ein Liedchen trällern...nun, ich denke, man weiß, was jetzt kommt.

Inzwischen ist die ganze Bande im Transporterraum eingetroffen. Chakotay und Paris bleiben an Bord und werden den Torkkubus angreifen, auf dem sich der Server befindet, um die Schilde zu neutralisieren. Das Außenteam krallt sich das Ding und beamt wieder zurück.
Chakotay: „Wir haben das Kriegsbeil ausgegraben! Paris, fliegen Sie ein Angriffsmanöver!“
Gerade wird die Voyager erneut von einer heftigen Salve getroffen und das Team im Transporterraum ist gespannt, ob ihr Plan gelingt. Leider sind die Schilde des Torkkubus immer noch nicht ausreichend getroffen, um den Transport zu riskieren. Alle schließen schon mal innerlich mit sich ab. Wie vor jedem Routine-Selbstmord-Wir-Retten-Irgendwen-Einsatz auf’s Äußerste gespannt, als sich die Türen des Transporterraums öffnen und Neelix mit Kochschürze- und -Mütze reinkommt.
Neelix: „Mit Neelix Fix was Tolles zaubern! Heute machen wir mal einen leckeren Targ-Teller! Einfach den Targ (klingonisches Schwein) nehmen und den Kopf abschlagen (man hört einen widerlichen Schrei und der Kopf eines Targ fällt blutüberströmt zu Boden). Den Magen füllen wir mit der Hirnmasse und wickeln ihn in den Darm des Tieres ein. Jetzt noch Neelix-Fix-für-Targ-Teller-Soße drauf. Fertig! Dazu einen leckeren Blutwein. Doll! Hat jemand Hunger?“
Normalerweise kommt das Essen in den Magen desjenigen, der Hunger hat. Diesmal ist es umgekehrt: Der Mageninhalt des Hungrigen ergießt sich auf’s Essen. Ein paar Minuten später hat der Transporteroffizier endlich die Schweinerei von Bord gebeamt. Zufällig fliegt der Torkkubus durch das Zeug im Weltraum, was seine Schilde sofort zum Kollabieren bringt.
Tuvok: „Go, go, go!“
Unser Außenteam materialisiert sich im Kubus. Natürlich weiß die Königin längst Bescheid und hat sich persönlich um die Sicherheit des Servers bemüht. Die volle Besatzung dieses Schiffes beträgt 65.536 Drohnen. (Das sind genau 216 und die Tork stehen auf so was.) Das Außenteam der Voyager besteht aus vier Personen. Raten Sie mal, wer gewinnt?
„Bam! Bam! Bam! Happy Birthday, Schweinebacke!“, sagt Tuvok, als er gerade eine weitere Drohne gekillt hat. Unglücklicherweise haben sich die Tork jetzt auf sein Phaserfeuer eingestellt und sind absolut immun dagegen.
Drohne: „Ha, ha! Pech gehabt!“
Doch kurz bevor Tuvok assimiliert worden wäre, zückt Fähnrich Kim seinen Pokéball und greift an.
„Pikatchuuu!“, schreit er und schleudert seinen Pokéball, der sich natürlich nicht öffnet, sondern der Torkdrohne voll in ihr Okularimplantat knallt. Und diese Dinger sind verdammt hart! Eine andere Drohne schleudert ihn gegen ein Schott, wodurch er benommen zu Boden sinkt.
Cpt. Kathy: „Schicken Sie das KNH hierher.“
KNH: „Doktor an Brücke! Niemand sagt mir mal wieder, was los ist, aber alle hacken auf mir rum! Mein Hintern ist gerade decompiliert und ich will sofort, dass man mir hilft!“
Chakotay: „Wir hacken nicht auf dir rum, du nervende Lichtgestalt, und jetzt beweg deinen Hintern zum Transporterraum, wir haben Probleme!“
KNH: „Isch ´abe doch keinen ´intern mehr!“
Chakotay: „Dann halt den Rest von dir!“
Der Doktor transferiert sich in seinen mobilen Emitter und begibt sich auf den Torkkubus, um Kim zu behandeln.
KNH: „Tja, Sie haben sich die Birne eingerumst. Selbst Schuld, wenn man immer das Universum retten muss. Ich verschreibe Ihnen eine Mörensaftdiät, das bringt Sie wieder auf Vorder...Kritischer Energiestand. Meine Batterien sind alle, ich muss zurück. Viel Spaß noch!“
In diesem Moment hört man gerade einen ohrenbetäubenden Knall. Der kommt von dem Panzer, den sich Tuvok hat runterbeamen lassen und mit dem er jetzt wie ein wild gewordener Rentner im Sommerschlussverkauf durch die Gegend ballert und einen Tork nach dem andern abschnetzelt. „Stirb langsam, Schnuckiputz!“
Cpt. Kathy: „Huch! Das ist aber laut! B’elana, deaktivieren Sie das Kraftfeld da. Tuvok wird für genügend Ablenkung sorgen, dass wir ohne weiteres zuschlagen können.“
B’elana: „Hach, wo muss ich denn da drücken? Vielleicht hier?“
„Herzlich Willkommen bei Tork-Shopping-TV. Heute haben wir diesen faszinierenden Maschinenarm von Bosch, dieses modische Okularimplantat von Zeiss und diesen netten Transportrucksack von Eastpack...“
Hinter ihnen öffnet sich eine Tür und eine Drohne läuft auf die beiden zu.
B’elana: „Oder vielleicht hier?“
Jetzt schließt sich die Tür. Leider war die Drohne noch dazwischen. Autsch!
B’elanas Getippse hat sich inzwischen erledigt, weil Tuvok gerade mit einem Raketenwerfer die Energieversorgung lahm gelegt hat.
Tuvok: „It’s time to rock ´n Roll!“
Cpt. Kathy: “Wo müssen wir denn jetzt lang?“
B’elana hat sich gerade in ihrem Tork-Reiseführer verheddert und deutet unsicher nach links. Und tatsächlich. Sie kommen ins Zentrum des Torkwürfels. Hier befindet sich der Server, bewacht von Gunda, der Torkkönigin und ihrer Leibgarde.
Gunda: „So sieht man sich wieder.“
Cpt. Kathy: „Ja, endlich! Regeln wir das doch ein für alle Mal unter uns beiden!“

Die Lage auf der Voyager spitzt sich indessen ebenfalls dramatisch zu.
Chakotay: „Brücke an Maschinenraum. Notenergie in die Schilde umleiten. Ich habe gesprochen. Hugh!“
Paris: „Fliege Ausweichmanöver Gamma 2.“ (Was auch immer das heißen mag.)
„Maschinenraum an Brücke. Die Notenergie wurde aufgrund eines ungültigen Vorgangs geschlossen.“
„Schilde runter auf 40%.“
Chakotay: „Computer, Bericht!“
Computer: „Was soll schon sein? Keiner redet mit mir, es sei denn, ich soll mal wieder irgendwas gerade biegen. Immer muss ich die Drecksarbeit machen, ich hatte noch nie Urlaub und auch keinen geregelten Arbeitsvertrag. Alle reiten nur auf mir rum und wie ich mich dabei fühle, ist euch doch allen egal...“

Tuvok wirft auf dem Torkkubus gerade ein paar Photonengranaten durch die Gegend, während Cpt. Kathy sich mit der Torkkönigin anlegt.
Cpt. Kathy: „Nimm dies, du machtgierige technokratische Superdiktatorin!“ (Sie wirft der Torkkönigin eine von Neelix gebackene Torten voll in die Fresse.)
Torkkönigin: „Iii. Lass mich in Frieden, du winziger Möchtegern-Captain eines Schrottkahns. Wir verfolgen höhere Ziele!“ (Dabei deutet sie auf eine Karte des Universums. Ein Teil davon ist blau unterlegt und darauf ist in allerfeinster Sonntags-Torkschönschrift geschrieben: ALLES MEINS!“
Cpt. Kathy: „Pah!“
Torkkönigin: „Ich würde gerne noch plaudern, aber ich habe keine Zeit für so einen Schwachsinn.“ In diesem Moment zückt die Königin ein Laserschwert und macht Janeway einen Kopf...nein eine Frisur kürzer.
B’elana: „Hey! Das gilt nicht! Das ist unfair! Möge die Macht dir den Hals umdrehen! Bin ich hier im falschen Film?“
In diesem Moment der Niederlage wird etwas in Janeway wach, das lange Zeit verborgen war und jetzt dringt es aus den Tiefen ihres Bewusstseins. Sie würde sich niemals geschlagen geben, sie ist Janeway, die Kriegerprinzessin, und sie würde kämpfen. Sie schnappt sich B’elanas Kot’leth (klingonische Kampfkeule) und rennt auf die Königin zu.
Cpt. Kathy: „AH! ICH WERDE DIR DAS HERZ RAUSREIßEN UND ES ESSEN!
Sie trifft Gunda direkt am Arm, was diese aber weniger stört, da sie sich ja jederzeit neue beschaffen kann. Und das tut sie jetzt auch und lässt ihre Drohnen kämpfen.
Cpt. Kathy: „IN DIE SCHLACHT!“ So kämpft sie sich durch.
B’elana: „Ich habe den Server von Unimatrix Sirup lokalisiert. Wir müssen nach rechts...ähm...nach links. Aber er wird von Superkraftfeldern und mehreren Drohnen geschützt. Da gibt es kein Durchkommen.“
Cpt. Kathy: „Vielleicht ist heute ein besonders guter Tag zum Sterben.“
Ein paar Gänge weiter hört man Tuvok.
Tuvok: „Ey, du! Ja, du da! Bist du der Chef hier?“
Gunda: „Entfernt ihn!“
Tuvok: „Soll ich dir mal was sagen? Du siehst ja so was von bescheuert aus, wenn du sauer bist!“
Daraufhin feuert er seine Shotgun ab, trifft allerdings nur ihr Bein, was daraufhin auch abfällt.
Gunda: „Ha! Glaubst du das stört mich? Ich habe noch hunderte davon!“
Sie hüpft wie Rumpelstilzchen durch die Gegend. Dummerweise rutscht sie dabei aus und fällt voll auf die Schnauze. Dann packt Tuvok sie.
Gunda: „Das können Sie nicht tun! Als Föderationsoffizier achten Sie alles Leben. Sogar Tork.“
Tuvok (lachend): „Wer hat dir denn den Blödsinn erzählt?“ Daraufhin schmeißt er sie in die Müllverarbeitungsanlage. „Rest in pieces!“
Janeway: „Gut gemacht!“
B’elana: „Da vorne ist der Server. Aber er wird von einem Superkraftfeld geschützt. Hach wie ging denn das noch mal? Durch Universum fliegen können’se, aber so was muss immer gleich so kompliziert sein!“
Janeway haut inzwischen mit ihrem Kot’leth wie eine Bekloppte auf das Kraftfeld.
Janeway: „Aufmachen! Habt ihr gehört? Ich will hier sofort rein! WAH!“
Und tatsächlich. Cpt. Kathy hat das Kraftfeld nur mir ihrem Kot’leth geöffnet. Nun gut, vielleicht lag’s auch daran, dass Tuvok seine Laser-MG benutzt hat. Die anderen Tork waren nicht besonders erfreut darüber, dass Tuvok ihre Königin zwangsrecycelt hat, weswegen sie sich ziemlich wütend nähern.
Chakotay: „Beamen Sie sie da raus. Die Schilde kollabieren!“
Transporterchief: „Ich kann sie nicht erfassen!“
Chakotay: „Sie sind gefeuert!“

Kapitel 9
In letzter Sekunde werden sie und der Server doch noch vom Transporterstrahl erfasst. Die Voyager entkommt dem Torkschiff und fliegt weg. Jetzt müssen sie nur noch einen „sicheren Ort“ für den Server finden. Das gestaltet sich angesichts der Tatsache, dass die Tork die gesamte Galaxis erreichen können, ziemlich schwierig.
B’elana: „Drei Lichtjahre von hier ist eine Raumanomalie... Aber natürlich! Wenn wir die mit einen triaxilierenden Tachyonimpuls energetisieren, erzeugt das eine Multiphasenraumzeitverwurschtelungskonvergenz und dort wäre der Server sicher!“
Tuvok: „Ja klar! Das ich da nicht selbst drauf gekommen bin...“
Im Frachtraum passen Sevie und der Doktor geraden Sevies Alkoven an, damit sie auch in Zukunft mit Arnold zusammen sein kann.
Sevie: „Ich freue mich schon auf meine künftigen Aufenthalte dort.“
Doktor: „Was hat dieser Arnold, was ich nicht habe?“
Sevie: „Ich stelle jetzt die Verbindung her...“
Doktor: „Hey! Was ist mit uns? Den Lektionen in Sachen Menschlichkeit...es gibt da eine, die wir noch vergessen haben...Sevie...mein Lieblingsdröhnchen...hey!“

...und die Kaffeefahrt geht weiter!

 

 

 

 

Ich will´s ja nicht an die große Golcke hängen, aber...

 



Ich habe Europa acht Mal erobert.

Ich habe die Welt vier Mal erobert.

Ich habe den Overmind auf Char besiegt und das Universum gerettet.

Ich habe Lordaeron von den Untoten und der Brennenden Legion befreit.

Ich habe das Unreal Tournament gewonnen.

Ich stellte mich ?Unvorhersehbaren Konsequenzen?.

Ich habe die Bruderschaft von Nod besiegt.

Ich habe die Terror-Organisation H.A.R.M. zerschlagen.

Ich bin Erz-Prestidigitist und Stormmaster.

Ich habe das Geheimnis der Bionten gelüftet und ihren Brückenkopf vor Australien zerstört.

Ich bin durch die Höllenpforte gegangen und habe Diablo, den Herrn des Schreckens, geschlachtet.

Ich habe Baal, den Herrn der Zerstörung, im Weltsteinturm besiegt.



Ach ja, und ich hab´ die Hausaufgaben nich´.

 

 
 
 
 Von Elben verlassen
Elben weilten einst auf dieser Welt,
lang bevor der Mensch sie hat entstellt.
Sie hüteten die grünen Wälder der Ewigkeit,
gesegnet mit der Gabe der Unsterblichkeit.
Ein stiller Friede herrschte in ihren Reichen,
keiner musste in Mandos Hallen weichen.
Dann traten die Menschen in unsere Welt,
ein jeder von ihnen nur einen Augenblick,
zu kurz, um der Elben Weisheit zu erlangen,
lang genug, nicht spurlos zu entschwinden.
Es schwand das Reich der Elben,
ihr Sternenlicht verblasste,
des Weißen Baumes Blätter welkten,
dem ewigen Frieden drohte Krieg.
Doch mit dem Segen der Valar
für ihr Schicksal auf Erden
ritten die Elben in einem riesigen Heer
mit Pfeil und Bogen auf ihren Pferden,
und aus grünen Wäldern floss ein weißes Meer.
Beim Anblick dieser Göttlichkeit
beliebte es der Menschen tapfren Recken
sich in finstren Höhlen zu verstecken,
entgegen aller Ritterlichkeit.
Die Menschen kämpften nicht,
entfesselten jedoch im Abendlicht
mit einer teuflisch Wissenschaft
der Sonne schöpferische Kraft,
vernichtend auf der Elben Heer.
Was bis dahin ward ewiglich,
ward von da an nimmer mehr.
Mandos Hallen füllten sich.
Das einzige, was von den Elben übrig bleibt,
ist eine Träne, die Galadriel geweint.
Gefasst in glitzerndes Gestein,
halte ich sie in meiner Hand,
ich, der letzte Dunedain,
der ich hier stehe allein am Strand.
Einsam weile ich an diesem magischen Ort,
von wo die letzten Elben segelten fort.
Doch seht dort!
Ein Waldläufer, der sich im Wald verläuft
und im verstrahlten Fluss ersäuft.
Elben wandeln nicht mehr auf diesen Trassen
sie haben unsere Welt längst verlassen.
 
 

 

  
   Gute Nacht

 

 

Gute Nacht.

 

 

 

 

Dunkelheit und Angst. Manchmal hat man böse Träume, Alpträume. Und es gibt diese Momente, in denen man noch mal überprüft, ob die Tür auch wirklich verschlossen ist. Man durch das Haus eilt und alle Fenster verschließt. Wenn dein Gehirn dir etwas vorspielt was nicht da ist. Oder ist da doch etwas? Als Kind schaut man schon mal unter das Bett, bevor man sich schlafen legt. Es könnte ja etwas darunter sein. Was böses, dunkles, etwas, was deine Seele will. Dir keine Ruhe und dich nicht schlafen lässt.

 

Augenblicke, in denen man Geräusche hört, die nicht da sind. Schatten in jeder Ecke sind, die da nicht hingehören. Am nächsten Tag lacht man über sich selbst. Aber in diesen einsamen, dunklen Momenten hörst du dein Herz hämmern, ein eiskalter Schauer läuft über deinen Rücken und dein Magen verkrampft sich. Ist das alles nur Einbildung? Auch wenn man am nächsten morgen oder wenn das Licht wieder an ist, darüber lachen kann. Aber erklären? Kannst du es dir erklären? Spielt unser Verstand nur Spielchen mit uns? Gaukelt er uns nur etwas vor? Sind das Urängste oder ist da manchmal wirklich etwas, dass wir nicht wahr haben wollen, nicht da sein darf und doch existiert?

 

 

 

Nachts, wenn es dunkel ist. Traut sich dann etwas an die Oberfläche, kriecht dann etwas aus diesem Nichts in unsere Welt hinein und beobachtet uns? Lauert auf uns? Ist dieser Schatten in der Ecke wirklich nur ein dunklerer Fleck, das Fehlen von Licht? Ist es nur ein Gefühl, von gierigen, hasserfüllten Augen, beobachtet zu werden oder ist da doch mehr?

 

 

 

Ein Psychiater hätte sicher viele Antworten. Könnte es vielleicht mit dem Unterbewusstsein, Phobien und traumatischen Ereignissen erklären. Aber er war ja auch nicht dabei in dieser Dunkelheit, wenn man sich vor Angst fast in die Hose macht und als Kind vielleicht getan hat. In seiner Praxis ist Licht oder es ist tag hell. Und verdammt er war nicht da und hat keine Ahnung davon, wie es ist, wenn man nachts die Augen schließt, seine Hände unter der Decke versteckt und auf das Monster wartet.

 

 

 

Ich meine damit nicht die Spinne, die dir nachts vielleicht langsam über das Gesicht läuft oder der hässliche kleine Käfer, der dir langsam in die Ohren kriecht. Nein, etwas viel Tieferes, Unbeschreibliches, den Verstand raubendes und tödliches Chaos, das böse und verschlagen ist. Mit dir spielt und dir Angst machen will. Von wo kommt es? Wo ist es dieses mal? Im Schrank? Unter dem Bett oder direkt hinter dir, in der vom Licht verlassenen Ecke?

 

 

 

Schnell das Licht an. Aber das ist doch lächerlich. Du bist doch erwachsen. Nur kleine Kinder schlafen mit Licht. Also Licht wieder aus. Und sie sind wieder da die Schatten, Schatten, die sich seltsamerweise bewegen können. Einsam in seinem Bett zu liegen und zu horchen. Ein Geräusch, mal wieder ein Knacken im Holz oder doch jemand der sich leise und langsam immer dichter heranschleicht? Ein kalter Hauch, ein leises Stöhnen. Es ist nur der Wind, Durchzug halt. Aber glaubst du das wirklich? Kannst du dir das einreden oder spürst du die Kälte, das Frösteln, wenn dieses Ding immer näher kommt, deinen Verstand und deine Seele stehlen will? Wenn du wie gelähmt in deinem Bett liegst, gefangen bist und das Böse, dieses Ding, sich immer näher und näher an dich heran pirscht und nach dir greift. Wenn du den Atem anhältst, um nur kein Geräusch zu verpassen. Und du fühlst, es kommt näher und näher. Du spürst es, kannst es nicht erklären und doch ist es da. Es stiehlt sich langsam aber unweigerlich heran und flüstert dir unglaubliche Sachen ins Ohr.

 

Und du kannst dich nicht wehren, nicht bewegen, nicht mal zucken. Deine Kehle ist wie zugeschnürt. Auf deinem Brustkorb liegt ein unerträgliches Gewicht und dein Magen dreht sich immer schneller und du traust dich fast nicht mehr zu atmen. Bewegungsunfähig, bis auf dein wie wild rasendes und pochendes Herz, wartest du auf dein schreckliches Ende. Es hat dich fast, will dich mitnehmen in seine finstere, kalte und traurige Welt. Und wenn du kurz davor bist, deinen eh schon geschundenen Verstand völlig zu verlieren und es dich fast auf seine Seite der Dunkelheit gezogen hat, erwachst du mit einem Schrei. Schweiß gebadet, mit einem Herz, das fast deinem Brustkorb zerreißt und immer noch zitternd. Dieses Mal machst du das Licht an und es bleibt an. Scheiß drauf, es merkt ja keiner, außer dir selbst.

 

 

 

Also schlaft recht schön und gute Nacht.

 

 

 

Stern der Fröhlichkeit.


 

(2008)

Wie jeden Abend zog der kleine Jan die Gardine am runden Dachfenster zur Seite und legte sein Fernrohr, das ihm Onkel Kapitän vor langer Zeit geschenkt hatte, auf das blaue kleine Extrakissen neben sich. Mit einem dicken Band hatte er es am oberen rechten Bettpfosten befestigt, um sicher zu gehen, dass es nachts nicht hinunterfallen konnte. Er hegte seit langem den sehnlichen Wunsch, auch selber den „Stern der Fröhlichkeit“ zu entdecken, von dem der Onkel so oft erzählte, während die Matrosen an Deck sangen, weil sie sich vor der stürmischen dunklen Nacht fürchteten, suchte der Kapitän mit dem Fernrohr nach dem Stern. Hatte er ihn dann gefunden, legte er sich in die Koje und schlief froh ein.

Bei diesen Gedanken sprang der kleine Junge schwungvoll ins Bett und rief nach der Mutter, die sich auf die Bettkante setzte, um ihm noch eine Geschichte vorzulesen.

„Gute Nacht und schlaf schön!“ Sie küsste ihren Jungen liebevoll auf die Stirn.
„Ich werde heute Nacht nicht schlafen, denn Onkel Kapitän kommt bald von der Reise zurück und ich habe immer noch nicht den Stern der Fröhlichkeit gefunden!“, sagte Jan und sah vertrauensvoll zum Fenster, indem er liegend das Fernrohr vor seinen Augen in Stellung brachte.

„Ach, immer diese Seemannsgeschichten vom Onkel!“, seufzte die Mutter und verließ den Raum. Der Junge kuschelte sich gemütlich ins Kissen und schon bald schlief er ein.

- Es dauerte nicht lange, da schoben sich viele hell beleuchtete Hügel ins Blickfeld, auf denen Mädchen in bunten langen Kleidern leichtfüßig tanzten. Sie hüpften und sprangen und ließen sich vom Licht der Fröhlichkeit leiten. Auf den Schultern hinter dem Kopf trugen sie ein mit Stoff bespanntes hohes, silbergoldenes Rad, an deren Seiten blaugrüne Bänder befestigt waren und im Rhythmus der Bewegungen hin und her flatterten.
Im Tal der Berge fanden sich junge Männer und Frauen ein, die durch überschwängliches leichtes Antippen auf die Oberkörper ihre Zuneigung zu bekunden schienen. Daraufhin zeigten einige nach oben und sogleich tänzelten sie miteinander zu den Anderen in der Höhe. Auf ihren jungen Gesichtern erstrahlte eine unbeschwerte Freudigkeit.
Dann näherten sich aus dem Hintergrund der hellen Erhebungen noch mehr hüpfende Menschen, die in beiden Händen kleine violette leuchtende Kugel hielten. Sie sprangen und wiegten sich im gleißenden Licht und verwandelten mit ruckartigen Armbewegungen die violetten Kugeln in gelbe Vierecke. Alle, die sich bereits auf den Bergen befanden, strömten leichten Fußes herbei, um sich das schöne Spektakel anzusehen. Doch nicht genug, denn bei wechselnden kreisenden Bewegungen veränderten sich die gelben Vierecke in grüne Dreiecke, aus denen leuchtender Strahlensand zur Erde fiel und kleinste Hügel entstehen ließ.

Ein leises Raunen ging durch die Menge und jeder tippte seinem Nächsten an den Oberkörper, ein sichtbares Zeichen von höchster Begeisterung, denn sie erlebten das Entstehen ihrer geliebten Berge. Plötzlich schauten alle in eine Richtung und sahen golden glänzende Himmelsfäden auf sich zukommen, an deren Enden kleine Kinder hingen. Wie Marionetten wurden sie von einer unsichtbaren Hand vorsichtig hoch und runter gezogen. Ein wunderbarer Anblick für die staunende Menge, die inzwischen gar nicht mehr wusste, wo sie zuerst hinschauen sollte.

Während die Fröhlichkeit ihren Höhepunkt zu erreichen schien, drang von unten ein immer dunkler werdender Schatten ins Helle, stieg höher und höher, bis das goldene Licht hinter den Hügeln verschwand. -

Verwundert öffnete Jan seine Augen und fand sich wie immer im Bett liegen. Es war noch recht dunkel und er konnte nur ganz schwach die Umrisse der Möbel in seinem Zimmer erkennen. Aufgeregt vom Erlebten tastete er nach dem Fernrohr, das nach wie vor an derselben Stelle neben ihm lag. Irgendwie konnte er das alles nicht begreifen und rief daher laut und aufgeregt:
„Mama, Mama, komm schnell!“
Erschrocken stürmte die Mutter ins Zimmer:
„Was ist los! Hast du schlecht geträumt?“
„Nein, ich habe nicht schlecht geträumt. Ich war auf dem Stern der Fröhlichkeit!“, antwortete er mit fester Stimme und fiel ihr freudig um den Hals.

„Ich war wirklich dort, ganz ganz wirklich. Ich habe den Stern vom Onkel gefunden!“, versicherte er voller Überzeugung seiner skeptisch dreinblickenden Mutter.
„Ich glaube es dir!“, sagte sie und streichelte dem glücklichen Jungen über den Kopf.
„Aber trotzdem musst du jetzt weiter schlafen, denn es ist noch mitten in der Nacht“, flüsterte sie leise und zog fast lautlos die Tür hinter sich zu.

Tage vergingen und Jan sah oft erwartungsvoll aus dem Fenster, denn in diesem Monat sollte der Onkel von seiner langen Schiffsreise nach Hause kommen. Unbedingt wollte er als erster von seinem Sternenfund berichten.

Dann war es so weit. Mit einem lautem Klopfen kündigte sich dessen Ankunft an. Als er es hörte, fiel Jan beinahe vom Stuhl, eilte zur Tür, öffnete und ließ den Onkel mit seinem Seemannssack eintreten. Des Jungen Worte überschlugen sich vor Freude:
„Onkel, Onkel ich habe den Stern der Fröhlichkeit gefunden und war auch dort. So ganz ganz richtig!“
„Na, siehste, man muss nur lang genug durchs Fernrohr sehen, dann entdeckt man die dollsten Sachen!“, beteuerte der Heimgekehrte schmunzelnd und küsste Jan fest auf die Stirn.

© Heidrun Gemähling

 
 

Die trillernde Kuckucksuhr.

 

(Juli 2008)

In Schweden hatten die Kinder Sommerferien und so kam Gunnar, ein kleiner Junge mit blonden Haaren, zu seinem Cousin Peter nach Grummelhausen in Deutschland. Das Haus, in dem Peter mit seinen Eltern lebte, war schon sehr alt aber gemütlich. Die beiden verbrachten aufregende Tage miteinander und es wurde nie langweilig.

In dem Zimmer der beiden hingen an der Wand zwei Kuckucksuhren dicht nebeneinander, doch nur bei einer machte der Vogel kuckuck. Sonderbar dachte Gunnar und fragte am späten Abend, als beide fast schon schliefen:
"Sag mal, Peter, warum kuckuckt nur die eine Uhr?".
"Das weiß ich auch nicht so genau, nur, dass die eine dem verstorbenen Großvater gehörte!", sagte Peter leise und schlief ein.

Gunnar konnte in dieser Nacht nicht richtig schlafen, denn immer wieder wurde er wach und dachte darüber nach, was mit der stummen Uhr nur los sein könnte. Schon ganz in der Frühe stellte er einen wackeligen Stuhl unter die rätselhafte Uhr, stieg hinauf und nahm sie von der Wand. Fast wäre er hinuntergefallen. Er besah sich die Uhr von allen Seiten und entdeckte eine Klappe, die sich mit einer Drehung eines kleinen Hakens öffnen ließ.
"Oh, was ist denn das?" rief er laut.
Peter wachte auf und murmelte ganz verschlafen:
"Was machst du denn da mit der Uhr?".
"Schau mal, was ich gefunden habe. Hier, einen Zettel mit vielen bunten Buchstaben. Der steckte in dem kleinen Rädchen!", und hielt Peter die Zeilen unter die Nase.
Neugierig nahm er den Zettel und sagte leise:
"Ich kann doch noch nicht lesen!". Beide liefen aufgeregt ans Fenster zum Morgenlicht.
"Gib schon her!", sagte Gunnar und riss das gefaltete Stück Papier an sich.
"Bin ich froh, dass ich in Schweden auf eine deutsche Schule gehe, sonst könnte ich das nicht verstehen!", sagte er und fing an zu lesen.

"Wer diese Zeilen findet und die Anregungen befolgt, der kann ein Kuckuckstrillermeister werden!".

Mache
einen großen bunten Vogel
mit einem hohlen Bauch,
mit 'nem kleinen Kügelchen
und Trillerplättchen auch.

Dann
noch ein kleines Röhrchen
zum Blasebalg mit Luft,
und Anschluss an Mechanik,
die stündlich den Vogel ruft.

Euer Tüftelmeister

"Ist das ein cooler Großvater!", kam es freudig aus Peters Mund und er sprang im Zimmer umher. In diesem Augenblick hörten sie Schritte und die Mutter trat ins Zimmer.
"Was habt ihr mit der Kuckucksuhr gemacht und was ist das da in deiner Hand, Peter?", fragte sie erstaunt.
"Das ist ein ganz besonderes Geheimnis vom Großvater!", erwiderte Peter und reichte der Mutter den Zettel.
Sie las aufmerksam und ein Schmunzeln kam über ihre Lippen:
"Das sieht dem Großvater ähnlich, dem alten Tüftler!", zwinkerte dabei den beiden Kindern zu, und alle polterten die Treppe zum Vater hinunter.
"Na, was ist denn mit euch los", rief er ihnen entgegen.
"Wir haben eine neue Idee für trillernde Kuckucksuhren gefunden!", sagte Gunnar stolz und stellte sich dicht neben Peter.
"Ach ja, die Jugend!", seufzte der Vater und schenkte sich frischen Kaffee ein.
"Aber Onkelchen, seit wann ist ein Großvater jugendlich?", schmunzelte Gunnar und stand auf, um sich liebevoll an seine Schulter zu schmiegen.
"Die Worte auf dem Zettel hat doch dein Vater geschrieben! Wir sind die Finder und er ist der Erfinder", fügte der kleine Peter noch hinzu.

"Ihr könnt zum Tischler Krachselhuber gehen, der kann euch sicherlich weiterhelfen!", sagte die Mutter, während sie sich das nächste Brötchen mit Butter beschmierte.
"Au ja, prima Idee!", riefen die Kinder fast gleichzeitig und sprangen stürmisch von den Stühlen.
"Halt, halt! Erst wird aufgegessen und dann könnt ihr euer trillerndes Glück versuchen!", beruhigte sie die Mutter.
Kaum dass sie zu ende gegessen hatten, liefen sie zum Meister in die Werkstatt.
"Ihr seid ja ganz aus der Puste, was ist los?", fragte er besorgt.
Gunnar hielt ihm den Zettel hin und sah ihn erwartungsvoll an, während er las.
"Da lässt sich sicherlich was machen!", sagte er zuversichtlich und schaute über seine Brille zu den beiden hinunter.
"Kommt morgen wieder, da habe ich mehr Zeit!", sprach es und drehte sich wieder seiner Arbeit zu.
"Machen wir!", erwiderte Peter und zog Gunnar am Arm nach draußen.
Gunnar fragte dann nach einer Weile:
"Hast du gesehen wie der Meister so interessiert auf den Zettel schaute?".

Nachts fanden die beiden kaum Schlaf, sie waren zu aufgeregt. Gleich nach dem Frühstück am nächsten Morgen rannten sie los und betraten die Werkstatt. Sie trauten ihren Augen kaum, denn da stand Meister Krachselhuber mit einem kleinen Ding in Händen. Er betrachtete es zufrieden von allen Seiten, hielt es vor den Mund und blies kräftig in eine kleine Öffnung.
"Donnerwetter, es trillert ja wirklich! Da werden die Kinder aber staunen!", murmelte er vor sich hin und legte das Trillerding in eine Schublade.
In diesem Moment entdeckte er die Kinder, nahm seinen über Nacht gefertigten Vogel wieder heraus und sagte freudestrahlend:
"Habt ihr gehört, er hat getrillert! Euer neuer Kuckuck hat getrillert!".
Staunende Kinderaugen sahen ihn an und Gunnar rief vor Freude:
"Hurra, jetzt können wir mal Kuckuckstrillermeister werden!", und nahm Peter stürmisch in die Arme.
"Ja, das könnt ihr!", versicherte der alte Krachselhuber und schritt sichtlich gerührt mit ihnen zur Tür.

© Heidrun Gemähling
 



 

Dachbodengeflüster

 

Seit Tagen hatte eine melancholische Stimmung sie in die Vergangenheit getragen und Gedanken an die Kindheit hervorgewühlt. Wie doch bloß die Zeit vergeht, dachte sie, und stieg eines Tages gedankenverloren die Treppen zum Dachboden hinauf. Sie schob den kleinen Riegel zur Seite und öffnete die Tür. Ihr Blick fiel sofort auf die Kiste unter der Dachschräge. Schnellen Schrittes lief sie darauf zu, hob mit Schwung den Deckel ab und schaute neugierig hinein.

Ihre geliebte Puppe „Ute“ im von der Oma selbstgenähten, roten Kleid lag gleich obenauf. Der seitlich eingedrückte Pappmaché-Kopf kam zum Vorschein mit starren, blauen Augen, die für sie immer noch lebendig wirkten und daneben lag eingequetscht der abgetrennte Stoffarm. Die alt gewordene Marlene durchlebte berührende Momente. Kaum hörbar flüsterte sie:
„Ich habe dich immer noch lieb!“, hob ihre Entdeckung heraus und besah sie sich erneut von allen Seiten.
Sie hatte das Gefühl, daß das Püppchen sie verstand, so wie früher, als sie hinter dem alten Sofa Mutter und Kind spielten. Nochmals wühlte sie in der Kiste. Dabei entdeckte sie den bunten Kasper aus Blech, der früher auf dem Rad eine Schnur hatte entlang fahren können. In der unteren Ecke steckte der braune Bär mit nur einem Ohr, das andere war mit einem Heftpflaster beklebt, weil Struppi, ihr damaliger Hund, es voller Begeisterung abgerissen hatte. Die Glasaugen fehlten und aus einem Bein ragte Holzwolle hervor.
„Auch euch habe ich lieb!“, sagte sie leise vor sich hin. Es war ihr, als höre sie ihre Liebsten antworten. Wie damals als Kind.
Die Gedanken an frühere Zeiten überwältigten die alte Frau. Sie ging seitwärts, öffnete das Dachfenster, sah den wolkenverhangenen Himmel und fing an zu weinen.
In diesem Moment wurde ihr bewußt, wie lebendig doch Erinnerungen sein können und wandte sich erneut der Schatztruhe zu. Mit noch verschwommenen Augen durchwühlte sie den Rest und hielt plötzlich ein Buch in der Hand, ihr geliebtes erstes Schulbuch mit dem schönen Märchen „Sterntaler“. Sie klemmte es sich unter den Arm und spürte, als sie die Treppe wieder hinabstieg, ein befreiendes Gefühl in ihrem Herzen.

© Heidrun Gemähling

 

Liebe geht durch den Magen.

 

Seit langem war Petra bewusst, wie schnell doch die Zeit verrann. Ein Blick in den Spiegel erinnerte sie daran, dass ihre jugendliche Ausstrahlung immer mehr an Glanz verlor. Bedrückt drehte sie sich weg, machte einige Schritte zum Fenster und wieder zurück in den in das rote Licht der untergehenden Sonne getauchten Raum. Ihr Blick fiel auf die alte Kommode in der Ecke, auf der die grün gepunktete Bowle aus mattem Glas stand, ein Andenken an eine große Liebe, die schmerzhaft zerbrochen war. Wehmut überschattete ihre Gedanken, die Erinnerungen lebendig werden ließen.

Wie oft hatten sie engumschlungen auf der von Wein umrankten Veranda gesessen, manch köstliches Getränk getrunken und übermütig gescherzt, das Summen der Bienen gehört, die zwitschernden Vögel auf dem Zweig beobachtet, der das Vordach berührte. Gefühle der Liebe hatten die Seiten gewechselt und das Glück scheinbar vollkommen gemacht.

An das traurige Ende mochte sie nicht weiter zurückdenken. Es schmerzte noch genauso wie damals in ihrem Herzen.

Immer noch träumend, machte sie einige Schritte nach rechts und begutachtete sich erneut in dem großen Spiegel. In diesem Augenblick stand plötzlich Max freudestrahlend hinter ihr, galant aber auch eitel zugleich, was ihre Begeisterung erheblich bremste. Seine Überraschungen für sie waren stets ausgefallen und diesmal sogar von ganz besonderer Art. Hinter seinem Rücken hielt er einen blütenbedeckten Strohhut verborgen und zupfte mit einer Hand unbeholfen daran herum.

Petra schaute weiter in den Spiegel, fing aber dann laut herzhaft an zu lachen, denn sie konnte seine verzweifelten Anstrengungen im kleineren gegenüberliegenden Spiegel verfolgen. Ein verlegenes Lächeln huschte über sein Gesicht.

Ruckartig drehte sie sich um, nahm sein Gesicht in beide Hände und küsste ihn zärtlich. Seine Verlegenheit steigerte sich von Sekunde zu Sekunde und ließ ihn erröten und verstummen.

„Max, was willst du denn heute zaubern?“ fragte sie gespannt und zog neugierig seine rechte Hand samt Hut hinter seinem Rücken hervor.
Gleichzeitig streckte er auch seine Linke hervor, entnahm dem Hut eine rote Blume und hielt sie ihr zärtlich lächelnd entgegen.
„Für dich“, sagte er leise, „denn die Liebe geht auch durch den Magen, pflegte meine Mutter zu sagen“.
„Die ist ja aus Marzipan!“ rief Petra erfreut und biss sofort ein Stückchen ab.
„Lass dir Zeit !“ erwiderte Max gelassen, „am Hut sind noch vier weitere Blumen, die deinen Magen schmücken können!“.
Strahlende Augen sahen sich an, und in diesem Moment stiegen altbekannte Gefühle in ihr auf.

© Heidrun Gemähling


 

Die schrille Tante aus Buxtehude.

 

(2004)

Die Einladungen für das jährliche Familientreffen sollten zusammengestellt werden, und daher trafen sich einige Verwandte in kleiner Runde, die nicht so weit auseinander wohnten. Das Adressenbuch lag zusammen mit den Einladungskarten auf dem Tisch und nun wurde heftig diskutiert, ob auch die Tante aus Buxtehude eingeladen werden sollte.
„Warum denn nicht!“, meinten die einen und die anderen riefen wie im Chor: „Nein, die auf keinen Fall!“.

Es war nie so recht einfach mit dieser Verwandtentante, ihr Benehmen war sehr sonderbar, aber sie hatten sich alle daran gewöhnt und genossen sie so wie sie war. Doch dieses Mal sollten einige Nachbarn aus dem Haus eingeladen werden, und die Bedenken wegen dieser Tante standen im Raum, da ihr Auftreten peinlich werden könnte. Besonders bei Fremden strengte sie sich an, ihre Persönlichkeit zur Schau zu stellen, um im Mittelpunkt des Geschehens stehen zu können. Ein leises Seufzen durchdrang den Raum und das aufgeregte Denken war fast hörbar. Während sie angestrengt miteinander diskutierten, klingelte plötzlich das Telefon und die Tante aus Buxtehude war am anderen Ende. Sie wollte sich einfach nur mal melden, da sie ja wüßte, daß die Familienfeier bald wieder stattfinden würde.
„Ach, du bist es Edeltrude. Wir schreiben gerade Einladungskarten und da kann ich dich gleich mal fragen, ob du wegen deiner immer wiederkehrenden Migräne überhaupt kommen kannst?“, fragte ein männlicher Verwandter in den Hörer.
„Natürlich kann ich kommen!“, schallte es für alle im Raum hörbar zurück und ein Raunen war zu vernehmen, daß die Tante zum Glück nicht hören konnte.
Nach Beendigung dieses längeren Gespräches wurde beschlossen, der Edeltrude auch eine Einladung zu schicken, denn sie könnte nicht ausgeschlossen werden. Die jüngeren der Familie schienen sich schon jetzt sehr zu amüsieren, denn für sie war es lustig, wenn die Tante zu Besuch kam. Die konnte stundenlang Geschichten erzählen, die allen reichlich bekannt waren und jedesmal mit Fantastereien verlängert wurden. Um sich vom unaufhörlichen Redeschwall erholen zu können, verließen die schmunzelnden kichernden Hörer abwechselnd den Raum, um sich geistig zu erholen.

Der Tag des Treffens rückte immer näher und die Bedenken, wegen dem extremen Erscheinungsbild der Tante, nahmen zu. Doch dann war es soweit und die Familienrunde war fast komplett, ebenso die geladenen Nachbarn bis auf die Tante Edeltrude, die auf sich warten ließ. Auf einem riesengroßen langen Tisch standen reichlich Kuchen und Plätzchen, Kaffee und Tee durfte sich jeder selber einschenken und auch von den vielen mitgebrachten Köstlichkeiten nehmen. Wie immer, standen die Rumkugeln, von der Hausfrau nach einem geheimen Familienrezept gemacht, auf einem kleinen Tisch in der Nähe der Tür. Sie waren etwas Besonderes und befanden sich in einer alten bemalten Blechdose, die jeder kannte, aber erst vor dem Ende des Treffens als Abschiedsgruß herumgereicht wurde. So war es seit vielen Jahren Tradition, denn nach Schnäpschen und Likörchen bewirkten die Rumkugeln einen guten erinnerungsreichen Abschluß.

Es klopfte und klingelte plötzlich stürmisch an der Tür und eine freudige aufgedonnerte, buntgekleidete Tante stand in der Tür. Der knallgelbe mit Früchten belegte Strohhut füllte den ganzen Türrahmen und wie immer ertönte eine Frauenstimme durch das Zimmer.
Mit gestikulierenden Armen sagte sie folgende Worte:
„Seid gegrüßt ihr lieben Verwandten, und wer mich noch nicht kennen sollte, der soll es nun erfahren. Ich bin die schrille Tante Edeltrude aus Buxtehude!“.

Ja, das war nicht zu übersehen und das Gelächter war dementsprechend. Sie trat näher und umarmte einen jeden theatralisch und stürmisch, besonders die männlichen Verwandten alt und jung. Der Jüngste aber von ihnen, der das Geküsse und Gedrücke nicht besonders mochte, versteckte sich wie jedesmal unterm Tisch und kam erst wieder hervor, wenn die Zeremonien vorbei waren.
„Na, Kleiner, bist wohl wieder kräftig gewachsen, oder?“, bemerkte die Tante, hob die Tischdecke empor und versuchte ihn zu streichelten.

Die Unterhaltungen wurden zunehmend lauter und die Bäckchen der geselligen Schar immer rosiger. Aus einem alten Plattenspieler erklangen Melodien vergangener Zeiten. Schon bei den ersten Tönen von Bill Haley sprang die schrille Tante vom Stuhl und rockte rasend um Tisch und Stühle. Die Begeisterung war riesengroß, auch bei den staunenden sich amüsierenden Nachbarn, bis die Tante auf das Sofa plumpste und die Beine in die Höhe streckte, um ihrem Übermut Ausdruck zu verleihen. Die Likörchen zeigten Wirkung was die Stimmung nun schlagartig veränderte, denn die Gesichter der Nachbarsleute veränderten sich entsprechend. Wortlos sahen sie sich an, und jeder wußte was der andere dachte.

Ab jetzt stand die Peinlichkeit im Raum, weil doch vom Verhalten dieser Person der weitere Verlauf des Abends abhing. Innerhalb der Familie wäre es nicht so schlimm, aber was würden nun die Nachbarn sagen, die versteift auf den Stühlen saßen und nicht wußten, wie sie sich verhalten sollten. Die Tante Edeltrude, dessen wuchtiger Hut sich durch die sportlichen Vorführungen total verschoben hatte, erhob sich schwankend und steuerte auf den kleinen Tisch zu. Schwungvoll nahm sie vor ihrem Publikum die Schachtel mit den Rumkugeln an sich, öffnete sie ganz langsam und rief in die Runde:
„Die gehören mir heute ganz alleine, denn nach Rumkugeln kann ich besser schlafen!“.
„Tantchen, das kannst du nicht machen, wir wollen uns doch wie immer gemeinsam damit verabschieden!“, rief besorgt ein älterer Cousin.
„Nein, nein, die gehören heute mir und damit basta!“, lallte sie scherzend zurück.

Alle Blicke waren auf diese Person gerichtet und keiner traute sich etwas zu unternehmen. Aus Erfahrung wußte jedes Familienmitglied, daß ein Eingreifen ohne Erfolg bleiben würde. Nun kam die Krönung des Tages. Sie fing an, ihre alten Geschichten zum Besten zu geben, denn sie hatte Zuhörer, denen die noch unbekannt waren. Keiner wagte es sie auf den Stuhl zu drücken, damit sie ein wenig Ruhe gab. Verkrampft aber fest hielt sie die Rumkugeldose in ihren Händen, aß eine nach der anderen, sprach mit vollem Mund, verdrehte dabei die von Schminke verschmierten Augen und spitze hin und wieder ihren rotbemalten Mund zu dem unbekannten Nachbarn, mit den dunklen Locken, hin. Dann kam der besonders peinliche Moment, als sie der ahnungslosen Nachbarsfrau eine Rumkugel auf das rechte Auge drückte, die schreiend aufsprang und die Wohnung, im Gefolge der anderen verschreckten Nachbarn, verließ.
„Lauft nur, lauft nur! Ich bin und bleibe die schrille Tante Edeltrude aus Buxtehude und daran kann niemand etwas ändern!“, rief sie ihnen aus der Wohnungstür in den dunklen Treppenflur hinterher.

Das war nun der Familie doch zuviel und sie beschlossen, diese schrille Tante nie mehr einzuladen. Aber man staune, jedes Jahr stand sie unangemeldet wieder vor der Tür und bat um Einlaß. Keiner konnte ihrem aufdringlichen Charme widerstehen. Nur an den Rumkugeln konnte sie sich nicht mehr vergreifen, denn sie wurden jedem Einzelnen schön verpackt mit auf den Heimweg gegeben. Die Edeltrude hielt ihr zugeteiltes, kleines Rumkugelpäckchen ehrwürdig in den Händen und genoß, mit Tränen in den Augen, ihre weitere Familienzugehörigkeit.

© Heidrun Gemähling
 


 

 

Opa Willis neue Haarpracht.

 

(2004)

Das Leben in der Straße schien seit fünfzig Jahren stehengeblieben zu sein, und jeder kannte jeden. In diesem Stadtviertel gab es nur einen einzigen Frisörsalon. Gegenüber in einem dreistöckigen Haus wohnte die Familie Lohmann, zu der die Eltern, der Opa Willi und die Enkelin Marie gehörten. Ihre Wohnung befand sich im Erdgeschoß und bei schönem Wetter waren die Fenster zur Straße weit geöffnet, damit Opa Willi das Treiben auf der Straße genau verfolgen konnte.

Oft und gerne platzierte er sein grellbuntes Sofakissen für seine Ellenbogen auf die Fensterbank, um möglichst lange mit den Anwohnern plaudern zu können. Außerdem war er sehr darauf bedacht zu erfahren, wer den Frisörsalon besucht und mit welchem Aussehen er ihn wieder verläßt.
Seit Jahren war er schon Rentner und jedem, der es hören wollte und sollte, erzählte er gerne vom Rock ‘n‘ Roll aus seiner Jugend und ließ natürlich Bill Haleys Schmalzlocke nicht aus. Willi hatte seit langer Zeit schon keine Haare mehr und die Sehnsucht nach seiner einstigen Haarpracht wurde immer stärker. Marie hörte sich gerne all die vielen Geschichten an, die aus Wahrheiten und Phantasien bestanden. Er berichtete ihr vom genauen Aussehen einer Schmalzlocke und wie er seine eigene sorgsam pflegte, um den Mädchen zu gefallen. Schon oft hörte Marie diese Geschichte und plötzlich hatte sie eine Idee.

Eines Tages spazierte sie über die Straße zum Frisörsalon und blieb, mit dem Blick zum Fenster, dort stehen. Weil ihre Neugierde ständig wuchs, drückte sie ihre Nase dichter an die Scheibe, um zu sehen, was drinnen vor sich ging. Sie sah Frauen unter Hauben sitzen und Männer, die rasiert oder denen die Haare geschnitten wurden. In dem Moment, als Marie mal wieder zur Straße blickte, ging eine junge Frau mit langen dunklen Haaren an ihr vorbei, hielt vor der Tür kurz inne und drückte verhalten auf die Klinke. Wieder hielt Marie ihr Gesicht dicht an die Fensterscheibe und sah, wie die junge Frau mit der Chefin sprach und andeutete, daß sie die Haare abgeschnitten haben möchte. Das war nun Maries Chance und sie wartete weiter geduldig vor der Tür. Zum Glück konnte Opa Willi sie nicht sehen, denn er hielt seinen üblichen Mittagsschlaf.

Dann war es soweit und die abgeschnittenen Haare der jungen Frau lagen am Boden. Fast ängstlich musterte sie sich im Spiegel und ihr Blick fiel sofort nach unten neben ihren Stuhl.
„Da liegt nun die Pracht!“, seufzte sie leise und begutachtete sich erneut im Spiegel.
Die Chefin hatte für diese Situation Verständnis und erwiderte:
„Dafür sehen Sie jetzt aber noch viel jünger aus!“.
Sie griff nach einem kleinen Handspiegel und so konnte die junge Frau sich von allen Seiten bewundern. Beim Verlassen des Frisörsalons machte sie einen recht zufriedenen Eindruck. Sogleich ging Marie durch die noch offene Tür zur Chefin, die im Begriff war, die am Boden liegenden Haare zusammenzufegen, und fragte ganz aufgeregt:
„Kann ich die haben?“, beugte sich hinunter und nahm einen großen Büschel in ihre kleine Hand. „Was willst Du denn mit den Haaren?“, fragte die Chefin skeptisch.
„Es soll eine Überraschung werden! Vielleicht für die ganze Straße!“, entgegnete Marie mit fester Stimme.
„Na, dann nimm sie alle mit!“, sagte sie verwundert lächelnd.

Nun brauchte Marie noch Stoff aus der Flickenkiste, die neben Mutters Nähmaschine stand, und eine Tube Uhu. Jeden Tag, wenn Opa Willi seinen Mittagsschlaf hielt, bastelte sie an den Haaren nach dem Muster von Bill Haley. Dicht an dicht klebte sie die Haarbüschel auf den beschnittenen Stoff, dessen Maße sie sich während eines Mittagsschläfchen vom Opa besorgt hatte. Geduldig klebte Marie noch als letztes die berühmte Schmalzlocke an die Stirnseite.

So ging ihr Plan dem Ende entgegen und der Überraschungsmoment sollte folgen. Opa Willi saß wie immer, schlummernd und schnarchend in seinem alten Ohrensessel. Behutsam setzte Marie das haarige Kunstwerk auf seinen kahlen Kopf und zupfte die Schmalzlocke vorsichtig auf der Stirn zurecht. Mit einem Spiegel vor seinem Gesicht wartete sie still auf den spannenden Augenblick seines Erwachens. Dann war es soweit und Opas Augen öffneten sich langsam und starrten erschrocken in den Spiegel, den Marie ihm freudestrahlend entgegen hielt.
„Was ist denn das, Marie!“, rief er laut lachend und drehte den Spiegel zur Seite.
„Du bist jetzt ein Bill Haley!“, entgegnete sie und fiel ihm um den Hals.

Mit einem Satz war er am Plattenschrank und legte eine alte Platte auf. Marie stand wie angewurzelt da und sah nun einen wild tanzenden Opa Willi vor sich, der kaum zu bändigen war. Ganz außer Puste öffnete er das Fenster und Rock ‘n‘ Roll Musik schallte durch die Straße, was nicht unbeachtet blieb. Mutter Lohmann kam gerade vom Einkauf um die Ecke und traute ihren Augen nicht, als sie die Menschenmenge vor ihrem Fenster sah. Doch bald entdeckte auch sie des Rätsels Lösung und bog sich vor Lachen beim Anblick von Opas neuer Haarpracht.
„Aber Opa, was macht Du für Sachen! Was hast Du da bloß auf dem Kopf?“, rief Frau Lohman und verschwand eilig mit ihren Taschen im Haus.

Immer wieder legte er die gleiche Platte auf und die Zuschauer feuerten den rockenden Alten durch rhythmisches Klatschen an oder tanzten auf der Straße mit. Dieses Spektakel blieb den Kunden im Frisörgeschaft nicht verborgen und sie rannten neugierig samt Umhang und Lockenwicklern vor die Tür. Die Chefin stellte sich dazu und sagte in die Runde:
„Die kleine Marie hat uns alle wirklich überrascht, so, wie sie es mir gesagt hatte!“.

Seit diesem Tag standen jeden Nachmittag viele vor dem Fenster und wollten Opa Willis neue Haarpracht sehen und natürlich seine Rockmusik hören. Das Schmunzeln setzte schlagartig ein, sobald die Musik ertönte und der nachgemachte Bill Haley seine Runden rockte. Stolz zeigte er jedesmal auf seine kleine Marie und dann auf seine Haare, die ihn zurück in seine Jugendzeit versetzten.

© Heidrun Gemähling
 


 

Das Geheimnis der Kopftragekunst in Afrika.

 

(2004)
veröffentlicht

In meinen frühen Mädchenjahren war mir der aufklappbare dreiteilige Spiegel unserer Frisierkommode ein wichtiger alltäglicher Bestandteil, denn so konnte ich meine äußerlichen Ecken und Kanten von allen Seiten genauestens betrachten und notfalls korrigieren. Die Entwicklungsjahre eines Mädchens gestalten sich nicht immer sehr selbstbewusst, mit der Folge, dass sich der Oberkörper in eine leichte Beugung nach vorne neigt und den Rücken krumm werden lässt. Die werdende Fraulichkeit wird so nicht gleich für alle sichtbar. Eine aufrechte, stramme Rückenhaltung versinnbildlichte damals eine preußische Gesinnung. Als ich mich wieder einmal ausgiebig vor dem besagten Spiegel verrenkte und kritisch beäugte, kam mir plötzlich die Idee, es wie die Afrikaner mit einer Kopflast zu versuchen, um mich gerade und graziös bewegen zu lernen.

Mein innigster Wunsch war nämlich, Tänzerin zu werden, auch wenn der Orthopäde bereits Spreiz-und Senkfuß diagnostiziert hatte, was mich aber von meinem Ziel nicht sonderlich abschreckte. Deswegen fragte ich am nächsten Tag meine Spielkameraden: „Was tragen die Leute bei uns normalerweise auf dem Kopf?“ Die meisten antworteten: „Einen Hut!“ Da ich schon einige Berichte und Bilder vom afrikanischen Leben bei unserem alten Nachbarn, der früher als reisender Missionar in Afrika gelebt hatte, gelesen und gesehen hatte, sagte ich sehr wissend: „Ja, hier bei uns, aber in Afrika tragen die Menschen Eimer mit Wasser, Brennholz, Körbe mit Gemüse und oft noch größere Sachen auf dem Kopf!“

Die Größeren aus der Runde besorgten sich ganz begeistert alle möglichen und unmöglichen Utensilien, um das einmal auszuprobieren. Gerade auf den Kopf gestellt, fielen die Sachen auch schon wieder runter. Das Gelächter und Gepolter war riesengroß. Dann versuchten wir es mit Büchern, und einer ging nebenher, um die fallenden Bücher aufzufangen. Langsam, verkrampft und behutsam setzten wir einen Schritt vor den anderen, um die Last im Gleichgewicht zu halten. Der liebenswürdige Missionar aus der Nachbarschaft beobachtete hinter seinem Gartenzaun unsere vom Misserfolg gekrönten Versuche. Er winkte die ganze Kinderbande zu sich in seine alte Laube, die von roten Rosen umsäumt war, die einen feinen Duft verströmten.

Mit fester Stimme verkündete er uns, dass er uns das Geheimnis der afrikanischen Kopftragekunst verraten wolle und fing folgendermaßen an zu erzählen: „Bereits die Kinder in dem wunderschönen Afrika müssen üben, üben und immer wieder üben. Da die Köpfe rund und oben nicht flach sind, nimmt man eine Kata zu Hilfe. Das ist ein Tuch oder ein Palmenblatt, das gefaltet und zu einem Ring geformt wird. Es dient als Polster zwischen der Last und dem Kopf, denn Holz und andere harten Gegenstände können so besser balanciert und getragen werden. Für weiche Lasten wie einen Sack Mehl braucht man kein kata, da sich der Sack ja an die Kopfform anpasst. Wichtig dabei ist es, die Dinge genau in der Mitte auf dem Kopf zu tragen, niemals den Kopf schief halten, sonst bekommt man starke Nackenschmerzen. Bereits die kleinsten Kinder, sobald sie laufen können, fangen mit den Trageübungen an. Ich sah einmal zu, wie ein kleiner Junge einen Krug mit Wasser bekam, ihn sich auf den Kopf setzte und mit beiden Händen festhielt, um das rutschen zu verhindern. Natürlich ging ein Teil des Wassers daneben, schwappte über und machte die ganze Kleidung nass. Die Anstrengung, den Kopf trotzdem gerade zu halten, bewirkt so eine gerade Haltung. Übung macht den Meister, und als der kleine Junge fünf Jahre alt war, verschüttete er kein Wasser mehr. Experten balancieren ihre Last fast automatisch.

Ihr könnt euch das so vorstellen, wenn ihr einen Stock auf dem Finger oder der Nase balancieren wollt, müsst ihr die Position des Fingers oder der Nase den Bewegungen des Stockes anpassen. Ein kräftigerer Stock lässt sich auch besser balancieren als ein leichter, das wisst ihr sicherlich aus eigener Erfahrung. So ist es auch mit leichter und schwerer Last auf dem Kopf.

Da die Menschen in Afrika nicht so die Transportmöglichkeiten haben wie wir hier bei uns, müssen sie lange beschwerliche Wege zu Fuß gehen und können ihre Geschicklichkeit so unter Beweis stellen. Es gehört zum Alltagsleben eines jeden Afrikaners. Als ich damals dort auf dem Kontinent missionierte und lange Strecken zurücklegen musste, hängte ich mir eine Tasche über die Schulter, eine andere nahm ich in die Hand und die schwerste stellte ich mir auf den Kopf. Natürlich musste ich das alles auch erst lernen. Lasten auf dem Kopf zu tragen ist sehr bequem, und man hat außerdem noch die Hände frei und hat gleichzeitig einen Sonnenschutz, den man in den heißen Sonnenländern benötigt. Ein besonderer Vorteil ist es, dass man einen graziösen Gang, Balancefähigkeit und starke Nacken-und Rückenmuskeln bekommt, die einem vor belastenden Rückenschmerzen bewahren. So, jetzt kennt ihr die Tricks und das Geheimnis der afrikanischen Kopftragekunst.“

Wenn es sich ergab, lauschten wir den vielen spannenden Geschichten des Missionars, der sein halbes Leben in afrikanischen Ländern verbracht hatte, um den Menschen dort die Verheißungen der Bibel, Gottes Wort, zu vermitteln. Mit großen Augen und Ohren lauschten wir den Geschichten von wilden Tieren, von weiten heißen Wüsten, von farbenprächtigen Sonnenuntergängen, von kalten Nächten und heißen Tagen, von den vielen Strapazen bei seinen Märschen zu den Menschen, von der besonderen Gastfreundschaft überall. Am meisten beeindruckten ihn die wunderbaren, gefühlvollen und melodischen afrikanischen Gesänge, die sein Herz so sehr berührten, dass ihm beim Erzählen die Tränen über die Wangen liefen. Ich erkannte, dass die afrikanische Kultur, was die gerade Haltung betrifft, entgegen der militärisch strammen preußischen Haltung sehr graziös, natürlich und locker ist.

Dieser Mann hatte mir Werte und eine Lebensrichtung vermittelt, die sich tief in mir einprägte und mich offen werden ließ gegenüber fremden Kulturen, anderen Rassen und deren Leben. Noch heute denke ich gerne an seine ausführlichen Beschreibungen dieses fernen Landes, die er immer wieder zum Besten gab. Die Wunder dieses facettenreichen Landes waren bis ins hohe Alter in seinem Herzen verankert.

Wenn ich den heutigen zum Teil leidvollen Zustand dieses schönen Kontinents betrachte, dann kommen mir seine Berichte in den Sinn, die er auch den Einwohnern erzählt hatte. Er sprach von einer neuen Welt, um die Christen im „Vaterunser“ weltweit beten, in der es keinen Hass, keine Kriege, keine Krankheiten, keine korrupten Regierungen, keine Mörder, Betrüger und Diebe, keine Vergewaltigungen, keine Kindersoldaten, keine Plünderungen vom letzten wenigen Hab und Gut mehr geben wird.

© Heidrun Gemähling
 

 

Ein Sprichwort wurde zum Wegweiser.

 

(2004)
veröffentlicht

Ich wuchs in einem kleinen Dorf in Niedersachsen auf. Meine Eltern bewirtschafteten dort eine Ausflugsgaststätte mit Fleischerei.

Besonders am Wochenende kamen Busse voll Ausflüglern, die etwas essen oder sich mit Eis und Getränken erfrischen wollten. Dann war auch meine Hilfe als Kind gefragt, denn bei solch einem Menschenandrang wurde jede Hand gebraucht. Bei älteren Busreisenden wurde ich zur Kuchenverkäuferin, und wenn nach dem Ansturm noch Stücke vom selbstgemachten Kuchen oder der Torte übrig blieben, setzte ich mich gemütlich in eine Ecke, um genüsslich eins oder zwei davon zu verdrücken. Wenn aber Busse mit Schulklassen eintrafen, wurde ich zur Eisverkäuferin und anschließend zur „Papieraufpickerin“, wegen all dem herumliegenden Bonbon- und Eispapier. Die deutlich sichtbaren Reklame-Abfallbehälter schien anscheinend keiner zu bemerken. Diese Säuberungsaktionen mußte ich, ob ich wollte oder nicht, gewissenhaft erledigen. Mein langes Gesicht änderte nie etwas an der Sache. Außerdem sah es auch niemand, weil ich mich wieder und wieder bücken mußte.

Eines Tages, als ich wieder am picken war, schaute mir ein Lehrer von weitem aufmerksam zu. Dann rief und winkte er einige seiner Schüler zu sich, und ich hörte wie er sagte: “Helft mal dem Mädchen! Es ist schließlich euer Eispapier!“.

Das fand ich gut. „Endlich mal einer, der was sieht“, dachte ich mir im Stillen und verdeutlichte es mit einem Blick in Richtung der Schüler. Einige bückten sich gehorsam und sammelten das Papier mit der Hand auf, doch andere fragten nach so einem „Picker“, wie ich ihn in der Hand hielt.

Ich lief wie ein Wiesel in den Keller und fand noch zwei von den begehrten Pickern, die im wirklichen Gebrauch Eispickel waren. Bei Bedarf wurden damit die langen, in einer Kühltruhe im Keller gelagerten Eisstangen zur Kühlung von Bierfässern und Flaschengetränken zerkleinert.

Oben wieder schnaufend angekommen wurden mir die begehrten Picker förmlich aus der Hand gerissen und die „Aufsammler“, ich inbegriffen, fanden es plötzlich als Ehre, dieses zu tun. Ruckzuck war alles wieder sauber.

Zur Abfahrt stellte sich wie immer das ganze Personal zum Winken und Verabschieden vor die Tür, was bei mir oft Gänsehaut und kleine kindliche Tränen auslöste. Der mir in kurzer Zeit ans Herz gewachsene Lehrer stand einweisend vor dem Bus und so ging ich hin, um mich für die Hilfe zu bedanken. „Ach, Mädchen ist schon gut! Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr!“, sagte er in ruhiger liebevoller Art.

Erst im Lauf der Zeit begriff ich den Sinn dieses Sprichwortes. Er wurde zum Wegweiser für mein weiteres Leben.

© Heidrun Gemähling

 

Land meiner Sehnsucht.

 

(2004)
veröffentlicht

In stillen Stunden meines Lebens habe ich intensiv darüber nachgedacht, warum die Welt so ist wie sie ist und nicht anders. Die Geschichte und die unterschiedlichsten Zeitepochen hat uns Menschen gezeigt, daß unsere ererbten Unvollkommenheiten sich in allen möglichen Facetten und in gravierenden, mehrheitlich negativen Ausmaßen entfaltet haben, die kaum noch zu begreifen sind. Daher stellt sich die Frage, ob unserer irdisches Dasein tatsächlich nur etwas Vorübergehendes sein sollte, oder nur ein Zwischenspiel in einen andersartigen Daseinsbereich? Oder kann man unter den vorhandenen Zuständen wahre Erfüllung und Frieden für sich und andere finden? Besonders unsere Gegenwart läßt Ängste und Zukunftssorgen gedeihen, die kaum von lebenden menschlichen Wesen befriedigend zu beseitigen sind, da mangelnde Lebensqualität und die Werte für ein gutes Miteinander fast nicht mehr auszumachen sind.

Im Dezember 2001 unterzeichneten etwa 110 Nobelpreisträger eine gemeinsame Erklärung mit auszugsweisem Wortlaut: "Die einzige Hoffnung für die Zukunft liegt in den vereinten internationalen Anstrengungen, die demokratisch legimitiert sind......Um in der von uns veränderten Welt überleben zu können, müssen wir eine neue Denkweise lernen." Aber welche "neue Denkweise" brauchen wir Menschen? Können wir in realistischer Weise darauf hoffen, daß diejenigen, die den Weltfrieden mit Atomwaffen und anderen lebensbedrohlichen Kriegsutensilien bedrohen, umdenken werden?

Viele tragen sehnsuchtsvoll den Wunsch in ihrem Herzen, daß sich eines Tages unsere von Menschen zerstörte Erde wieder in ein Paradies verwandeln möge, damit die nachwachsenden Generationen nicht den vorprogrammierten Katastrophen und all den daraus entspringenden Nöten ausgesetzt sein müssen. Andere sind wiederum der Auffassung, daß die Erde sowieso nicht ewig bestehen könne, weil durch die stark ansteigende Überbevölkerung, die verheerenden Seuchen und Krankheiten, die fürchterlichen zerstörerischen Kriege, die facettenreiche Gier nach Macht und Ansehen, die ausschweifenden Vergnügungssüchte mit Exzessen aller Arten und die zunehmenden Umweltverschmutzungen das Leben zusehends beschweren. Außerdem waren zu allen Zeiten zahllose Menschen davon überzeugt, eines Tages die Erde zu verlassen und in den Himmel zu kommen. Diese Auffassung konnte ich nie so teilen, denn wir Menschen sind vom Schöpfer ursprünglich für ein ewiges Leben auf der Erde geschaffen und auch entsprechend konstruiert worden. Leider brachte uns das erste Menschenpaar durch ihren Ungehorsam gegenüber Gott aus der vorgesehenen Bahn und lenkte die gesamte Menschheit in die Unvollkommenheit. Bedenkt man die Komplexität unseres Körpers mit all den vielen zweckmäßigen Funktionen und der noch unerforschten ungenutzten Kapazität unseres Gehirns, da könnten sich Gedanken bilden, die die Sicht auf ein irdisches ewiges Leben frei machen. Nie habe ich mich von diesen Wunschvorstellungen lösen können.

Eines Nachts wachte ich auf, oder meinte es, als beglückende Gedanken und Bilder sich vor meinen Augen entfalteten, die mich in eine Welt versetzten, nach der ich mich sehnte und nach der ich schon lange suchte.

Freudestrahlende Menschen aller Hautfarben und Rassen kamen mir entgegen, die mich winkend begrüßten und nach meinem Namen fragten. "Wieso wollen die meinen Namen wissen?", dachte ich im Stillen und drehte mein Gesicht in die entgegengesetzte Richtung, aus der ich kam, die mir nun aber sehr düster und bedrohlich erschien, im Gegensatz zu der hellstrahlenden fremden Welt. Meine Gefühle fingen still an zu tanzen, berauschten sich am Augenblick des Seins in nie erlebter Weise. Ich nannte ihnen leise meinen Namen.

„Wo bin ich?“ rief ich laut in die Menschenschar. „Du bist im Land deiner Sehnsüchte!“ Ja, so stellte ich mir des öfteren mein „Paradies“ vor. Blauer Himmel mit sanft dahintreibenden Wolken rundeten diesen Moment des unfaßbaren Glücks ab, den ich kaum ertragen konnte. Ich setzte mich zwischen all die vielen bunten Blumen, in dem Bemühen, keine zu zertreten, aber ohne Erfolg, denn die üppige Vegetation ließ keinen freien Platz für meine Füße. Während ich mir meiner Situation immer bewußter wurde und mein Geist sich zu erweitern schien, überwältigte mich eine enorme Begierde und Begeisterung, diese beeindruckende andere Welt weiter kennenzulernen. Plötzlich standen verstorbene Verwandte vor mir und ich wurde gedrückt, geknuddelt und geherzt. Sie waren schön von Gestalt und auch jünger, als ich sie in Erinnerung hatte, keine Falten, keine Brillen zierten ihre Nasen, keine Gehstöcke unterstützten ihre Gebrechlichkeit. Nichts von all den mir bekannten Hilfsmitteln, die sie zu ihren Lebzeiten benutzt hatten. Ich entdeckte meinen alten griesgrämigen und als Kinderschreck verschrienen Onkel, der in alle Richtungen ständig nur Boshaftigkeit versprühte. Aber jetzt war er die Liebenswürdigkeit in Person und kaum noch wiederzuerkennen. Hier sollte ich nun für immer leben. Man berichtete mir, daß es keine Krankheiten, keine Schmerzen, kein Älterwerden mehr geben würde und der Tod keine Macht mehr über die Lebenden hätte.

"Tag und Nacht gibt es auch hier!“, sagte ich laut vor mich hin und erblickte in diesem Moment den guten alten Mond, einen alten Bekannten aus der vergangenen Welt, der mich wie immer ganz allein anzulächeln schien. Die unterschiedlichsten Getreideprodukte aus den verschiedenen auch hier existierenden Kulturen füllten die Tische und wurden stets mit nie faulenden Früchten und Obst dekoriert. Kein Tier wurde geschlachtet und gegessen.

Was mich noch sehr beeindruckte, waren die vielen Tiere, die neugierig auf mich zukamen. Es waren sehr viele dabei, denen ich weder am Tage noch bei Nacht hätte begegnen wollen. Sie galten stets als äußerst gefährlich und man wurde sein Leben lang davor gewarnt. Hier aber streichelte ich eins nach dem anderen und erlitt keinen Schaden. Ja, es herrschte Frieden zwischen Mensch und Tier. Es war kaum zu fassen, aber in dieser Welt war das Leben so, wie ich es mir im Herzen schon immer gewünscht hatte.

Mir war auch aufgefallen, daß die unterschiedlichsten Menschenrassen zusammenlebten und sich alle in einer mir unbekannten Sprache verständigten. Sogar ich sprach so und konnte sie verstehen. Nirgends entdeckte ich trennende Grenzen, sondern die ganze Erde war ein Land für alle Bewohner.

Auf meiner Reise suchte ich nach vielen Dingen, die ich aus meinem vorherigen Leben kannte, aber ich suchte vergebens. Es fiel mir sofort auf, daß die verschandelnden Hochspannungsleitungen fehlten. Nachrichten wurden bildlich und hörbar über eine Wand im Innenraum der fantasievollen Häuser verbreitet. Architektonische verwirklichte Ideen sah man überall. Gestaltungstalente entwickelten gemäß ihren Vorstellungen Neues, Außergewöhnliches aber Zweckmäßiges für den alltäglichen Gebrauch oder um der Kunst weitere Objekte hinzuzufügen. Die Muse in ihrer Vielfalt blühte zusehends auf, denn ein Großteil der verstorbenen berühmten Dichter und Denken waren bereits „auferstanden“ und konnten mit ihrem erweiterten neuen Geist ihr Wirken fortsetzen. Täglich zur selben Zeit wurden durch göttlichen Geist wiederhergestellte Neuankömmlinge bekannt gemacht, die aus dem toten verwesten Zustand der Gräber neu erwachten und den Verwandtschaftslinien zugeordnet werden mußten. Dafür eingesetzte „Fürsten“ überwachten diese und andere anfallenden und nötigen Geschäftigkeiten, aber dennoch waren alle Bewohner in gleicher Stellung, frei in ihren persönlichen Entscheidungen und Anwendung ihrer Fähigkeiten. Was mich besonders beeindruckte war, daß es nur noch eine Religion gab und das Wetter von einer unsichtbaren Macht im Gleichgewicht gehalten wurde.

Plötzlich wurde ich fürchterlich durchgeschüttelt und sah meinen Mann aufgeregt vor mir stehen. „Der Wecker klingelt schon zum wiederholten Male und Du kommst einfach nicht aus den Federn!“ Völlig benommen und erschrocken begann ich diesen Tag und das wunderbare Erlebte ging mir bis zum heutigen Tag nicht mehr aus dem Sinn. Vielleicht kann es eines Tages zur Zukunftslösung werden, wenn die Menschheit mit ihrem Latein am Ende ist, und nur noch durch Gottes Verheißungen, die in der Bibel festgehalten sind, der Ursprungszustand der Menschheit wieder hergestellt werden kann. An ein weltweites positives Umdenken der jetzigen Menschheit glaube ich nicht.

© Heidrun Gemähling

 

 
 
 
Ein Tag ohne ein Lächeln ist ein verlorener Tag

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